Der AfD-Vorsitzende Alexander Gauland bezeichnet die Nazi-Diktatur als «Vogelschiss» der deutschen Geschichte. Italiens neuer Vizepremier Matteo Salvini ist knapp im Amt und hetzt gegen Ausländer. Überall herrscht Empörung. Dabei ist das alles rechte Strategie. Das sind keine Versprecher, das ist alles genauso gemeint, wie es gesagt ist. Und die Strategie geht bislang auf.
Knapp an der Macht, kommen die ersten Schocker. Lega-Chef Salvini hat mit seinen Äußerungen über Flüchtlinge am Wochenende in Italien für viel Empörung gesorgt. Überraschen sollten die Aussagen allerdings nicht. Die Lega ist eine rechtsextreme Partei, das wird sich nicht ändern. Erstens hat sie aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt, die andere rechten oder neofaschistischen Parteien in Italiens Politik gemacht haben. Zweitens ist, was Salvini macht, kein Zufall, es ist Strategie.
Italiens jüngere politische Geschichte ist reich an Parteien aus dem rechten, rechtsextremen sowie Faschismus-nahen Spektrum. Die meisten blieben klein. Andere kamen und gingen wieder. Als warnendes Beispiel dürfte Salvini das Schicksal der Alleanza Nazionale (AN) dienen.
Die AN entstand 1995 aus dem neofaschistischen Movimento Sociale Italiano (MSI) heraus. Zu der Zeit fing der Parteichef Gianfranco Fini an, leicht an der Ausrichtung der AN zu drehen. Irgendwann war aus einer neofaschistischen Bewegung erst eine rechtsextreme und schließlich eine rechtskonservative Partei geworden. Der Wechsel bedeutete ihr Ende. Die Partei löste sich 2009 auf, ihre Mitglieder stiegen bei Berlusconis Il Popolo della Libertà ein.
«Renverser la table»
In ihrem Logo hatten MSI und später AN die lodernde Flamme, die auch das Symbol des französischen Front national ist (der seit seinem Namenswechsel am Freitag Rassemblement national heißt). Parteichefin Marine Le Pen erhob diese Episode rechtsextremer Politik in Europa wiederholt zum warnenden Beispiel: Wer sich zu sehr an das System anpasst, um an ihm teilzunehmen, der verliert seine politische Trennschärfe. Um am rechtsextremen Rand für Wähler attraktiv zu bleiben, müssen diese Parteien einen subversiven, umstürzlerischen Kern behalten.
Le Pen pflegt immer wieder das Bild des «Renverser la table», den Tisch umschmeißen, so dass nichts mehr ist, wie es war. Daran wird auch der neue Name nichts ändern, auch wenn mit dieser Umänderung laut Le Pen eine «Entdämonisierung» der Partei vorangetrieben werden soll. Die Namensänderung «schließt ein Kapitel» der Parteigeschichte, aber nur, «um ein anderes aufzuschlagen», sagte Le Pen.
In der Regierung und doch gefährlich
Europas rechte Parteien arbeiten eng zusammen. Im Europaparlament bildet ein Teil von ihnen die Fraktion Europa der Nationen und der Freiheit (ENF). Dabei sind unter anderem der FN, die Lega, die niederländische Partij voor de Vrijheid (PVV), der belgische Vlaams Belang und die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ).
Allen gemein ist, dass sie Le Pens Strategie verinnerlicht haben. Auch die FPÖ, die seit vergangenem Dezember in Wien mitregiert, hat ihre Sprache nicht abgeschwächt. Sie hetzt weiter gegen Ausländer, den Islam und Flüchtlinge. Sie greift weiter die Institutionen der EU an. Sie macht weiter vor, noch lange nicht am Ziel zu sein – all das Umstürzlerische, Staatsfeindliche, zu dem Le Pen ihren Gesinnungsgenossen riet, pflegt auch die FPÖ weiter. Die Partei bleibt damit gewissermaßen weiter «gefährlich», obwohl sie in der Regierungsverantwortung ist, und damit weiterhin attraktiv für Wähler vom rechten bis rechtsextremen Rand.
Die Botschaft hat den Empfänger längst erreicht
In diesem Kontext sollten nicht nur Salvinis Äußerungen über Flüchtlinge vom Wochenende gesehen werden. Die «Zeit des Schlemmerlebens ist vorbei». Es werde Zeit, dass sie die Koffer packten, und er werde als Minister dafür sorgen, dass diese «Clandestini» in großer Zahl abgeschoben würden.
Die deutsche AfD ist im Europaparlament nicht Mitglied der ENF-Fraktion (nur der ehemalige AfDler Markus Pretzell ist dabei). Nach den Europawahlen im kommenden Jahr könnte sich das aber ändern. Die Äußerungen des AfD-Vorsitzenden Alexander Gauland vom Wochenende fügen sich in dieses strategische Muster der anderen rechten Parteien ein. Auf einer Veranstaltung der AfD-Nachwuchsorganisation Junge Alternative im deutschen Bundesland Thüringen bezeichnete Gauland die Nazi-Diktatur als «Vogelschiss» der deutschen Geschichte. «Liebe Freunde», sagte er vor dem Parteinachwuchs, «Hitler und die Nazis sind nur ein Vogelschiss in über 1.000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte.»
Die Aussage wird allgemein als Verharmlosung der Nazi-Verbrechen kritisiert. Genau das soll sie auch sein. Denn ist die Botschaft erst einmal unter den Menschen, lässt sie sich immer noch abschwächen. Sie hat bis dahin ihre Empfänger längst erreicht und damit ihren Dienst getan. Die Rechtsextremen wissen weiter, wo ihre politische Heimat ist, alle anderen sind empört – die genannten Parteien sind weiter subversiv und sichern sich ihre Wählerzustimmung. Ihre Strategie scheint aufzugehen.
Kurz,Stracher,Gauland,...Allein die Namen kommen einem bekannt vor. Nur die Leute tragen Anzug mit Kravatte statt schwarzer Uniform. Diese Sturmstaffeln der Neuzeit wurden gewählt.Das macht Sorge. Aber vielleicht werden sich solche Parteien bald als Fliegenschiss erweisen