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PorträtDer flugbegeisterte Tausendsassa – Der Sportpilot und Gründer des Luftfahrtmuseums Gaston Kohn

Porträt / Der flugbegeisterte Tausendsassa – Der Sportpilot und Gründer des Luftfahrtmuseums Gaston Kohn
Gaston Kohn, selbst Sportpilot, rettet viele private Fundstücke, die er als Spenden erhält Foto: Editpress/Claude Lenert

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Gaston Kohn (72) will nicht berühmt werden. Das sagt er gleich vorweg, noch bevor ein Wort zu seiner Geschichte gefallen ist. Dabei hat er viel bewegt und genauso viel zu erzählen. Wären er und ein Versprechen nicht gewesen, gäbe es heute womöglich das Fliegermuseum in Mondorf nicht.

Wenn er vom Gefühl beim Fliegen erzählt, leuchten die Augen von Gaston Kohn. „Das ist Freiheit“, sagt er. „Es ist einfach wunderschön.“ Er ist passionierter Sportpilot, Museumsgründer und kennt viele Details aus der Luftfahrtgeschichte des Landes. Eines dieser Details ist die Geschichte, wie Esch/Alzette zum internationalen Flughafen wird. Das war in den 30er Jahren. Eine große Wiese diente damals schon Sportfliegern zum Starten und Landen ihrer Maschinen.

Lëtzebuerger Fligermusée

Das Museum eröffnete nach dreimonatiger Einrichtungsphase im Juni 2012. Beim Aufbau halfen Gaston Kohn noch Ernest Kirpach, Camille Montaigu und Georges Obertin. Adresse: avenue des Bains, Pavillon „Kind“  L-5601 Mondorf-les-Bains, Telefon: (+352) 23 66 69 69, geöffnet von Mittwoch bis Sonntag von 14.00 bis 18.00 Uhr, Organisation von Gruppenbesichtigungen: 621 155 531 oder per E-Mail: info@almpa.lu

1938 jedoch landet erstmalig eine Havilland DH-89 aus dem englischen Croyden in der Minettestadt, um Schallplatten für die englischsprachige Ausgabe von RTL zu liefern. „The Luxemburg Listener“ steht in großen Lettern auf dem Flugzeug. „Damit wurde Esch zum internationalen Flughafen“, sagt Kohn. In der Zeit danach entwickelt sich der Flughafen zum Umschlagplatz für Musik auf Vinyl. Die EU gibt es damals noch nicht.

Umgekehrt gelangen Schallplatten von europäischen Konzerten vom Minett aus nach England, was dem Botschafter Großbritanniens so gar nicht gefällt. Regelmäßig beschwert er sich beim Außenministerium. Genutzt hat es nichts. Erst 1940 beendet der Zweite Weltkrieg das Treiben, wie aus den Schautafeln des „Lëtzebuerger Fligermusée“ in Mondorf hervorgeht. Dass es dieses Museum gibt, ist Kohns Pioniergeist und einem Versprechen zu verdanken.

Per Zufall zum Fliegen

Er landet eher per Zufall bei dem Gefühl über den Wolken. Ein Kollege aus dem Polizeikorps, selbst Pilot, lädt ihn auf einen Flug nach Belgien ein, und es ist um ihn geschehen. „Von da an war ich besessen“, gesteht er und will in jeder freien Minute hoch hinaus. 1974 erwirbt er die Fluglizenz, 1976 kommt die Nachtfluglizenz hinzu, noch einmal vier Jahre später die Lizenz als Fluglehrer. 23 Jahre bildet Kohn selbst Sportflieger aus und kommt allein in dieser Zeit auf 6.000 Flugstunden.

Mit einem seiner Ausbilder, René Bourkel, hält er Kontakt bis zu dessen Tod 1994. Dieser begeistert sich für die Luftfahrgeschichte und betreibt ein kleines improvisiertes Museum in Esch. Er sammelt Flugzeugmotoren und besitzt Kisten voller Dokumente. Bourkels größte Sorge zu Lebzeiten ist, was mit seiner Sammlung passiert, wenn er sie nicht mehr darum kümmern kann. Kohn verspricht ihm nicht nur, die Sammlung zu bewahren, sondern damit ein Museum aufzubauen.

Nach 1994 lagert er alles bei sich ein. An den Tag, als er mit seinem Anhänger in Esch aufkreuzt, kann er sich noch genau erinnern. Es war kalt und auf den Straßen war es glatt. Um an weitere Fundstücke und mögliche Exponate zu kommen, macht er über die von ihm und anderen Sportpiloten gegründete Asbl. „Association luxembourgoise pour le maintien du patrimoine aéronautique“ (Almpa) Aufrufe.

Private Spenden

Es kommt einiges aus Privatbesitz bei der Almpa an, weil Kohn kurz nach dem Anruf vor der Haustür des Spenders steht und die Fundstücke rettet. Heute sagt er eher beiläufig, wie es seiner Art entspricht, dass die meisten Exponate bei der Eröffnung des Museums 2012 aus seiner Garage stammten. Lange jedoch bleiben die Fundstücke für die Öffentlichkeit unzugänglich im Verborgenen, weil ein Raum für ein mögliches Museum fehlt.

In dieser Zeit widmet sich Kohn den Kisten mit den Dokumenten aus dem Nachlass seines ehemaligen Fluglehrers. Sechs Jahre braucht er, um die Chronik der Geschichte der Luftfahrt zu sichten. Wie beim Fliegen ist es um ihn geschehen. „Ich habe mich nie für die Geschichte interessiert“, sagt er. „Aber da war ich dann drin und kam nicht mehr heraus.“ Er entdeckt unter anderem die Geschichte um Lou Hemmer (1904-1987), einen der bekanntesten Luftfahrtpioniere des Landes.

Früher war Fliegen mit viel Tüftelei und Reparatur verbunden. Mit „holpern, stolpern und dann reparieren“ gibt Kohn den damaligen Zeitgeist der Starts und vor allem Landungen wieder. Hemmer soll es gewesen sein, der die Wiese beim Findel entdeckt hat, wo heute Luxemburgs internationaler Airport steht. Sein Konterfei ist auf den musealen Informationstafeln genauso zu sehen wie das Plakat der ersten Internationalen Flugwoche in Mondorf.

Mondorf: Heimat der Sammlung

Der Industrielle Charles Bettendorf, der sonst sein Geld mit abgefülltem Thermalwasser verdient, veranstaltet sie 1910, um die Fliegerei im Land populär zu machen. Kohn hat die Geschichte dieser Pioniere in einem Film verarbeitet. „1909“ fasst sie in 45 Minuten zusammen, der Film läuft im Museum. Den Gedanken daran, dass die Geschichte der luxemburgischen Luftfahrt irgendwann vergessen wird oder auf einer Mülldeponie landet, hätte Kohn nicht ertragen.

Er kennt noch andere Zeiten. Fast schon belustigt und mit leichtem Sarkasmus macht er vor, wie er im Zweifingersystem früher als Polizist anfangs noch auf einer Schreibmaschine seine Berichte verfasst. Und er ehrt die Verpflichtung, die jemand eingeht, der ein Versprechen leistet. Um es einzulösen, braucht er nur noch einen geeigneten Platz. Die Suche gestaltet sich allerdings zäh.

Erst bei der früheren Bürgermeisterin von Mondorf, Maggy Nagel (DP), stößt er auf offene Ohren, als er auch sie nach Räumlichkeiten fragt. Der Pavillon „Kind“ im Park der Thermalanlage wird nur zeitweise für Ausstellungen genutzt und dient sonst als Platz zum Überwintern. „Ich weiß noch genau, wie hier die Palmen im Winter standen“, sagt Kohn über seinen ersten Besichtigungstermin. Als der Deal mit dem Direktor des „Domaine“ steht, hat er genau drei Monate Zeit, das Museum aufzubauen.

Stolz auf sein Ehrenamt 

Es ist eine aufregende Zeit als Kurator. Wenn Kohn davon erzählt, ist die Aufbruchstimmung und der Pioniergeist von damals greifbar. Darauf, dass gleich drei Prinzen der großherzoglichen Familie bei der Einweihung des Museums am 15. Juni 2012 anwesend sind, ist er stolz. „Das war ein schöner Tag“, sagt er. Das Museum ist mittlerweile eine Attraktion und vor allem an den Wochenenden gut besucht. Sich damit zu brüsten, käme ihm trotzdem nicht in den Sinn.

Wenn es etwas gibt, worauf er wirklich stolz ist, dann dass er Sammlung und Museum ehrenamtlich aufgebaut hat, genauso wie er seine Flugschüler ehrenamtlich ausbildet. Und noch etwas macht er ohne Auftrag und Entlohnung und gibt es weiter: Kohn komponiert. Der Marsch, den er für die Freiwillige Feuerwehr komponiert hat – das ist nur eines der Stücke, deren Autor er ist –, wird immer noch gespielt. Bei so viel Aktivitäten und gesellschaftlichem Engagement nimmt man es ihm sofort ab, dass es seiner Meinung nach viel zu schnell gegangen ist, mit den 72 gelebten Jahren seines Lebens.