Die Flüchtlingspolitik, die Entwicklung in Europa, der Brexit und die Positionierung Europas in der Welt waren die wichtigsten Themen, die am Mittwoch im Rahmen der außenpolitischen Debatte im Mittelpunkt standen.
Nachdem Außenminister Jean Asselborn die großen Linien der Luxemburger Außenpolitik den Abgeordneten unterbreitet hat, kamen diese gestern zu Wort. Der außenpolitische Sprecher der CSV, Laurent Mosar, ging in seinem «Tour d’horizon» u.a. auf die Lage in Syrien ein. Hierbei kritisierte er das Vorgehen der Türkei besonders scharf. Das Land, mit dem immer noch Verhandlungen über einen EU-Beitritt geführt würden, sei dabei, sich immer mehr von der EU abzuwenden und die europäischen Standards aufzugeben. «Ich würde mich schämen, wenn die Türkei ein Mitgliedstaat der EU wäre», so Mosar.
Die fortschreitende radikale Islamisierung in vielen Ländern bereitet Mosar Sorgen. Aber auch die Entwicklung in anderen Ländern. So etwa Südafrika, wo ein Gesetz gestimmt wurde, dass die Enteignung von weißen Farmern ohne Entschädigung ermöglicht. Im Ukraine-Konflikt befinde sich Russland noch immer in einer Eskalationslogik. Sollten die rezenten Vorwürfe der britischen Regierung in Sachen Attentate auf frühere russische Spione in Großbritannien zutreffen, dann müsse sich die EU hinter die Briten stellen, da beide für die westliche Wertegemeinschaft stehen. Die Strafzölle von US-Präsident Donald Trump auf europäischem Stahl seien für die EU inakzeptabel, auch wenn es dabei um reine US-Innenpolitik gehe. Die Entwicklung zeige aber, wie wichtig Freihandelsabkommen seien. Der Protest hiergegen sei gut gemeint, aber falsch angepackt, so Mosar.
«Niemand will zurück»
Eine noch größere Abschottungspolitik vor allen Dingen gegenüber der afrikanischen Migration würde laut Mosar keinen Rückgang des Flüchtlingsstromes bewirken. Dieser werde auch nicht geringer, wenn die Armut in Afrika gesenkt werden könne. Es wolle niemand zurück. Als Beleg verwies er auf einen speziell eingerichteten Schalter für freiwillige Rückkehrer aus Europa am Flughafen in Dakar, Senegal. Dieser sei immer leer. Dennoch sei es wichtig, am Abbau des Wohlstandsgefälles zwischen Nord und Süd zu arbeiten. Allerdings bedürfe es hierfür einer gesamteuropäischen Lösung. Die EU, die in den letzten Jahren einige Rückschläge habe einstecken müssen, müsse generell mit einer Stimme sprechen und verstärkt in eine eigene Sicherheitspolitik investieren.
Marc Angel (LSAP) begrüßte vor allen Dingen den Stellenwert Luxemburgs in der internationalen Politik. Diese sei besonders auf Außenminister Jean Asselborn zurückzuführen, der wegen seiner offenen und freien Sprache zu wichtigen Themen weltweit Anklang finde. In Sachen Brexit bedauerte er, dass die EU ihre Positionen klar vorgelegt habe, während von den Briten bislang nicht viel gekommen sei.
Vorwürfe zurückgewiesen
Gusty Graas (DP) plädierte u.a. dafür, dass Großbritannien auch nach dem Brexit ein wichtiger Sicherheitspartner bleiben wird. Zu hoffen sei weiter, dass der deutsch-französische Motor mit Macron und Merkel bald wieder voll laufen werde. Entschieden wies Graas den früheren Vorwurf der ehemaligen EU-Kommissarin zurück, einer Dame mit vielen Fähigkeiten und großen Ambitionen, die der Regierung vorgeworfen hatte, nicht genügend europäische Präsenz zu zeigen. «Warum kommen denn all diese vielen Gäste und Politiker nach Luxemburg? Doch wohl nicht, um hier einmal eine Tasse Kaffee zu trinken», so Graas.
Claude Adam («déi gréng») plädierte u.a. für ein neues europäisches Landwirtschaftsmodell, um den Landwirt aus den Fängen der aktuellen Produktions- und Verteilungspolitik zu befreien. Fernand Kartheiser (ADR) holte zum Rundumschlag aus. Die Türkei wolle man in der EU, Ungarn und Polen aber am liebsten raus. Von den USA sollte man sich nicht zu weit entfernen. Die Arbeit der Vereinten Nationen fuße auf Ideologie, der Brexit hätte vermieden werden können, die Europapolitik der Regierung sei falsch. Als er auch noch das Flüchtlingshilfswerk der UNO kritisierte, hielt Asselborn ihm entgegen: «Sie sind doch eine Zeit lang Diplomat gewesen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie unser Land mit einer solchen Mentalität vertreten haben.»
David Wagner («déi Lénk») lobte die Politik von Asselborn. Auch im israelisch-palästinensischen Konflikt. Luxemburg solle Palästina sofort anerkennen und nicht warten, bis auch andere Länder dies getan haben. Claudia Dall’Agnol zeigte anhand des Beispiels Italien auf, wie durch unseriöse, nationale, populistische Politik die Europaskepsis zunehme, während die Oberen sich weiter bereichern. Sie kritisierte auch den Umgang mit Politikern in den sozialen Medien. Rechtspopulismus sei in Luxemburg salonfähig geworden.
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