Aus der Pandemie lernen – das ist der Gesundheitsministerin Paulette Lenert (LSAP) 312 Millionen Euro wert. „Das ist nichts weniger als ein Paradigmenwechsel, was wir heute vorstellen“, sagte die Ministerin am Freitagnachmittag auf einer Pressekonferenz. Damit soll ein „Health Information System Luxembourg“ (HISL) und das „Centre national d’achat et de logistique“ (CNAL) finanziert werden. „Personal und Patient sollen somit entlastet werden.“
Das einheitliche Informationssystem für ganz Luxemburg verschlingt mit geschätzten 240 Millionen Euro Investitionskosten den Großteil der Summe, das Logistikzentrum soll um die 72 Millionen Euro kosten. Die Betriebskosten dürften sich auf jeweils 13 bis 15 Millionen Euro pro Jahr summieren.
EU-Order
Die Vereinheitlichung der nationalen Gesundheitsdaten kommt nicht von ungefähr. Auf EU-Ebene wurde der sogenannte „European Health Data Space“ ins Leben gerufen, der den Austausch von Gesundheitsdaten über Landesgrenzen hinweg vereinfachen soll. „Das ist gerade für Luxemburg mit seinen vielen Grenzgängern sehr interessant“, sagte der Generalkoordinator des Gesundheitsministeriums, Ian Tewes. Grundlage dafür aber sei eine Vereinheitlichung auf nationaler Ebene, die man mit dem HISL in Angriff nehmen möchte.
Für Patienten und Ärzte bedeutet das Folgendes: Anders als bisher soll das „Dossier de soins partagé“ (DSP) nicht mehr aus mehreren, sondern aus einer vereinheitlichten Datenbank gefüttert werden. Krankenhistorie, Rezeptformulare und verschriebene Behandlungen sollen dann problemlos zwischen Ärzten, Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen digital verkehren können. „Patienten, die das nicht wollen, wird natürlich die Möglichkeit geboten, das System nicht zu nutzen“, sagte Lenert. Einen genauen Zeitrahmen konnte die LSAP-Ministerin nicht nennen. Erstmals gelte es, den rechtlichen Rahmen und das Aufgabenheft auszuarbeiten, das dem Anbieter dann vorgelegt werden soll. Denn: „Wir werden das Rad nicht neu erfinden, sondern mit Entwicklern zusammenarbeiten, die bereits solche Systeme aufgesetzt haben“, erklärte Tewes. Seien die Vorbereitungsarbeiten abgeschlossen, könne das System aber innerhalb von drei bis vier Jahren funktionsfähig sein.
Dann sollen auch Gesundheitsdaten wie etwa von Smartwatches oder Handy-Apps ins System integriert werden können. Die Betriebsstruktur der E-Santé könnte im Rahmen des Projektes auch einer grundlegenden Änderung unterlaufen und in eine öffentliche Einrichtung umgewandelt werden. Neuigkeiten zum „Payement immédiat direct“ (PID) gab es keine. „Der Zeitplan, dass der PID im September bei Hausärzten anlaufen soll, die das anbieten wollen, steht weiterhin“, sagte Lenert.
Logistikzentrum
Aus der Pandemie lernen heißt aber auch, die Bestellung von Medikamenten und anderem medizinischen Material nicht mehr einzelnen Strukturen zu überlassen. „Zu Beginn der Pandemie haben sich die vier Krankenhäuser in einem Verein zusammengeschlossen, um an medizinisches Material zu kommen“, sagte Xavier Poos von der Gesundheitsdirektion. Das soll zukünftig von einem nationalen Logistik- und Einkaufszentrum übernommen werden, das in Form einer öffentlichen Einrichtung funktionieren könnte. „Dadurch, dass wir alle Einkäufe zentralisiert tätigen, können wir andere Märkte ansprechen, was sich letztendlich auch auf die Preise auswirken könnte“, sagte Poos. „Die somit getätigten Einsparungen könnten schon reichen, um die Betriebskosten für das Logistikzentrum zu decken.“
Einen Standort habe man noch nicht definitiv gefunden – jedoch befinde man sich „in guten Gesprächen“ mit der Gemeinde Sanem. Das WSA-Gelände könnte demnach eine neue Berufung finden. Aus dem Logistikzentrum heraus, das komplett automatisiert betrieben werden soll, sollen dann auch die Lieferungen an die Apotheken, Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen des Landes erfolgen. Schätzungen zufolge könne der zuständigen Pflegekraft rund fünf Stunden an Arbeit pro Woche erspart bleiben. „Zeit, die sie in die Pflege der Patienten investieren kann“, so Poos.
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