Angesichts der Ergebnisse, die die CSV seit Jahrzehnten in der südöstlichen Randgemeinde von Luxemburg-Stadt verbucht, ist der Ausdruck „Hochburg“ mehr als zutreffend. Seit mehr als 50 Jahren kennt die Ortschaft nur CSV-Bürgermeister. Doch nicht nur das: Bei den beiden vorherigen Gemeindewahlen (2017 und 2011) gelang es der Partei, ihr schon beachtliches Ergebnis der vorherigen Wahlen noch zu verbessern. 2005 errang sie sechs Sitze, 2011 waren es sieben, und 2017 dann acht und damit die absolute Mehrheit. Die Mannschaft um Bürgermeister Marc Lies erlangte mit 45,76 Prozent landesweit das viertbeste Resultat einer CSV-Liste.
Seit den letzten Wahlen von 2017 überschritt die Einwohnerzahl die 15.000er-Marke, was bedeutet, dass sich der nächste Gemeinderat aus 17 statt wie bisher 15 Mitgliedern zusammensetzt. Fortan braucht es also mindestens 9 Mandate für die Mehrheitsbildung. Das Resultat zu halten, oder gar zu verbessern, ist demnach schwieriger geworden.
Die Gemeinde stand in den letzten Jahren vor allem wegen des Skandals um die Veruntreuungsaffäre, wobei Gemeindebeamte fünf Millionen Euro stahlen, im Rampenlicht. Ob diese Affäre nun genügt, um den Höhenflug der Christsozialen zu stoppen, muss sich noch zeigen.
Dass die Kommune durch die Affäre einen Imageschaden erlitten hat, dessen ist sich Marc Lies bewusst. Ob sich das nun in den Wählerstimmen widerspiegeln könnte, darüber spekuliert er nicht. Bei unserem „Micro-trottoir“ vor ein paar Wochen in der Gemeinde wurde die Sache jedenfalls von keinem der Befragten erwähnt. Auch hat die Mehrheit einiges vorzuweisen: Als „projets phare“ der letzten Jahre nennt Lies das neue Wohnviertel in Alzingen mit 70 Wohnungen und die Fertigstellung des Multifunktionszentrums CELO, des Weiteren die neue Sporthalle auf dem Holleschbierg.
Nicht alles schwarz oder weiß
„Ja, es ist nicht alles schwarz oder weiß“, sagt der DP-Vertreter im Gemeinderat, Henri Pleimling „Wir waren ja nicht prinzipiell gegen alles, was der Schöffenrat beschlossen hat, und es wurde ja einiges in den vorigen sechs Jahren geleistet“, gibt er zu. „Wir konnten z.B. endlich nach zehn Jahren den allgemeinen Bebauungsplan (PAG) abschließen.“ Auch das Erreichte in Sachen Wohnungs- und Schulbau redet Pleimling nicht klein.
Fundamentalopposition gab es auch nicht von der kleinsten Partei im Gemeinderat, der LSAP. Deren Vertreterin Rita Velasquez unterstreicht, dass sie durchaus auch Projekte der Mehrheit mitgetragen habe, den PAG allerdings nicht, „weil ich zu keinem Zeitpunkt an der Ausarbeitung des Entwurfs beteiligt war“.
Eine überragende Rolle (im negativen Sinne) spielt in der Gemeinde der starke Verkehr; ein Thema, bei dem alle Parteien an einem Strang ziehen. Obwohl die Lösung – die Umgehungsstraße – eine nationale Angelegenheit sei, könnte trotzdem mehr auf lokaler Ebene getan werden, sagt DP-Mann Pleimling. „Wir müssen unsere Strukturen dezentralisieren und sollten nicht alles in Hesperingen konzentrieren, sonst gehen andere Viertel, wie z.B. der Howald, leer aus.“ Es gebe einiges, was die DP anders angepackt hätte, aber das seien oft Sachen, die das Publikum nicht mitbekomme. Wie z.B. die Projekte City-Bus und Waldfriedhof. Pleimling spricht von halbherziger Umsetzung kurz vor den Wahlen.
„Mehr machen“ wünschen sich auch „déi gréng“ in Sachen Mobilität – vor allem für die sanfte. „Ja, es wurden zwölf Kilometer Fahrradwege geschaffen“, sagt der grüne Spitzenkandidat Stephen De Ron, „aber es sind eher solche, die man am Wochenende benutzt, um spazieren zu fahren.“ Die kürzesten Wege für die tagtäglichen Besorgungen seien noch immer dem Auto vorbehalten.
Kommunikationsprobleme
In einem Punkt sind sich „déi gréng“, DP und LSAP einig: Die Kommunikation vonseiten der Mehrheit sei schlecht. „Vielleicht ist das so, wenn man die absolute Mehrheit hat“, sagt Henri Pleimling, „aber ich finde die Kommunikation seitens des Schöffenrats gelinde gesagt schwer verbesserungsfähig, oder richtiger: unter aller Sau.“
Rita Velasquez drückt sich etwas diplomatischer aus: „Ich würde mir wünschen, dass die Meinungen aller gewählten Vertreter des Gemeinderats berücksichtigt werden und dass alle Informationen über die Funktionsweise der Gemeinde zumindest den gewählten Vertretern zugänglich sind.“
In die gleiche Kerbe schlägt der grüne Spitzenkandidat. Ja, das mit der Kommunikation sei so eine Sache, so Stephen De Ron. Oft bekomme man Dokumente sehr kurzfristig zugestellt (De Ron vertritt seine Partei in zwei beratenden Gemeindekommissionen). Sich dann vorzubereiten, sei schon schwierig. Auch würde im Gemeindeblatt, „de Buet“ vor allem die Sichtweise der Mehrheit wiedergegeben. Mehr Transparenz sei wünschenswert. „Da bedarf es noch großer Anstrengungen, schließlich sind auch die Vertreter der Opposition vom Bürger gewählt.“
Die Kritik mangelnder Kommunikation weist Bürgermeister Marc Lies indes entschieden zurück. „Im Sinne von mehr Bürgerbeteiligung haben wir sehr viele Workshops zu verschiedenen Themen wie Mobilität, Kultur oder Wohnungsbau organisiert. Diese standen allen Bürgern offen, also auch den Gemeinderatsmitgliedern. Zudem haben wir 2017 beschlossen, dass sie die notwendigen Dokumente zehn Tage vor der jeweiligen Sitzung erhalten. Das ist fünf Tage früher, als das Gesetz es vorsieht.“
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können