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NATO-VerpflichtungenEine Milliarde Euro: Luxemburg will Verteidigungsausgaben bis 2028 deutlich erhöhen

NATO-Verpflichtungen / Eine Milliarde Euro: Luxemburg will Verteidigungsausgaben bis 2028 deutlich erhöhen
Luxemburgs Verteidigungsminister François Bausch im Mai bei einem Truppenbesuch in Litauen  Archivfoto: SIP/Emmanuel Claude

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Ein luxemburgisch-belgisches Bataillon soll die Speerspitze der luxemburgischen Verteidigungspolitik der nächsten Jahre bilden. Bis 2028 will Luxemburg die Verteidigungsausgaben deutlich in die Höhe schrauben. Das aufgrund des „Krieges in der Ukraine und der allgemeinen geopolitischen Lage“, kündigte Verteidigungsminister François Bausch auf einer Pressekonferenz am Freitag an. Was hält die Opposition von den Plänen? 

Eine Milliarde Euro – so viel Geld will Luxemburg bis 2028 in Verteidigungsausgaben investieren. „Die Europäische Union muss fähig sein, ihre Grenzen selbst zu verteidigen“, sagte François Bausch („déi gréng“) auf einer Pressekonferenz am Freitag. Vorzeigeprojekt soll ein luxemburgisch-belgisches Bataillon werden. „Wir wollen der sicherheitspolitischen Lage Rechnung tragen.“ Bausch führte den Krieg in der Ukraine und die geopolitische Lage insgesamt sowie die Verpflichtungen der NATO gegenüber als Gründe für den geplanten Anstieg an Verteidigungsausgaben an. „Wir wollen uns als vertrauenswürdigen Partner präsentieren.“

Schweden und Finnland: Kein NATO-Beitritt im Sommer?

Der nächste NATO-Gipfel ist vom 28. bis zum 30. Juni in Madrid. Auf die Tageblatt-Frage, wie es um den NATO-Beitritt der beiden Länder stehe, merkte Luxemburgs Verteidigungsminister François Bausch an, dass er vorerst nur schlechte Nachrichten habe. „Die Türkei blockiert den Beitritt aus innenpolitischen Gründen“, sagte Bausch. „In der Türkei sind nächstes Jahr Wahlen und Erdogan lässt deswegen seine Muskeln spielen.“ Es wäre ein taktischer Fehler, Schweden und Finnland den NATO-Beitritt zu verwehren. „Wie so oft bei solchen Gipfeln hoffe ich auf eine Einigung in letzter Sekunde.“

Eigentlich verpflichten sich die NATO-Mitgliedsländer, insgesamt zwei Prozent ihres Bruttoinlandsproduktes (BIP) für das Verteidigungsbudget bereitzustellen. Eine Hürde, die Verteidigungsminister Bausch weiterhin für arbiträr und in Luxemburg für nicht umsetzbar hält. „Wir sind ein kleines Land und haben zudem ein überdurchschnittlich hohes BIP“, sagte der Grünen-Minister. Zudem habe Luxemburg „näischt, wat an d’Geld schléit, keng Marine a keng Air Force“. Er wolle sich auch deshalb innerhalb der NATO, zusammen mit Deutschland, Frankreich und Kanada, gegen die Zwei-Prozent-Klausel einsetzen. Wenn Luxemburg also weitere Ausgaben tätige, dann nur in den Bereichen, die das Land auch bewältigen und stemmen könne. „Wir können uns nicht unendlich diversifizieren.“

Deshalb hat Luxemburg bis 2028 vorerst ein Prozent ins Visier genommen. Basierend auf den Prognosen des Statec, sollen bis dann 994 Millionen Euro für die Verteidigung ausgegeben werden. Das sind Zusatzausgaben in Höhe von 278 Millionen Euro zu den bisher vorgesehenen 716 Millionen Euro, oder 0,72 Prozent des BIP. Unabhängig davon, wie sich die Prognosen des Statec noch verändern – oder aufgrund anderer Umstände nicht eintreffen –, will Luxemburg die angepeilten Investitionen dennoch tätigen. Das größte Risiko für die zahlreichen Projekte sieht die Verteidigungsdirektion demnach nicht in der Finanzierung – zahlreiche Finanzierungsgesetze müssen aufgrund des Umfangs der Projekte noch der Chamber vorgelegt und gestimmt werden –, sondern bei den zahlreichen externen Partnern. „2028 ist demnach kein Datum, an dem wir mit aller Gewalt festhalten“, sagte Georges Campill aus der Verteidigungsdirektion. Man wolle die Projekte nachhaltig und langfristig auslegen. „Sonst könnten wir auch einfach einen Scheck über die benötigte Geldmenge ausstellen“, so Bausch.

Wenig Kritik von CSV und ADR

„Luxemburg zeigt eine Kontinuität in seiner Verteidigungspolitik, wie es sie schon lange gibt“, sagte der CSV-Abgeordnete und ehemalige Verteidigungsminister Jean-Marie Halsdorf auf Tageblatt-Anfrage. Dazu gehöre das Satellitenwesen wie auch das nun angekündigte binationale Bataillon mit dem langjährigen Partner Belgien. Dass das Verteidigungsbudget zukünftig auf ein Prozent des BIP gehoben werden soll, kommentierte Halsdorf wie folgt: „Wir müssen unsere Hausaufgaben innerhalb der NATO erledigen, damit wir als zuverlässiger Partner Anerkennung erhalten.“ Ob die von Bausch gesetzte Zeitschiene bis 2028 und die Umsetzung der geplanten Projekte realistisch seien, hänge auch viel davon ab, ob die Regierung die nötige Anzahl an Rekruten finde.

Verteidigungsminister François Bausch (r.) und Georges Campill (l.) aus der Verteidigungsdirektion bei der Vorstellung des geplanten Verteidigungsetats der kommenden Jahre
Verteidigungsminister François Bausch (r.) und Georges Campill (l.) aus der Verteidigungsdirektion bei der Vorstellung des geplanten Verteidigungsetats der kommenden Jahre Foto: Editpress/Didier Sylvestre

Eine Frage, die laut Jean-Marie Halsdorf weiterhin im Raum stehe, sei die des geplanten Militärkrankenhauses. „Die Idee ist noch vorhanden, das Konzept von François Bauschs Vorgänger aber nicht mehr“, resümierte Halsdorf die von Bausch erhaltene Antwort in der Kommissionssitzung am Freitagmorgen. „Bausch verwies lediglich auf das Gesundheitsministerium.“

Der ADR-Abgeordnete Fernand Kartheiser begrüßt die progressive Erhöhung des Verteidigungsetats. „Ich halte das auch aufgrund des internationalen Drucks für richtig, den Verteidigungsetat hochzuschrauben“, sagte Kartheiser. „Ich unterstütze den Verteidigungsminister ebenfalls in der Aussage, dass das Erreichen der Zwei-Prozent-Marke für unser Land nicht realistisch ist.“ Probleme sieht die ADR jedoch im luxemburgisch-belgischen Projekt des gemeinsamen Bataillons. „Ab dem Moment, in dem wir eine binationale Einheit haben, liegt die Entscheidungskraft über deren Einsatz bei internationalen Gremien“, meinte Kartheiser.

Gegenwind von „déi Lénk“ und Piraten

Überrascht – und doch irgendwie nicht. So lautete das Fazit der Linken-Politikerin Nathalie Oberweis. Angesichts der internationalen Lage und der Logik, der man sich innerhalb der NATO verpflichte, sei die Erhöhung der Verteidigungsausgaben ein logischer Schritt der Regierung gewesen. „Ich bin natürlich nicht damit einverstanden, verstehe den Schritt aber.“ Es sei für Oberweis jedoch unverständlich, wie in dieser internationalen Krise auf einmal so viel Geld aufgewendet werden kann, während nationale Krisen nicht den gleichen Stellenwert erhielten.

Wenig überzeugt zeigte sich auch Marc Goergen von den Piraten. „Wenn wir eine Milliarde investieren würden, um energieautark zu werden, hätten wir mehr erreicht“, meinte Goergen. „Wir Piraten stehen zur Grundidee der NATO, sind aber der Überzeugung, dass diese von Grund auf reformiert werden muss.“ Ein Beispiel sei die Blockadehaltung der Türkei gegenüber Schweden und Finnland, die derzeit ermöglicht werde.

Die Erhöhung des Verteidigungsbudgets schreibt Goergen nicht etwa parteipolitischen Entscheidungen, sondern der allgemeinen Stimmung in Europa zu. Überall werde aufgerüstet, unabhängig von der politischen Couleur, die jeweils an der Macht ist. Dabei gebe es durchaus sinnvolle Projekte, die mit dem Verteidigungsbudget finanziert werden könnten. „Das Militärkrankenhaus – das aber wird wohl nicht demnächst umgesetzt werden“, sagte Goergen. Bei den nun angekündigten Projekten fehlten noch Details, um klare Kritik ansetzen zu können. „Mal abwarten, was für Details zum gemeinsamen Bataillon noch kommen“, so Goergen. Den Piraten aber wäre eine europäische Armee lieber – dann müsse nicht jeder sein eigenes Ding durchsetzen.

Binationales Bataillon

Das Vorzeigeprojekt, das bis 2028 stehen soll, ist das luxemburgisch-belgische Aufklärungsbataillon. Bestehend aus 600 bis 800 Mann, von denen Luxemburg die Hälfte stellen soll, soll dieses Bataillon unter NATO-Kriterien stets einsatzbereit sein. „Dafür brauchen wir das nötige Material und die nötige Ausrüstung, Waffen, Munition und Transportfahrzeuge“, so Bausch auf der Pressekonferenz. „Hinzu kommt die nötige Infrastruktur für die Wartung, Aufbewahrung und Unterbringung des Bataillons.“

Der Kostenpunkt für das Bataillon könne man derzeit aber noch nicht genau abschätzen, meinte General Steve Thull. „Eine Arbeitsgruppe mit dem Namen Ermesinde, bestehend aus 40 Personen, wird bis nächstes Jahr die genauen Bedürfnisse definieren.“ Die nötige Zahl an Rekruten – 100 weitere Soldaten würden dafür benötigt werden – hoffe man nicht zuletzt durch den dem Parlament vorliegenden Gesetzentwurf zur Neugestaltung der militärischen Karriereleiter zu ermöglichen. Dadurch sollen die staatlichen B1- und A2-Karrieren auch beim Militär ermöglicht werden. „Wir warten auf ein Gutachten des Staatsrates“, so Bausch und Thull zum derzeitigen Stand.

Ostflanke der NATO

Luxemburg plant derzeit nicht, weitere Soldaten an die Ostflanke der NATO zu schicken. Das hat François Bausch auf der Pressekonferenz am Freitag bestätigt. Die derzeitige „Abschreckung reicht vollkommen aus“, sagte Bausch. Am Wochenende hatte Litauen angekündigt, den Bahnverkehr in die russische Exklave Kaliningrad beschränken zu wollen – was wiederum für schwere Reaktionen aus Russland gesorgt hatte.
„Deutschland hat vorgeschlagen, eine Kommandostruktur in der Region aufzubauen, damit im Ernstfall genug Soldaten aufgebracht werden können.“ Man solle aber nun nicht weiter provozieren und einen möglichen Krieg verhindern.

Weitere Ausgaben würden die Instandhaltung und Entwicklung der Luxemburger „Luftkapazitäten“ betreffen sowie die weiterlaufende Unterstützung der luftgestützten Luftraumaufklärung und -überwachung der NATO. „Der AWACS-Flieger dürfte ja jedem ein Begriff sein“, meinte Georges Campill. „Das ist schon etwas in die Jahre gekommen und dessen Ersatz wird demnächst auch Thema in der NATO werden.“ Zudem wird Luxemburg sich am Aufbau eines Logistiknetzwerkes der EU beteiligen und auch die nationale und internationale militärische Infrastruktur in Luxemburg renovieren. „Ich denke da vor allem an den Waldhaff“, ergänzte François Bausch.

Luxemburg werde seinen Partnerländern dann auch weiterhin in seinen Spezialgebieten Hilfestellung bieten. „Im ISR-Bereich (Intelligence, Surveillance and Reconnaissance), der medizinischen Evakuierung, der Observation und im Transport werden wir unsere Anstrengungen fortführen“, so Campill. Vor diesem Hintergrund werde man weiterhin die Kapazität der Armee für Drohnen ausweiten und weiterentwickeln, wie auch an der im März vorgestellten Verteidigungsstrategie fürs Weltall festhalten. Das heißt, dass auch weiterhin am Kommunikationssatelliten SATCOM, dem Erdobservationssatelliten (LUXEOSys), festgehalten und in den Bereichen der „Space Situational Awareness“ und dem „Clean Space“ investiert werde. „Die Cyberkapazitäten der Armee werden in mehreren Forschungsprojekten mit der Universität Luxemburg weiterentwickelt.“ Luxemburg sei stark in der Aufklärung, dem Transport und dem Cyberbereich. „Da soll weiter investiert werden“, sicherte Verteidigungsminister Bausch zu.

Armando
27. Juni 2022 - 17.38

Egal wéi a wat, de F. Bausch wees absolut wat leeft a ganz genau wat e mecht a seet. En huet scho villes ëmgesat!

JJ
25. Juni 2022 - 9.33

"Morgen greifen wir Russland an." " Und was machen wir übermorgen?"

Corona,Klimawandel,Dürren,Affenpocken,Putin und Lindner schwört die Deutschen auf Entbehrungen ein. Da liegt es auf der Hand dass wir in autarke Drohnen und Milliardenetats für Knallerbsen investieren. Das Ganze ist so absurd,dass man es nicht ZU ernst nehmen sollte.

Filet de Boeuf
25. Juni 2022 - 1.38

@Mulles: Nächste Stufe wird meiner Meinung nach die Einschränkung von Protesten sein. Damit jeder schön gezwungenermassen bescheiden bleibt und keiner für Geld und Wohlstand protestieren geht. Die Folge der Globalisierung, bringste nix, verzieh dich.

Jupp
24. Juni 2022 - 19.21

Ich glaube Herr FB ist sich nicht bewusst, vor welcher gigantischen Herausforderung Europa steht um die Verteidigungskraft gegen potentielle Agressoren zu gewährleisten. Bei dem was uns bevorsteht ist es nahezu lächerlich dass wir bis 2028 NUR auf eine Ausgabe von 1% des PIB kommen. Ich kann dieMilchmädchenrechnung nicht nachvollziehen warum Luxemburg nicht wie alle Nato-Miglieder das vereinbarye Ziel von 2% anstreben sollte, ubd dies nicht irgendwann in det Zukunft, sondern sofort.

Christine Sanston
24. Juni 2022 - 18.50

Nach seinem Wirken als Militär Minister, spätestens ab Oktober 2023, sollte die Nato Herrn Bausch einen schönen Posten anbieten, mitsamt einer tollen Uniform.

Mulles
24. Juni 2022 - 18.40

Warum nicht Milliarden verpolfern, wir können es ja uns leisten
uns gegen Putin zu verteidigen,für die immer ärmer werdende
Bevölkerung bleibt sowieso nix übrig,die Bürger werden
geschrumpft überall wo's nur geht,dann redet Bettel von
Zusammenhalt,was soll's,Demokratieuntergang,arm wird ärmer,
reich wird reicher.