Der rezente Vorstoß von „déi gréng“, die politische Rentrée einen Monat früher einzuläuten, wie auch die Forderung nach schnellen Direkthilfen hat nicht nur die politischen Ferien in Luxemburg auf einen Schlag beendet. Er hat auch gezeigt, dass politische Debatten nicht nur koalitionsintern geführt und solche Vorstöße nicht nur bei bevorstehenden Wahlen gewagt werden sollten.
Die letzten Krisenjahre haben den politischen Diskurs abflachen, die Chamber-Debatten teilweise monoton werden lassen. Während der Pandemie wurde die „Union nationale“ beschworen und auch auf der Pressekonferenz am Freitag zur derzeitigen Energie- und drohenden Stromkrise hat Premierminister Xavier Bettel in gewohnter Corona-Manier an die Solidarität von Luxemburgs Einwohnern appelliert.
Wie belebend und fördernd ein gewisser Dissens aber für die politische Debatte ist, hat der Vorstoß der Grünen in der vergangenen Woche gezeigt. Mit der Pressekonferenz am Mittwoch haben „déi gréng“ die beiden Koalitionspartner DP und LSAP – aber auch die Oppositionsparteien – ganz schön alt aussehen lassen. Die Dringlichkeit der derzeitigen Krise habe die Parteiführung dazu veranlasst, die politische Rentrée schon früher einzuleiten, hieß es vonseiten der beiden Grünen-Parteipräsidenten.
Die Aktion wirkt im Nachhinein sorgfältig orchestriert. Pressekonferenz am Mittwoch und zwei Radio-Interviews am Freitagmorgen – alles noch vor dem Regierungsrat am Freitag, um die Forderung nach schnellen Direkthilfen in die Öffentlichkeit zu tragen. Dass der Vorstoß mit der bevorstehenden Tripartite wenig bis gar keine Aussichten auf Erfolg hatte, dürfte allen Beteiligten bewusst gewesen sein.
Es ist ein Riss in der lange Zeit nach außen hin demonstrierten blau-rot-grünen Einigkeit. Ein Riss in der viel kritisierten 31-29-Mentalität im Luxemburger Parlament. Ein Riss, der im bevorstehenden Wahljahr nicht wirklich überraschend kommt. Was dann folgte, war ebenso absehbar: politisches Geplänkel und Sticheleien, die der politischen Debatte sogleich frischen Wind einhauchten. Aber: auch inhaltlich musste sich mit dem Vorschlag von „déi gréng“ beschäftigt werden.
Und genau das braucht es in Krisenzeiten: Ideen, Debatten und inhaltliche Auseinandersetzungen mit Problemen, die eben nicht nur hinter verschlossenen Türen stattfinden. Lösungsansätze soll jeder liefern können. Nichts ist der sozialen Kohäsion und somit auch der viel gepredigten Solidarität weniger dienlich als die Überzeugung, dass nur Mitglieder einer bestimmten Partei einen Ausweg aus der Krise aufzeigen könnten.
Mit den anstehenden Wahlen werden sich Luxemburgs Parteien profilieren wollen. Es ist der politischen Debatte in Luxemburg eigentlich nur zu wünschen, dass auch die Koalitionsräson nicht mehr als oberstes Gebot von DP, LSAP und Grünen angesehen wird – und aus dem Farbgemisch der Koalition wieder klar erkennbare blaue, rote und grüne Ideen hervortreten werden. Und dass eine gewisse Streitlust – gerade in Krisenzeiten – auch nach den Wahlen bestehen bleibt.
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