Es ist nicht weit her mit der E-Mobilität, wenn man sich die aktuellen Geschehnisse vor Augen führt. Russlands Krieg in der Ukraine und die damit verbundenen EU-Sanktionen haben vieles verändert, was den Energiesektor betrifft. Die Preise für Treibstoff an der Tankstelle schnellen in unvorhersehbare Höhen, eigentlich ein Anreiz für die Umstellung auf E-Autos, aber die Käufer sind verunsichert und hier spielt nicht nur der Anstieg des Strompreises eine Rolle. Dabei wäre jetzt der richtige Moment, dem Übergang zur E-Mobilität tatkräftig auf die Sprünge zu helfen und ein neues Zeitalter einzuläuten, während die Erdöl- und Gasvorräte zur Neige gehen, obwohl bei den Gasreserven täglich neue Vorkommen entdeckt oder gemeldet werden, deren Erschließung und Ausbeutung umweltmäßig kaum zur Besserung der Lage beitragen.
Die EU hat es so gewollt und die Automobilhersteller haben keine andere Wahl, als ihre Modellangebote von den Verbrennern auf E-Antrieb umzustellen. Bis 2030 haben sie dazu Zeit, dann soll die Luft rein sein, heißt es, während man in Deutschland darüber nachdenkt, mit welchen Verfahren man dem befürchteten Ansturm auf Elektro-Energie in den kommenden Jahren begegnen wird, ob mit Kohle-Kraftwerken oder mit Atomenergie, auf die man am liebsten heute schon verzichten möchte. Denn allein mit Sonnenenergie, Windkrafträdern oder Wasserkraft ist es (noch) nicht getan.
In Luxemburg sieht man auf dem Land so viele Windkrafträder wie Krane in und um die Hauptstadt, es ist kein schönes Bild und den Kühen geht das Geräusch der sich drehenden Propeller mächtig auf die Nerven, nicht zu reden von den Vögeln, die hier jäh aus dem Himmel geholt werden. In Luxemburg haben wir auch ein ausgedehntes und europaweit hochgelobtes Netz von Ladestellen, die aber leider zu schwach sind und für Reichweiten über 100 km mehrere Stunden Ladezeit benötigen.
Ein Beispiel: am 3. April um 7.31 Uhr morgens schloss ich ein E-Auto mit einer Batterie-Kapazität von 78 kWh an eine Chargy-Ladesäule (CP 0234-1) an. Um 13.38, also 6 Stunden später, beendete ich den Ladevorgang und erhielt von Enodrive.lu die Mitteilung, dass ich in dieser Zeitspanne genau 26,7 kWh geladen hatte. Mein E-Auto verbrauchte etwa 21 kWh pro 100 km, was bedeutete, dass ich mit 26,7 kWh ungefähr 120 km weit fahren durfte. 120 km nach sechs Stunden Ladezeit! Das reicht für zweimal die Nordstraße, für deren Konstruktion und Fertigstellung man gut über 25 Jahre brauchte, dies nur nebenbei.
Da doch lieber zu Hause in der Garage laden, falls man denn ein Haus besitzt und nicht in einem Apartment wohnt und sein Auto draußen auf der Straße oder in einer Tiefgarage parken muss. Das Auto lädt an der normalen Steckdose oder an der leistungsfähigeren Ladebox, die man sich installieren kann. Kein Supercharger, aber immerhin. Man lädt abends oder nachts, dann ist der brave Bürger daheim bei der Familie, isst Abendbrot und glotzt TV und treibt sein Wesen in einer heilen Welt. Und morgens wartet das Auto nach 10 Stunden „Volltanken“ einsatzbereit auf seinen glücklichen Besitzer.
Leider hat ein großer Teil der Bevölkerung weder ein Eigenheim mit Garage noch bequemen Zugang zu einer Ladestation, denn sein Auto über Nacht draußen und weit entfernt an der Chargy-Säule zu parken ist auch nicht jedermanns Sache. Bemerkenswert die Aussage von Renault-CEO Luca di Meo, der meinte: „…. Wer keine Lademöglichkeit bei sich privat zu Hause hat, sollte vom Erwerb eines E-Autos absehen.“ Was Luxemburg betrifft, so kann man davon ausgehen, dass der Anteil von Eigenheim-Besitzern mit Ladebox in der Garage im Jahr 2030 auch nicht merklich ansteigen wird. Bei Apartment-Wohnungen darf man dagegen von einer merklichen Steigerung ausgehen.
Konkurrenz für die reinen BEVs, also die Batterie-elektrischen Autos, durch die PHEV, also die Plug-In-Hybrid-Autos, jene Autos mit einer Kombination von E-Motor und Benzinmotor, gibt es nicht, was den Zugang zu den Ladesäulen betrifft, denn die Besitzer dieser PHEV lassen lieber den Verbrennungsmotor laufen, als dass sie sich für zwei Stunden an einer Ladesäule aufhalten. Höchstens zu Hause wird geladen, wenn, wie erwähnt, diese Möglichkeit besteht. Nicht oft und auch nicht öfter, wie Untersuchungen ergeben haben. Beim Bremsen und beim Dahinsegeln gelangt etwas Energie in die Batterie, das reicht dann für einen Kilometer im E-Modus durch das Wohngebiet und schon hat man ein reines Gewissen.
Das Problem ist, dass die PHEV, die theoretisch an einer Steckdose geladen werden können, eine Übergangslösung darstellen, die mittlerweile so breitgefächert und verbreitet ist, dass aus dem Übergang ein Trend geworden ist, den die Hersteller mit immer neuen Angeboten fördern. Der Käufer erhält E-Mobilität, muss sich aber nicht mit der Verfügbarkeit von Ladesäulen und den Zeitverlusten beim Laden herumplagen, denn sein PHEV hat immerhin einen kleinen Benzinmotor für den Fall aller Fälle und dieser Fall ist oft ein Dauerzustand. Die meisten Plug-in-Hybridautos haben eine kleine Batterie, die eine Reichweite von etwa 50 km im E-Modus bietet, wenn man gefühlvoll und vorausschauend fährt, was in Luxemburg eher die Ausnahme ist. Mittlerweile haben einige Modelle eine E-Reichweite von 60 bis 80 km, demnächst sollen es sogar mehr werden, damit werden auch die Batterien größer, das Gewicht der Autos nimmt zu und damit auch die Last, die der Benzinmotor zu tragen hat, wenn die Batterie erst einmal leer ist. Und dann ist Schluss mit den Fantasie-Verbrauchswerten, welche die Hersteller bei ihren PHEV angeben. Eine merkliche oder überzeugende Verbrauchsreduzierung eines PHEV im Vergleich mit einem identischen, reinen Benzinmodell des gleichen Herstellers haben wir bisher noch nie feststellen können, außer auf den ersten 100 km, wenn man mit voller Batterie um die 50 km elektrisch fährt, aber langsam bitte, und die restlichen 50 km dann allein mit dem Benzinmotor. Viele Leute fahren weniger als 100 km pro Tag, aber noch mehr Leute geben sich gar nicht erst die Mühe, nachzuladen.
Diese Gewissensentscheidung erspart uns der reine Batterie-Elektriker. Ich würde hier auch die Autos mit Brennstoffzelle erwähnen, wo bekanntlich Wasserstoff in den Brennstoffzellen Strom produziert, der dann den E-Motor antreibt. Leider gibt es derzeit nur zwei Modelle mit Brennstoffzelle auf dem Markt, nämlich der Toyota Mirai und der Hyundai Nexo. Und da sich die Luxemburg nächstgelegene Wasserstoff-Tankstelle in Saarbrücken befindet, ist dieses Thema erst einmal abgehakt. Wer nicht einmal fähig ist, auf einer neuen Tankstelle auf der Escher Autobahn, die ja nicht gerade von heute auf morgen entstanden ist, eine Ladestation für E-Autos vorzusehen, wird sich wohl kaum mit Wasserstoff-Tankstellen beschäftigen, vorausgesetzt, er weiß überhaupt, dass Wasserstoff eine Grundvoraussetzung für den Betrieb einer Brennstoffzelle ist.
Das BEV (Battery electric vehicle, also reines E-Auto) macht enorm viel Spaß beim Fahren, sei es in der Stadt oder auf kurviger Landstraße, wo eine temperamentvolle Fahrweise natürlich stark an der Reichweite knabbert. Von der Autobahn nicht zu reden, hier dürfen nur die etablierten Großen mit Batterien von 80 bis über 100 kWh Kapazität aufdrehen. Tesla-Fahrer dürfen das, sie haben ein europaweites, dichtes Netz von Ladestellen, die ihnen (noch) exklusiv zur Verfügung stehen und ein Info-Management, das sie jederzeit über die nächstgelegene Ladestation und den Weg dahin informiert. Auch mit anspruchsvollen und preislich höher situierten E-Autos wie Porsche Taycan, Audi e-tron, Kia EV6, Hyundai Ionic 5 oder Subaru Solterra und Mercedes EQS erhält man viel Reichweite bei Autobahntempo bis 130 km/h und sportlicher Fahrt über Land. Bei den kleineren E-Autos liegt die Sache anders. Meist steigt der Verbrauch ab Tempo 90 km/h, wobei man sich dann wohl überlegen sollte, wohin, wie weit und wie eilig man irgendwo hin will.
Das europaweite Netz von Ladestationen wird immer dichter, doch einem Ansturm von E-Autos bei der sommerlichen Urlaubsfahrt wird es niemals gerecht werden. Auch nicht die Anzahl der für die leistungsstarken E-Autos der Luxusklasse vorgesehenen Super-Charger. Mit einem Tesla kann man es in einem Tag von Luxemburg bis hinunter nach Nizza schaffen, denn Tesla steht eine große Zahl von Ladepunkten mit jeweils einem Dutzend Ladestationen entlang der großen Autobahnen zur Verfügung. Mit anderen E-Autos geht so etwas nicht. In der Hauptreisezeit würde ich mich kaum auf einen Trip über 300 km wagen, wegen der Ladezeiten und /oder der geringen Verfügbarkeit von Super-Charger. Hotels mit eigener Ladestation wittern hier das große Geschäft. Dann braucht man drei Tage für 1.000 km Fahrt und kommt reichlich genervt oder preislich angeschlagen in den Urlaub. Dann lieber mit einem bequemen, starken und CO2-armen Diesel, nicht wahr?
@Fräntz Louchetter
Zu einer parlamentarischen Frage hat die grüne Umweltministerin geantwortet, dass nur 5 Prozent des staatlichen Fuhrparks elektrisch betrieben wird….
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Nach 9 Jahren grünem Wirken in der Regierung (Umwelt, Transport und Energie) ist das ein tolles Ergebnis.."
Was für E-Autos hätte die Regierung denn vor 9 Jahren kaufen sollen, Ihrer Meinung nach?
@HTK
"Es ist also Schluss mit den weiten Urlaubs-oder Geschäftsreisen "
Es ist sowieso Schluss damit, haben Sie die Benzinpreise gesehen?
Tja, H2 scheint die Zukunft zu sein, wenn Öl mal alle ist. Fahre regelmässig durch eine gewisse Strasse unseres Örtchens und zähle die geparkten Autos welche dort übernachten. Wenn die alle auf Elektro umsteigen müssten, na dann....
Das E-Auto macht Sinn in der Stadt und Umgebung. Ladestelle zuhause vorausgesetzt. Die Reichweite von 500 Km mit einer Ladung ist Kataloggefasel. Da darf kein Radio,kein Licht,keine Heizung etc. zugeschaltet sein,sonst. Es ist also Schluss mit den weiten Urlaubs-oder Geschäftsreisen will man keine drei Stunden bei 1000 Km für's Laden hinzurechnen. Wie verhält sich so ein E-Auto eigentlich bei 15Grad Minus im Stau auf der Autobahn? Wir sehen die"Nordlichter",sprich Holländer,Deutsche,Dänen usw. mit dem E-Auto nach Südfrankreich kommen um Urlaub zu machen. Da wird die Reise schon zum Abenteuer.Wie früher. Jaja.Die sollen gefälligst mit dem Zug fahren.Mit Sack und Pack,dem Hund und den Kindern. Freuen wir uns also weiterhin auf den Wasserstoffmotor und die Wasserstoff-Fusion(ITER).Das gibt 0% CO2.
Zu einer parlamentarischen Frage hat die grüne Umweltministerin geantwortet, dass nur 5 Prozent des staatlichen Fuhrparks elektrisch betrieben wird….
Immerhin gab es letztes Jahr 5 neue Fotovoltaik Anlagen!
Käufer von E-Bikes warten über ein Jahr auf die Rückerstattung der Prämie, anscheinend wegen Personalmangel.
Nach 9 Jahren grünem Wirken in der Regierung (Umwelt, Transport und Energie) ist das ein tolles Ergebnis..
Wasser predigen und selbst Wein trinken.
Genau so ist es. Wir kaufen ein kleines BEV (Dacia Spring, Renault Twingo oder auch noch Fiat 500) als Zweitwagen für die Einkäufe und eventuell den Weg zur Arbeit, und für den Sonntagsausflug, der auch mal über 150 km hin und zurück betragen kann, behalten oder kaufen wir einen sparsamen Diesel. Leute die unter 100.000 € pro Jahr verdienen, sollten sich das Auto sowieso abgewöhnen. Vielen Dank an die Grünen, da wird dann auch wieder besser Platz auf der Straße sein.