Es ist kurz vor 16.30 Uhr. Vor der Filiale der deutschen Bekleidungskette «Adler» in direkter Nähe zum Supermarkt «Cora» sind alle Parkplätze belegt. Ein erster Hinweis auf den hohen Besuch aus Deutschland? Drinnen geht es erstaunlich ruhig zu, kein Massenandrang, eher ein gemütlicher Plausch mit einer «Kippchen» und Sushi.
Ein Teil der Kundschaft, meist über 55, genießt das gastronomische Angebot, der andere wartet geduldig in einer Reihe auf Autogramm und Foto, während andere Damen die erste Kollektion von Birgit Schrowange unter die Lupe nehmen. Denn die «Extra»-Moderatorin (Reportage-Magazin am späten Montagabend auf RTL Deutschland, Anm. d. Red.), die seit Längerem Markenbotschafterin von «Adler» ist, hat nun in Zusammenarbeit mit einer Designerin ihre erste Kollektion für das Modehaus herausgebracht.
Foetz ist der letzte Tagesordnungspunkt der Werbetour in Luxemburg. Mit ihrem fachmännischen Blick erkennt Schrowange die Kollegin von der Presse. Noch schnell ein paar Erinnerungsbilder für die Kundinnen, ein letzter netter Wortwechsel, zwei Stühle hinter dem «Podest» umgestellt, da «Bitte, nicht auf dem Präsentierteller» und das Interview kann beginnen.
Tageblatt: Generationen von Fernsehzuschauern sind mit Ihnen als Moderatorin zahlreicher Formate aufgewachsen. Vor einigen Jahren wechselten Sie von der Tages- zur Wochensendung. Fehlt Ihnen die Präsenz auf dem TV-Bildschirm?
Birgit Schrowange: Ich habe meine regelmäßige Sendung (das Reportage-Magazin «Extra», Anm. d. Red.) jede Woche. Es gibt Leute, die haben vielleicht mal eine Staffel, sind drei Monate zu sehen und dann wieder weg vom Bildschirm. Durch das Magazin, das ich moderierte, hatte ich eigentlich immer eine regelmäßige TV-Präsenz. Außerdem werde ich oft als Gast in verschiedene (Talk-)Shows eingeladen.
In der Tat habe ich nicht mehr so viele Sendungen wie früher – es waren drei an der Zahl. Aber man wird auch nicht mehr jünger. Dann das ganze Reisen, das damit zusammenhängt, sollte man auch nicht außer Acht lassen. Und es macht mir sehr viel Spaß, auch mal andere Wege zu gehen. Jetzt habe ich meine eigene Zeitschrift Birgit – Lust auf mehr (laut Herausgeber Burda-Media ein «Personality-Magazin für Frauen ab 50», Anm. d. Red.), in die ich mich sehr einbringe: eigene Reportagen, Interviews, tolle Mode- und Fotogeschichten.
Das hat für mich etwas Neues. Fernsehen macht nach wie vor Riesenspaß, aber eine Zeitschrift ist so viel nachhaltiger. Man nimmt sie immer wieder in die Hand, blättert darin, liest nach. Fernsehen ist anders: Wenn ich montags meine Sendung «Extra» beendet habe, ist sie für mich völlig aus dem Kopf raus. Fernsehen «versendet sich».
Ein Tausendsassa im Job zu sein, lässt sich nur durchhalten, wenn es einem Spaß macht.
Mir macht alles Spaß, was ich mache. Ich bin an einem Punkt in meinem Leben und auch mit meinem Alter, an dem ich sagen kann: Die Pflicht ist getan, jetzt kommt die Kür. Rund 75 Prozent der Angebote für Fernsehsendungen und Moderationsjobs sage ich ab.
Als Frau und Journalistin haben Sie einen Vorbildcharakter und verfügen über einen großen Erfahrungsschatz. Was raten sie jungen Frauen und Kolleginnen, die mitten im Leben und im Beruf stehen?
An erster Stelle: sich niemals von einem Mann abhängig zu machen. Niemals. Immer zusehen, dass man sein eigenes Geld verdient, denn ehe man sich umsieht, ist man 60 und Armut ist weiblich.
Sich beruflich möglichst breit aufstellen, auch als Journalistin. Ich glaube, dass die Zeiten nicht besser werden. Als ich in diesem Beruf anfing, war der Kuchen noch größer und es stand noch mehr Geld zur Verfügung. Jetzt wird er, auch durch das Internet, neu, in kleinere Stücke aufgeteilt. Printmedien und Fernsehen gehen in der Auflage und in ihren Einschaltquoten runter.
Ich glaube auch nicht, dass man heute nur mit einem Beruf, anders als unsere Eltern, die von der Lehre bis zur Rente in einem Betrieb blieben, überleben kann. Offen für Neues sein und vielleicht mal etwas Neues wagen. Einfach wagen!
Zur Person
Birgit Schrowange wurde am 7. April 1958 in Brilon im Sauerland geboren. Bevor sie Karriere u.a. bei WDR, ZDF und seit 1994 beim Privatsender RTL machte, absolvierte sie laut RTL eine Lehre als Rechtsanwalts- und Notargehilfin.
Schrowange war mit dem heutigen ZDF-Moderator und früheren RTL-Kollegen Markus Lanz liiert. Beide haben einen gemeinsamen Sohn. Seit einem Jahr hat sie einen neuen Lebensgefährten, den Schweizer Frank Spothelfer (53).
Im vergangenen Jahr wirbelte die Moderatorin nicht nur die deutsche Promi-Landschaft mit ihrem Outing zu ihren grauen Haaren durcheinander, die sie mehr als 20 Jahre lang gefärbt hatte. Im Bunte-Interview erklärte Schrowange, sie fühle sich komplett befreit. Mit ihrem Standpunkt «Man muss mit 60 nicht aussehen wie 30» sprach sie offenbar vielen Frauen aus der Seele.
Themenwechsel: Was bedeutet Kleidung für Sie?
Kleidung ist Mode und Kleidung braucht jeder. Für mich ist Mode die schönste Nebensache der Welt. Damit kann man die eigene Persönlichkeit unterstreichen. Mode macht auch Spaß. Mir ist wichtig, dass sie unkompliziert, alltagstauglich und untereinander kombinierbar ist. Ich möchte mir nicht ständig Gedanken darüber machen, was ich anziehe.
Wie viel Birgit Schrowange steckt in dieser ersten Kollektion?
Ja, alles. Sie trägt total meine Handschrift. Es sind meine Lieblingsfarben: Ich mag den «Boyfriendblazer» (Birgit Schrowange zeigt den schwarzen, leger geschnittenen Blazer, den sie gerade trägt), die Hosen in Lederoptik, ich mag die Blusen. Alle Teile lassen sich miteinander mischen und kombinieren.
Sehr stolz bin ich auf die Lederjacke, die wir herausgebracht haben: weiches Leder, wunderschöne Farben (klassisches Schwarz, ein bisschen Rot oder, etwas frecher, Smaragdgrün) für einen kleinen Preis. Auch die anderen Kollektionsteile sind
in diesen Farben gehalten – ich liebe auch die Jacken in Chanel-Optik. Eigentlich kann ich mit allen Teilen gut leben und liebe es, sie alle in meinem Kleiderschrank zu haben.
An welchen Typ Frau haben Sie beim Entwerfen gedacht?
In erster Linie habe ich an mich gedacht, an das, was mir gefällt (lacht). Und ich habe daran gedacht, dass nicht alle Frauen Größe 36 haben. Deshalb gibt es die Kollektion bis Größe 48, teilweise bis 50. Es gibt viele mollige Frauen, die nichts Tolles in Modegeschäften finden. Wenn sie eine Boutique betreten, hören sie oft: «Leider gibt es bei uns die Sachen nur bis Größe 40.» Das finde ich ganz schlimm. Menschen, die nicht die ideale Größe haben, wollen sich trotzdem modisch anziehen. Dass (auch für sie) die Kollektion tragbar ist, war mir sehr wichtig.
Was das Alter betrifft, ist die Kollektion für Frauen ab 50, aber wenn ich an die kaputten Jeans denke, auch für jüngere – eigentlich ab 35.
Letzte Frage: Wie gut kennen Sie Luxemburg?
Vor fünf Jahren war ich in dem Modemarkt hier in Foetz. Zuvor war ich beruflich im Großherzogtum. Luxemburg ist ein wunderschönes Land mit toller Natur. Gestern (20. September, Anm. d. Red.) haben wir in einem Hotel mitten in den Weinbergen übernachtet. Diese schönen, kleinen Ortschaften – sehr schnuckelig.
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