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Etat de la nation„Blabla“, „Aktivitätsbericht“ oder doch „staatsmännisch“: Abgeordnete reagieren auf Ankündigungen von Premierminister Bettel

Etat de la nation / „Blabla“, „Aktivitätsbericht“ oder doch „staatsmännisch“: Abgeordnete reagieren auf Ankündigungen von Premierminister Bettel
Für den DP-Fraktionsvorsitzenden Gilles Baum war es nicht Bettels letzte Rede zur Lage der Nation Foto: Editpress/Hervé Montaigu

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Wenn mit „Blabla“, „Aktivitätsbericht“ und einer „staatsmännischen Rede“ ein und dasselbe umschrieben wird, kann fast nur die Rede zur Lage der Nation gemeint sein. Die politischen Reaktionen der Parteien nach Premierminister Xavier Bettels Exkurs zur Lage des Landes lassen sich wenig überraschend nach parteipolitischer Zugehörigkeit ordnen. Geht es nach dem DP-Fraktionsvorsitzenden Gilles Baum, war es trotz anstehender Wahlen nicht das letzte Mal, dass Xavier Bettel in der Form vor die Chamber tritt. 

Premierminister Xavier Bettel philosophierte am Dienstag in seiner Rede zur Lage der Nation zwei Stunden lang über die Vergangenheit und Zukunft Luxemburgs. Zwei Tripartite-Runden, Wohnungsbau- und Klimakrise sowie die steigenden Energiepreise infolge des Ukraine-Krieges galt es einzuordnen. Die politischen Reaktionen auf Bettels Rede reichten nach seinem Zwei-Stunden Monolog in der Chamber von „staatsmännisch“ bis „viel Blabla“.

LSAP-Fraktionsvorsitzender Yves Cruchten
LSAP-Fraktionsvorsitzender Yves Cruchten Foto: Editpress/Hervé Montaigu

Wenig überraschend lassen sich diese nach parteipolitischer Couleur einordnen, meinte auch der LSAP-Fraktionsvorsitzende Yves Cruchten. „Es ist doch immer wieder das gleiche Spiel, dass die Opposition alles schlecht findet und die Regierungsparteien hingegen alles in den Himmel loben“, sagte Cruchten nach der Rede von Xavier Bettel. Die Regierung habe aber viel geleistet und habe auch in Zukunft noch vieles vor. „Premierminister Xavier Bettel hat den Menschen im Namen der Regierung Sicherheit und Vertrauen gegeben.“ Sei es im wirtschaftlichen oder gesundheitlichen Sinne: Xavier Bettel habe es geschafft, die Leute in solch schwierigen Zeiten Sicherheit zu geben.

Einzelne Maßnahmen aus der Rede hervorzuheben, würde dem großen Ganzen nicht gerecht werden, meinte der LSAP-Politiker weiter. „Premierminister Bettel hat konkrete Maßnahmen im Bereich der Energietransition und der wirtschaftliche Hilfen genannt“, sagte Cruchten. „Ich meine, dass wir gut aufgestellt sind für die Zukunft.“ Es sei wichtig gewesen, dass das funktionierende Sozialmodell noch einmal hervorgehoben worden sei. „Das ist nicht selbstverständlich und bringt uns als Land auch weiter.“

Ankündigungen ohne Umsetzung

CSV-Fraktionsvorsitzende Martine Hansen
CSV-Fraktionsvorsitzende Martine Hansen Foto: Editpress/Hervé Montaigu

CSV-Fraktionschefin Martine Hansen sieht in der Rede zur Lage der Nation ein „Aktivitätsbericht“, bei dem sich viel auf die eigene Schulter geklopft wurde. „Es ist eine Wiederholung der Maßnahmen, die bereits angekündigt, jedoch nicht umgesetzt wurden“, sagte Hansen. Auch beim Thema Steuerreform liege die Regierung „nieft der Plack“. „Die Menschen brauchen jetzt Entlastungen, momentan bleiben sie auf der Strecke.“ Große Hoffnungen für die Budgetvorstellung am Mittwoch wollte sich Hansen demnach auch nicht machen. „Da Premierminister Bettel bereits angekündigt hat, dass keine große Steuerreform kommt, erwarte ich mir auch morgen nicht allzu viel.“

Die Argumentation der Regierung, aufgrund der klammen Finanzlage im Staatshaushalt keine Steuerreform durchführen zu wollen, wollte Hansen ebenfalls nicht gelten lassen. „Die Staatsfinanzen sind doch nur deshalb nicht sehr nachhaltig, weil die Regierung in guten Zeiten keine Verantwortung übernommen hat“, so Hansen. Man habe es einfach verpasst, in wirtschaftlich guten Zeit finanzielle Rücklagen zu schaffen.

„Mehr Verwaltung als Regierung“

ADR-Abgeordneter Fernand Kartheiser
ADR-Abgeordneter Fernand Kartheiser Foto: Editpress/Hervé Montaigu

„Zwei Stunden Rede, mit einem Inhalt, der invers zur Länge steht“, sagte Oppositionspolitiker Fernand Kartheiser von der ADR, der aus seiner Sicht „wenig Neues“ in der Rede feststellen konnte. „Es ist eine Regierung, die mehr verwaltet als regiert – man sieht, dass wir uns den Schulden nähern.“ In Bettels Rede wollte Kartheiser auch einen „Rüffel“ für den Koalitionspartner der LSAP erkannt haben. „Mit dem Auszug über die Luxemburger Staatsschulden wurde klar die sozialistische Partei anvisiert.“

Die Passagen über die Klimakrise und die Luxemburger Wohnungsbaupolitik qualifiziert der ADR-Abgeordnete als „unrealistisch“ und „sehr schwach“. „Die Regierung entmutigt mit den vorgestellten Maßnahmen weitere Investitionen in den Wohnungsbau“, sagte Kartheiser. Dann könne man auch nicht behaupten, dass das Wohnungsbauproblem gelöst wurde. „Die Regierung beweist, dass sie keinen ökonomischen Sachverstand hat.“ Das sei Politik, wie man sie kenne. Auch würde aus ADR-Sicht die neue Verfassung ihre ersten Schatten werfen. „Bettel sagt, dass das Recht auf Besitz erhalten bleibt. Das ist ein Menschenrecht und ich frage mich, ob die jetzige Regierung darüber diskutiert“, so Kartheiser. Wenn die neue Verfassung in Kraft trete, würden sich viele Menschen noch über das neue „Rechtsinstrument“ wundern, sagte er und prophezeite „viele Diskussionen in naher Zukunft“.

Die ADR erhoffe sich in der Budgetvorstellung am Mittwochmorgen vor allem steuerliche Maßnahmen für Menschen in sozial schwierigen Lebenslagen. „Der Weg in die Verschuldung aber bereitet uns Sorgen“, sagte Kartheiser. „Mit der Ankündigung, dass der Schuldenstand auf 29,5 Prozent ansteigen wird, bleibt der kommenden Regierung kein Spielraum mehr.“ Das sei ein Erbe von „Gambia 2“.

„Vorsichtig optimistisch“

Piraten-Abgeordneter Sven Clement
Piraten-Abgeordneter Sven Clement Foto: Editpress/Hervé Montaigu

Piraten-Politiker Sven Clement sieht in der Rede von Premierminister Xavier Bettel Licht und Schatten. „Einerseits hat Premierminister Bettel erklärt, was er alles besser machen will. Andererseits frage ich mich, warum man für diese Erkenntnis neun Jahre braucht“, sagte Clement. Das sei alles „Flickschusterei“, um die Bilanz vor den kommenden Wahlen noch einmal aufzubessern. Interessante Projekte aber seien die Ankündigungen zur energetischen Sanierung und die Bereitstellung staatlicher Garantien. „Das ist sicherlich positiv – doch im Großen und Ganzen ist es eine Rede ohne Vision.“ Er vermisse einen konkreten Maßnahmenkatalog.

Eine klarere Richtungsweisung von Premierminister Xavier Bettel hätte er sich schon gewünscht. „Die Regierung behauptet, dass sie die Sorgen der Menschen hinsichtlich der Energiepreise und Stromrechnugnen erkannt hat“, sagte Clement. Mittlerweile sei jedoch klar, dass vielen Menschen der Strom dennoch abgestellt werde – obwohl sie bei den Sozialämtern gemeldet seien. Der Budgetrede blicke er „vorsichtig optimistisch“ entgegen und erhoffe sich weitere Ankündigungen. „Ich fürchte aber, dass auch am Mittwoch der große Wurf ausbleibt.“

Grüner Stempel

Grünen-Fraktionsvorsitzende Josée Lorsché
Grünen-Fraktionsvorsitzende Josée Lorsché Foto: Editpress/Hervé Montaigu

Josée Lorsché, Fraktionsvorsitzende von „déi gréng“, zeigte sich angesichts der Investitionsankündigungen in erneuerbare Energien, Klimaschutz und Wohnungsbau erfreut. „Auch die neuen Infrastrukturen im Gesundheitsbereich werden die Pflege weiter verbessern“, sagte Lorsché. Es seien viele Lösungswege aus dieser Krise aufgezeigt worden. „Unsere Erwartungen wurden erfüllt“, so Lorsché. Sie habe den auf der parlamentarischen Rentrée von „déi gréng“ erhofften grünen Einfluss in der Rede zur Lage der Nation wiedererkannt.

Im Budget erhoffe sie sich nun konkrete Ansätze, die zeigen, dass im Luxemburger Sozialmodell niemand vergessen werde. „Die Armutsschere geht immer weiter auseinander“, so Lorsché. „Wir müssen uns nun um die besonders Gefährdeten kümmern.“ Auch im Klimaschutz müsse man noch einmal einen Gang hochschalten. „In der Vergangenheit haben wir nicht ausreichend in dem Bereich gearbeitet – jetzt muss der kommende Staatshaushalt genau dort Akzente setzen“, sagte die Grünen-Politikerin. Man müsse endlich die Lehren aus der Vergangenheit ziehen und erkennen, dass man nicht auf ewig von fossilen Brennträgern leben könne.

„Rhetorik ohne Inhalt“

Eine Rede mit viel Blabla für Myriam Cecchetti von „déi Lénk“
Eine Rede mit viel Blabla für Myriam Cecchetti von „déi Lénk“ Foto: Editpress/Hervé Montaigu

„Wäre ich Greta Thunberg, würde ich jetzt sagen: blablablablabla“, meinte die Linken-Abgeordnete Myriam Cecchetti im Anschluss an die Rede. „Es brennt, Seen und Flüsse trocknen aus und wir ergreifen immer noch keine konkreten Maßnahmen.“ In der gesamten „Verantwortungsgeschichte“ von Premierminister Xavier Bettel aber würde man diese nicht finden. „Schöne Rhetorik ohne Inhalt“, resümierte Cecchetti. Nun sei man auf die Budgetvorstellung am Mittwoch gespannt, denn: „Bei einer ordentlich ausgearbeiteten Steuerreform müssten die Großverdiener unter den Unternehmen Solidarität mit den Schwächsten unserer Gesellschaft zeigen“, sagte Cecchetti. „Diese würde unterm Strich dann auch nicht so viel kosten, wie immer wieder behauptet wird.“ Dann würde das Geld gerecht umverteilt werden. „Das ist mit dieser Regierung aber absolut nicht machbar“, sagte die Linken-Politikerin.

„Keine Endzeitrede einer Koalition“

DP-Fraktionsvorsitzender Gilles Baum
DP-Fraktionsvorsitzender Gilles Baum Foto: Editpress/Hervé Montaigu

Ein gänzlich anderes Resümee zog hingegen der DP-Fraktionsvorsitzende Gilles Baum. „Es war eine lange staatsmännische Rede zur derzeitigen Krisenlage“, meinte der Parteikollege von Premierminister Xavier Bettel. Eine Krisenlage, die von den Oppositionspolitikern ausgeblendet werde. „Es ist wichtig, dass die Bürger des Landes und die Unternehmen gestärkt werden.“ Klimawandel, Gesundheit und Wohnungsbau seien wichtige Themen, denen sich die Koalition im kommenden Jahr widmen solle – und eventuell sogar darüber hinaus. „Es ist keine Endzeitrede einer Koalition, wie viele Kollegen aus der Opposition erkannt haben wollen“, sagte Baum. „Es ist die Rede einer Koalition, die auch weiterhin Lust auf mehr hat.“ Es bleibe nun noch ein Jahr bis zu den Wahlen, danach liege es am Wähler zu entscheiden, ob die Koalition in der Regierungsverantwortung bleiben solle. „Ich habe der Rede des Premierministers entnommen, dass ein Fortführen der Koalition durchaus eine Möglichkeit ist.“

Jimmy
14. Oktober 2022 - 13.20

Oberes Foto da siehts aus wie in der "KITA-Pause"

JJ
12. Oktober 2022 - 9.58

"Ankündigungen ohne Umsetzung." Tja,Frau Hansen. Das kennen wir ja aus den letzten gefühlten 300 Jahren CSV-Regierung. Und dass Herr Kartheiser,der Fels in der Brandung,alles besser gemacht hätte wissen wir auch.Und die "Linke"-Dame weiß ja auch was "Rhetorik ohne Inhalt" ist. Für uns bleibt dann wieder nur die Floskel: " Wir müssen den Gürtel enger schnallen." Die Oppositionsparteien müssen aufpassen,dass der Schuss nicht nach hinten losgeht wenn man absolut alles verreisst was getan und gesagt wird.