Großbritanniens Politiker haben ihr Land in eine Zwickmühle gebracht, aus der es kein einfaches Entkommen gibt, schreibt Christian Muller in seinem Editorial.
Nie zuvor war die Europäische Union derart populär in Großbritannien wie heute. Der Verkauf von EU-Flaggen scheint dort einen wahren Boom zu erleben. Rund eine Million Menschen haben am Samstag in London gegen den Brexit demonstriert. Bei einer ähnlichen Kundgebung Ende letzten Jahres wurden etwa 700.000 Demonstranten gezählt. Mehr als fünf Millionen Menschen haben eine Online-Petition für den Verbleib in der EU unterschrieben.
Das alles war noch vor einigen Jahren völlig unvorstellbar. Da hätte kaum jemand gewagt, für Europa auf die Straße zu gehen. Doch seit dem Referendum von 2016 haben überraschend viele Briten festgestellt, dass Europa ihnen mehr bringt als nur Normen für Bananen. Zudem haben sie gesehen, dass die EU keine Diktatur ist, die ihre Mitglieder nicht austreten lässt.
Solange der Brexit noch nicht passiert ist, dürfen diese Menschen weiter auf den Einzug der Vernunft hoffen. Immerhin wollte Großbritannien die EU bereits in fünf Tagen verlassen haben. Einen echten Austrittsplan gibt es nicht. Zudem sind eine Million Menschen nicht gerade wenige. Zum Vergleich: In London waren am Samstag mehr als dreimal mehr Menschen unterwegs als in ganz Frankreich zu Beginn der Gelbwesten-Proteste, als rund 300.000 Menschen gezählt wurden. Letzte Woche sollen es in ganz Frankreich gerade mal 40.000 gewesen sein.
Doch von ihren Politikern werden die Demonstranten wohl trotzdem ignoriert werden. Die Spitzenpolitiker der beiden großen Parteien wollen den Brexit. Viele Politiker der Insel sind es aus den letzten Jahren einfach gewohnt, mit europaskeptischen Parolen Wahlen zu gewinnen. Und keine der beiden großen Parteien scheint mit dieser Gewohnheit brechen zu wollen. Dass sowohl Europa als auch Großbritannien zu den Verlierern zählen werden, interessiert sie scheinbar nicht. Mehr Distanz zu Rest-Europa ist gewünscht.
Doch eigentlich egal, was die britischen Politiker in den kommenden Tagen und Wochen entscheiden werden … Europa wird in den nächsten Jahren weiterhin Streitthema auf der Insel bleiben. Das Land ist in dieser Frage tief gespalten. Und das würde es auch nach einem Verlassen der EU bleiben. In Schottland beispielsweise hatte eine Mehrheit der Wähler gegen den Brexit gestimmt. Auch wird die Pro-EU-Bewegung, die sich in den letzten drei Jahren aufgebaut hat, nicht so schnell wieder verschwinden.
Doch auch ein zweites Referendum würde keine Abhilfe schaffen. Umfragen zufolge würde heute – im Gegensatz zu 2016 – zwar eine kleine Mehrheit für Europa stimmen … aber überzeugte Brexiteers hätten allein mit einer Referendums-Wiederholung wieder ein Argument gefunden, um lautstark gegen eine „undemokratische EU“ zu wettern. Und man wäre wieder beim Anfang.
Make Britan great again.De Charel as extra dofir op Kuba geflunn!
"Ein Referendum ist undemokratisch"?? I do not understand. An der EU führt kein Weg mehr vorbei. Das werden die "Hardliner" spätestens bei den nächsten Wahlen spüren weil sie den jungen Briten die Zukunft verbaut haben.