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KommentarDas grüne „Féckmillchen“: Warum es nach Dieschbourgs Rücktritt mehr Verlierer als Gewinner gibt

Kommentar / Das grüne „Féckmillchen“: Warum es nach Dieschbourgs Rücktritt mehr Verlierer als Gewinner gibt
Sichtlich bewegt und mit stockender Stimme hatte sich Dieschbourg am Freitag bei ihren Mitarbeitern bedankt. Die Ministerin zeigt Größe, stürzt aber Partei und Regierung in eine Krise, findet unser Kommentator. Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Ein Gartenhaus in Differdingen kommt die Grünen teuer zu stehen: Zweieinhalb Jahre nach „député maire“ Roberto Traversini hat nun auch Umweltministerin Carole Dieschbourg ihren Hut genommen. Dass Politiker Fehler begehen und dafür geradestehen, hat zumindest in Luxemburg Seltenheitswert. Nur: Dieschbourg hält weiter daran fest, in dieser Affäre keinen Fehler begangen zu haben. Dennoch stürzt sie Partei und Regierung in eine Krise.

Dieschbourgs Verdienste sind unumstritten. Sie gilt als fleißig und zielstrebig. Mit ihrem Einsatz und ihren Dossierkenntnissen hat sie sich bei Mitarbeitern und Amtskollegen gleichermaßen Respekt und Anerkennung erarbeitet. Auch wenn manche Beschlüsse des Umweltministeriums nicht immer Anklang in der breiten Öffentlichkeit finden, so kommt Dieschbourgs Rücktritt vor dem Wahljahr 2023 einem politischen Erdbeben gleich. Von allen Parteien in Luxemburg haben „déi gréng“ die stabilste Wählerbasis, die sich in erster Linie mit nachhaltigen Werten identifiziert. Allerdings mussten die Grünen zuletzt auch einige Kompromisse eingehen. In einer Partei, die immer mehr zur Mitte rückt, gehört Carole Dieschbourg deshalb zu den wenigen Galionsfiguren, die im Superwahljahr 2023 sowohl liberale Jungwähler als auch ökologische Stammwähler hinter sich hätte vereinen können.

In einer offiziellen Mitteilung des Ministeriums zeigt sich Dieschbourg am Freitagmorgen noch kämpferisch: Die Aufhebung ihrer Immunität als Ministerin sei die einzige Möglichkeit, ihre Erklärungen in die Ermittlungen mit einfließen zu lassen. Auch werde dadurch der Weg frei, endlich einen Schlussstrich unter eine Affäre ziehen zu können, bei der sie sich nichts habe zuschulden kommen lassen. Deshalb soll das Parlament der Aufhebung doch bitte zustimmen.

Liest sich eigentlich wie die Erklärung einer Ministerin, die bereit ist, für Amt und Unschuld zu kämpfen. Knapp anderthalb Stunden später dann der Paukenschlag: Um das Parlament nicht zusätzlich zu belasten und ihre Mitarbeiter zu schützen, stelle sie ihren Posten zur Verfügung. Eigentlich eine lobenswerte Entscheidung – bliebe da nicht die Frage, was die Ministerin innerhalb kürzester Zeit zu diesem dramatischen Kurswechsel bewegt hat. Warum sich Dieschbourg gegen einen politischen Spießrutenlauf in der Chamber und für eine Schwächung von Partei und Regierung entschieden hat, wird vorerst ihr Geheimnis bleiben. Fest steht nur, dass es in diesem grünen „Féckmillchen“ augenblicklich mehr Verlierer gibt als Gewinner.