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Direktor der Straßenbauverwaltung: „Wir können nicht zaubern“

Direktor der Straßenbauverwaltung: „Wir können nicht zaubern“

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Seit 1. Mai 2017 steht der Beckericher Roland Fox an der Spitze der «Administration des ponts et chaussées», die am heutigen Montag ihr 175-jähriges Bestehen feiert. Seine berufliche Karriere bei der Behörde begann 1992. Wir haben uns mit ihm über die Projekte der letzten 25 Jahre, aber auch über die sich der Straßenbauverwaltung stellenden aktuellen Herausforderungen unterhalten.

Tageblatt: Wenn Sie heute den 175. Gründungstag der Straßenbauverwaltung feiern, ist das doch eigentlich nicht ganz korrekt. Die «Ponts et chaussées» gingen ja erst 1910 aus der «Bauverwaltung» hervor, oder?
Roland Fox: Da gibt es verschiedene Lesearten. Meine Kollegen von den «Bâtiments publics» beharren in der Tat auf dem Jahr 1910, was die Geburtsstunde der Straßenbauverwaltung angeht. Ich bin jedoch der Ansicht, auch wenn man die Geschichte betrachtet, dass die «Bauverwaltung» 1843 hauptsächlich gegründet wurde, um das Wegenetz in Luxemburg zu sanieren und auszubauen. In diesem Sinne sehe ich die Sache genau andersrum: 1910 wurde der Zuständigkeitsbereich des Staatsarchitekten von demjenigen der Zivilingenieure getrennt.

Man kann das also so oder so sehen. Was waren denn die aktuellen Projekte, als Sie 1992 zur Verwaltung stießen?
Als meine Karriere begann, stand gerade unter anderem die Umgehungsstraße der Hauptstadt im Zentrum der Aktivitäten. Das war auch eine meiner ersten Baustellen: Von Strassen aus wurde die Autobahn um die Stadt Luxemburg herum bis zum Kirchberg gebaut. Auch die Planung der Trierer Autobahn war weit fortgeschritten, die der Collectrice du Sud ebenso und die Idee einer Saarautobahn wurde unter Minister Robert Goebbels wieder aufgegriffen. Was die Saarautobahn angeht, an deren Bau ich ebenfalls beteiligt war, ging es damals zunächst darum, den Übergabepunkt mit den deutschen Nachbarn abzuklären. Ursprünglich sollte dies an der Grenze in Remich sein, in späteren Plänen dann wurde dieser südlich verlagert, nach Schengen. In der Planung befand sich natürlich auch die Nordstraße. Damals standen die verschiedenen Varianten im Mittelpunkt der Diskussionen.

Eine davon hätte ja zur Folge gehabt, dass die Autobahn den Grünewald durchquert hätte, was zu heftigen Protesten führte.
Genau. Die Alternative waren Tunnel. Wir hatten als Verwaltung Erfahrungen in der Hauptstadt mit dem Heilig-Geist-Tunnel sammeln können. Das war der erste bergmännische Tunnel im Land. Also ein Tunnel, der im Untertagebau errichtet wird, im Gegensatz beispielsweise zu demjenigen an der A1 bei Hesperingen, der in sogenannter «offener Bauweise» entstand. Auf die – zugegeben geringe – Erfahrung, die wir mit dem Tunnel in der Hauptstadt gemacht hatten, konnten wir uns stützen, als wir diejenigen der Nordstraße planten. Parallel dazu haben wir auch eine Studie in Auftrag gegeben, was den Tunnel Markusberg auf der künftigen Saarautobahn angeht. Damals gab es auch Diskussionen über die Wirkung, die solche Tunnel, vor allem die längeren, auf die Automobilisten ausüben.

In welchem Sinne?
Wenn man über mehrere Minuten in einer Tunnelröhre unterwegs ist, besteht bei manchen Menschen die Gefahr einer plötzlich auftretenden Klaustrophobie. So fassten wir den Entschluss, die Tunnel, sagen wir mal, «freundlich» zu gestalten – also hell! Luxemburg ist in dieser Hinsicht weltweit führend geworden: Der Straßenbelag im Tunnel wurde hell gestaltet, die Röhre selbst auch. Das gilt sowohl für die Tunnel der Nordstraße als auch für diejenigen der Saarautobahn. Wir haben dabei ebenfalls auf die höchstmöglichen Sicherheitsstandards geachtet. Der Markusberg-Tunnel war nach seiner Fertigstellung der sicherste der Welt.

Aber gerade der Markusberg-Tunnel ist ja des Öfteren teilweise gesperrt, weil sich der Boden dort hebt.
Das liegt an der geologischen Formation des Gesteins. Im Raum Stuttgart gibt es mehrere Tunnel, in denen dieses Problem existiert. Leider Gottes war dieses während des Baus nicht erkannt worden, so dass wir nun in regelmäßigen Abständen den Belag sozusagen «abhobeln» müssen, um das Niveau zu erhalten. Sicherlich müssen wir hier einmal eine andere Lösung finden.

Und die wäre?
Derzeit wird eine Studie durchgeführt, wie der Tunnel Markusberg saniert werden kann. Da der Boden von unten hochdrückt, muss eine Konstruktion her, die diesen Druck ausgleichen kann. Natürlich wird dies zu einer längerfristigen Baustelle führen. Doch wir gehen davon aus, dass der Tunnel, falls es zu diesen Sanierungsarbeiten kommen wird, nicht in beide Fahrtrichtungen gesperrt werden muss, sondern dass der Verkehr jeweils durch eine der beiden Röhren rollen kann.

Eine weitere Zukunftsbaustelle betrifft die A3, die ja auf drei Fahrbahnen pro Seite ausgebaut werden soll. Wie weit ist die Planung hier fortgeschritten?
Das entsprechende Gesetz wurde ja im vergangenen Jahr, kurz vor Weihnachten, verabschiedet. Wir sind dabei, die ersten öffentlichen Ausschreibungen für dieses Projekt auszuarbeiten. Diese betreffen eine Wildwechselbrücke, die zwischen der Grenze und dem Bettemburger Kreuz als Kompensationsmaßnahme errichtet werden soll. Allerdings wird noch etwas Zeit vergehen, bis wir mit den Arbeiten, was die Erweiterung der Fahrspuren betrifft, beginnen können. Wir wollen schließlich alles genauestens planen, um die negativen Auswirkungen, die eine solch große Baustelle mit sich bringt, so gering wie möglich zu halten. Auch müssen noch die Resultate beispielsweise verschiedener Studien abgewartet werden, etwa aus dem Umweltministerium. Erst dann können wir unser Dossier vervollständigen.

Und Sie gehen davon aus, dass drei Fahrspuren pro Richtung in Zukunft ausreichend sind?
Das ist sozusagen eine Sache von «Angebot und Nachfrage». Die einen sagen, dass je mehr Straßen gebaut werden, desto mehr Verkehr entsteht. Andere sind der Ansicht, dass der Verkehr, der derzeit noch durch die Dörfer fließt, besser auf der Autobahn aufgehoben sei. Ob es nun mit drei Spuren pro Fahrtrichtung reicht, das hängt von einer ganzen Reihe von Faktoren ab. Der Ausbau des öffentlichen Transportes spielt eine wichtige Rolle. Und man darf auch nicht vergessen, dass wir vor einem Technologiesprung stehen, bei dem man nicht genau weiß, wie es weitergehen wird. Ich denke an vernetztes Fahren, Autos, die mit der Infrastruktur kommunizieren und umgekehrt, automatisiertes Fahren. Momentan ist noch gar nicht abzuschätzen, wie sich das entwickelt. Es macht also keinen Sinn, jetzt zu sagen, drei Spuren reichen nicht aus, es müssen vier oder gar fünf sein. Das aktuelle Projekt sieht ja nicht nur drei Spuren je Fahrtrichtung vor, sondern auch eine besonders breite Standspur, die von Bussen genutzt werden kann.

Sie planen als Verwaltung langfristig. Und dann kommen plötzlich unvorhersehbare Ereignisse dazwischen wie die katastrophalen Regenfälle, die für die Zerstörung von Straßen im Müllerthal sorgten. Wie ist Ihre Behörde aufgestellt, um in solchen Fällen, die, glaubt man Klimatologen, in Zukunft noch häufiger auftreten könnten, zu reagieren?
Wir sind als staatliche Institution gut vernetzt. Als es zu dieser Naturkatastrophe kam, war auch ständig jemand von uns zur Stelle. Was die Reinigungs- und Räumarbeiten angeht, so stellt das für uns kein Problem dar. Wenn jedoch, wie in diesem Fall, Straßen zerstört werden, so stellt das uns vor die gleichen Herausforderungen, als wenn wir eine neue Straße planen würden. Der CR364 etwa muss vollständig erneuert werden. Consdorf etwa ist derzeit nur mehr über eine einzige Straße zu erreichen. Natürlich gewähren wir diesem Projekt nun eine absolute Priorität. Aber wir können natürlich nicht zaubern und das braucht seine Zeit. Rund ein Jahr werden diese Arbeiten in Anspruch nehmen. Als luxemburgische «Ponts et chaussées» sind wir auf europäischer Ebene vernetzt. Europaweit werden sich in diesem Bereich Gedanken gemacht, was die Verletzlichkeit der Straßeninfrastruktur gegenüber den Folgen des Klimawandels angeht. Auch bei uns ist dies der Fall. Bei unseren neuen Projekten tragen wir dieser Tatsache viel stärker Rechnung.

Jang
3. Juli 2018 - 8.36

Een ganz sympatesche Direkter.
Respekt.