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EditorialDer Investor: Fußball-Rekordmeister Jeunesse vor, zurück oder im Kreis?

Editorial / Der Investor: Fußball-Rekordmeister Jeunesse vor, zurück oder im Kreis?
Luxemburgs Fußball-Rekordmeister ist ins Straucheln geraten. Abhilfe kommt nun aus Griechenland. Foto: Le Quotidien/Luis Mangorrinha

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Der internationale Fußball wird gemeinhin als Spielball der Milliardäre und Finanzzocker bezeichnet. Spätestens seit den Berichten der Enthüllungsplattform „Football Leaks“ ist das schmutzige Geschäft rund um den Fußball bekannt. Es geht dabei stets um viel Geld. 

Was bewegt einen Ausländer, in den Luxemburger Fußball zu investieren? Welches „Return on invest“, also welche Rendite, erhofft er sich von einer Meisterschaft, die kaum TV- oder Sponsorengelder generiert? Seit Samstag ist der prestigeträchtigste aller Luxemburger Vereine in griechischer Hand. Rekordmeister Jeunesse Esch, der seit vielen Jahren schon den eigenen Ansprüchen hinterherhinkt, ist der erste Verein des Landes, der einen regelrechten Investor aus dem Ausland hat, sieht man einmal von einer skurrilen brasilianischen Episode beim Hauptstadtverein RFCUL 2012/2013 ab. 

Die Jeunesse-Mitglieder mussten einer Statutenänderung zustimmen, denn die Kandidaten aus Kreta waren noch kein Jahr im Klub. Diese Voraussetzung für ein Mandat sollte den Verein eigentlich vor einer Einflussnahme von „außen“ schützen. Also bekleiden die Griechen nun den Posten des Präsidenten und des zweiten Vizepräsidenten und haben die Macht bei der Jeunesse übernommen.

Mitunter hinterlassen Investoren im Fußball bei einem Rückzug einen Scherbenhaufen. Beispiele gibt es in Europa zuhauf. Dass die Jeunesse-Mitglieder der Satzungsänderung dennoch zustimmten, hat viel mit der aktuellen Situation des Vereins zu tun. Nach einer aus sportlicher Sicht verheerenden Saison und der Corona-Krise fehlt an allen Ecken und Enden das Geld, um auch zur kommenden Saison konkurrenzfähig zu sein. Und  konkurrenzfähig zu sein, heißt nun mal bei einer Jeunesse, oben mitzuspielen. Zumindest finanziell glich die Situation des Vereins also einem Scherbenhaufen.

Die 16-jährige Präsidentschaft von Jean Cazzaro beim Rekordmeister war, gelinde ausgedrückt, ernüchternd. Sie steht sinnbildlich für den Niedergang des einstmals stolzen Rekordmeisters. Zu Cazzaros Verteidigung muss gesagt werden, dass er einen bereits taumelnden Verein von seinen Vorgängern übernahm und zu einer Zeit anfing, als die Vormachtstellung eines gewissen Flavio Becca im Luxemburger Fußball schon zementiert war. Was nicht entschuldigt, dass der Verein in Cazzaros Amtszeit 16 Trainer verschliss, kein längerfristiges sportliches Konzept verfolgte und zudem die Jugendarbeit jahrelang sträflich vernachlässigte. 

Zu was Investoren im Fußball fähig sind, bewies ebenjener Flavio Becca. Der F91 Düdelingen dominierte dank seinem Geld die nationale Meisterschaft 20 Jahre lang quasi nach Belieben. Die Konkurrenz wurde finanziell zum Aufrüsten gezwungen. Mit dem Ergebnis, dass zu viel Geld in der Luxemburger Meisterschaft zirkuliert. Und kurz nachdem Becca mit den Düdelingern auch auf europäischer Ebene das Optimum für einen luxemburgischen Verein herausgeholt hatte, gab er seinen Rückzug aus der „Forge du Sud“ bekannt. In Zukunft wird er sein Geld in Hesperingen investieren, den dortigen FC Swift wohl zum Serienmeister machen.

Gleichzeitig hinterließ Becca beim belgischen Zweitligisten Virton den bereits angesprochenen Scherbenhaufen. Und in Kaiserslautern scheint der Geschäftsmann nach der Planinsolvenz des Klubs wenig Glück zu haben.

Am Beispiel Becca wird deutlich, dass das Wohl eines Vereins nicht immer das Hauptanliegen eines Investors ist. Und genau deshalb sehen Fußballfans Investoren kritisch. Nur: Wer die Kapelle bezahlt, der bestimmt die Musik. Bei der Jeunesse wird nun Sirtaki getanzt. Vor, zurück oder im Kreis.     

Grober J-P.
21. Juli 2020 - 9.44

Und es ging bergab. "Ehrlichen" Sport gibt es schon lange nicht mehr. Warum investieren Millionäre in Sportvereine?