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EditorialDer verlorene Kampf gegen den Demagogen

Editorial / Der verlorene Kampf gegen den Demagogen
US-Präsident Donald Trump bei der ersten Fernsehdebatte gegen Joe Biden Foto: AFP/Saul Loeb

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Donald Trump gebot über die erste „presidential debate“ wie ein absoluter Herrscher über seinen „Etat“: uneingeschränkt, unantastbar und dominant. Wieso ließen die Demokraten das zu?

Joe Biden wird von seinem Lager bewusst als Anti-Trump inszeniert. Die „democrats“ verkaufen ihn als den Mann der leisen Worte, als Mediator und stillen Katholiken, der Amerika von den Wunden heilen will, die Trump aufgerissen hat. Biden soll den Urwald aus Lügen roden, den Trump im Weißen Haus sprießen lässt, er soll Fakten und Ehrlichkeit wieder zurück in die Politik bringen, das ist das Branding. Nach der ersten Debatte ist mehr als zweifelhaft, ob dieser Plan aufgeht. Denn gegen die Unwahrheiten der Demagogen helfen diese Fakten nur dann, wenn man sie auch aussprechen kann. Aber Joe Biden stand während der „presidential debate“ im Wortgewitter Trumps wie ein Reh auf der Landstraße im Scheinwerferlicht eines heranrasenden 40-Tonners.

Der US-Präsident ließ seinen Herausforderer nicht einen einzigen Satz beenden. Und Biden konnte seiner nicht Herr werden, er konnte ihn nicht seiner Lügen überführen, ohne erneut unterbrochen zu werden. Trump schrie und tobte und betrog. Dabei war seine Strategie so einfach wie vorhersehbar und effektiv: Biden hat die mit Abstand besseren Argumente – deshalb lass ihn sie einfach nicht aussprechen.

Biden pausierte, stammelte, lachte ungläubig und verzweifelt und ließ sich wieder und wieder kopfschüttelnd unterbrechen. Er ließ Trump freie Hand. Und der konnte seine wichtigste Karte ausspielen: zeigen, wie stark er ist. Trump war zu keinem Moment auch nur halbwegs beeindruckt von Bidens halbherzigen Attacken oder den wenigen kritischen Fragen des Moderators. Trump wusste alles besser, hatte auf alles eine Antwort oder eine Lüge parat – und wenn nicht, wechselte er einfach das Thema. Innerhalb von Sekunden verwandelte er Angriffe in Gegentreffer. Der Präsident zog das Wahlsystem, das ihn ins Amt brachte, genauso in den Dreck wie das kommende Wahlergebnis und Bidens Sohn. Er tätschelte neo-rechte Gruppen. Er versuchte sogar, den jüngsten Skandal um seine lächerlich geringen Steuerzahlungen in einen Schuss gegen Biden zu verwandeln: Die Steuergesetze, die das ermöglichten, seien ja von den Demokraten gemacht. Und Biden? Ließ all das zu. „That’s not true“, wiederholte er wieder und wieder und wieder. Einmal wusste er sich so wenig zu helfen, dass er sogar seine staatsmännische Fassade fallen ließ – und Trump als „Clown“ bezeichnete. Aber von dem perlte auch das ab. Stoisch und mit ernster Miene belehrte er die Nation darüber, wie gut er das Land im Griff hat. Er ließ seinem Kontrahenten keine Chance. Und nicht wenige Amerikaner werden sich denken: Das sind – immer noch – die Eigenschaften, die sie sich von einem Präsidenten wünschen, wenn es darum geht, einen Handelsvertrag mit China auszuhandeln.

„Immer noch“ – das sind hier die Schlüsselwörter. Denn Trumps Auftritt in der Nacht auf Mittwoch war absolut vorhersehbar. Er hat funktioniert, wie Populisten funktionieren: alle Spielregeln brechen, lügen und betrügen, und das so laut, dass man die Wahrheit erst gar nicht mehr hört.

All jenen Stimmen, die wegen der Kultur der Debatte den Verfall demokratischen Anstands anmahnen, sei gesagt: Darüber sind wir schon lange hinaus. Die Fragen, die sich jetzt vielmehr stellen, sind: Hat das Format der „debates“ mit einem Schreihals wie Trump überhaupt noch einen Sinn? Und wann werden die Demokraten und Bidens Kampagne den Schuss endlich hören – und „Sleepy Joe“ nicht auf einen Kampf gegen einen Politiker mit Anstand vorbereiten, wenn er doch gegen einen Demagogen ohne jede Moral antritt?

CESHA
5. Oktober 2020 - 10.26

Solche Debatten sind genau so sinnlos wie die beliebten Talkshows im Fernsehen: Wer am lautesten schreit und seine "Gesprächspartner" (falls man die überhaupt noch als solche bezeichnen kann) nicht zu Wort kommen lässt, gewinnt.
Das ist aber nicht nur in der Politik so, sondern auch im alltäglichen Leben: Die meisten "Follower" hat der, welcher sich selbst möglichst vorteilhaft in Szene setzt - den Ruhigen, Stillen, welcher vielleicht viel Wesentlicheres zu sagen hätten, hört niemand mehr zu.

winston
3. Oktober 2020 - 9.13

Mais de Problem as,d'Amerikaner wielen hien erem.Dem Vollek as net mei ze hellefen.Wann ech dei Hillbillies um Fernseh gesin bei der Wahlcampagne get et mir schlecht.
Mais USA sin deif gespleckt an am Fall vun enger 2.Amtszeit vum Trump riskeiert dat Land an eng Sort Birgerkrich ze verfalen.

luc jung
2. Oktober 2020 - 9.25

Diese Niete ist den USA unwürdig. Trump benahm sich wie ein wild gewordenes Trampeltier. Sein Gegner Biden kann nur besser sein.

Miette
1. Oktober 2020 - 22.27

Ich hatte es mir angetan und das "Gespräch" teilweise verfolgt.
Trump benahm sich wie ein Kleinkind, welches im Supermarkt auf dem Boden rum zappelt und nach einer Runde in der kleinen Rakete plärrt?
Die USA sind eine Weltmacht, geführt von einem Kleinkind in Gestalt eines nicht ganz weisen Opa??
Und ich befürchte der Clown bleibt uns erhalten. Mal hoffen ich irre mich gewaltig?

HTK
1. Oktober 2020 - 9.30

Er hat seine Unverschämtheit ja schon gegen Clinton eingesetzt und gewonnen. Und solange der Präsident von Wahlmännern und nicht von Wählern bestimmt wird bleibt's schwer.

de Prolet
1. Oktober 2020 - 9.30

Wie ist mit diesem Schreihals, Lügner, Hetzer und Demagogen überhaupt ein Streitgespräch möglich? Der kann doch nur brüllen , beleidigen und provozieren. Es gibt ein Sprichwort laut dem, wer Angst hat schreit. Demnach müsste Trump eine Menge Angst haben. Joe Biden wäre gut beraten sich beim nächsten TV Duell, einfach nicht mitTrump einzulassen und sich auf sein Programm zu fokussieren. Mr. President oder den Clown schlichtweg ignorieren!