Die Luxemburger Wirtschaft verändert sich. Während der Sektor der Industrie langsam an Gewicht verliert, legt der Bereich der Dienstleistungen beständig weiter zu. Im Jahr 2010 war der Stahlhersteller ArcelorMittal mit mehr als 6.000 Mitarbeitern noch der wichtigste private Arbeitgeber des Landes. Nach Jahrzehnten an der Spitze des Rankings begann der Stahlkonzern jedoch zurückzufallen. Erst 2016 auf den zweiten Platz, 2017 auf den dritten, 2018 auf vierten und 2019 auf den fünften. Der Konzern blieb jedoch, mit 3.900 Mitarbeitern (Anfang 2020), Luxemburgs wichtigster Industriebetrieb. Doch der Abstieg in der Rangliste der wichtigsten Arbeitgeber wird sich weiter fortsetzen. Nach dem Stellenabbau, der letztes Jahr angekündigt wurde, hat sich der Konzern dazu verpflichtet, das Weiterbestehen der Aktivität hierzulande mit 3.000 Mitarbeitern zu gewährleisten.
Aufgestiegen in der Rangliste sind in den letzten Jahren hingegen staatliche Betriebe wie die Post und die CFL. Anfang 2020 waren beide, die Luxemburger Post (mit 4.650 Mitarbeitern) und die CFL (mit 4.510 Mitarbeitern), die beiden größten „privaten“ Arbeitgeber des Landes.
Langsam, aber sicher arbeitet sich derweil auch der US-Internetkonzern Amazon in dem Ranking nach oben. Anfang 2020 hatte er (mit 2.760 Mitarbeitern) es bereits auf den zehnten Platz geschafft. Und es geht rasant weiter: Bis zum Ende des Jahres 2020 war die Zahl seiner Angestellten hierzulande, laut eigenen Angaben, auf 3.000 Personen gewachsen. Im laufenden Jahr 2021 sollen nun weitere 600 Mitarbeiter hinzukommen, wie die Gesellschaft diese Woche mitteilte. Sie seien in der Europazentrale des Online-Marktplatzes in ganz unterschiedlichen Bereichen – etwa Softwareentwicklung, Account-Management, Data-Science, maschinelles Lernen, Cloud-Entwicklung und Lösungsarchitektur – tätig, so der Konzern.
In der Rangliste der wichtigsten Luxemburger Arbeitgeber dürfte Amazon somit ab Januar 2022 an Firmen wie der Luxair, die 2020 587 Stellen abgebaut hat, an Goodyear und an ArcelorMittal vorbeigezogen sein.
Weniger als 20 Jahre in Luxemburg
Amazon ist noch keine 20 Jahre in Luxemburg vertreten. Als der Internet-Konzern 2003 begann, sich für das Großherzogtum zu interessieren, spielten steuerliche Überlegungen eine wesentliche Rolle. Es gab damals mindestens zwei Regelungen, die den Standort für den Konzern interessant machten: Das war einerseits die Regelung, die es erlaubte, dass Einkünfte, die mit geistigem Eigentum erwirtschaftet werden, niedrig besteuert werden, und andererseits der Mehrwertsteuersatz, der hierzulande zu den günstigsten in Europa zählte.
Als sich Amazon entschloss, nach Luxemburg zu kommen, war das ein Novum für die Regierung, wie der ehemalige Minister François Biltgen vor einigen Jahren erzählte. „Amazon wurde zum Showcase“, so der Minister damals. Die Regierung habe sich dadurch in die Internetbranche einarbeiten müssen. Zum Beispiel was Steuern und Infrastruktur angehe. Vor allem Letztere habe Amazon nicht so gut gefallen. Seitdem ist jedoch viel passiert. Luxemburg hat seine IT-Infrastruktur ausgebaut und Datenzentren gebaut. Parallel ist auch Amazon gewachsen: Ende 2005 zählte der US-Konzern nur etwa ein Dutzend Mitarbeiter im Großherzogtum. Bis 2012 waren es bereits rund 300 Beschäftigte.
Für Luxemburg war der Zuzug von E-Commerce-Konzernen wie eine Lizenz zum Gelddrucken. Innerhalb weniger Jahre spülte der europaweite Umsatz beispielsweise Hunderte Millionen Euro an Mehrwertsteuer-Einnahmen in die Staatskasse. Das ist jedoch bereits Geschichte. Die beiden günstigen Regelungen wurden zwischenzeitlich – auf Druck der größeren EU-Länder – abgeschafft. Doch während Apple danach seine Unternehmensbereiche wie iTunes, Apple Music, App Store und den iBooks Store (2017) von Luxemburg nach Irland verlegte, war Amazon geblieben.
Protest vor der Zentrale
Auch heute noch stehen Amazon und Luxemburg oftmals gemeinsam in der Kritik. Meist wegen niedriger Steuersätze. Zuletzt an diesem Mittwoch hatte die deutsche Stiftung ethecon zu einem Protest vor der Luxemburger Europa-Zentrale des Online-Handelskonzerns aufgerufen. „In Luxemburg hat Amazon zwecks Steuervermeidung seinen Hauptsitz, von hier wird im Schatten der Pandemie und auf dem Rücken von Lagerarbeiter*innen, Paket-Bot*innen und abhängigen Einzelhändler*innen abkassiert“, so die Kritiker. „Von hier aus werden miese Arbeitsverhältnisse in ganz Europa abgewickelt.“
Amazon sieht das anders: „Wir bieten allen unseren Mitarbeitern vom ersten Tag an ein attraktives Vergütungs- und Sozialleistungspaket sowie Möglichkeiten zur beruflichen Weiterentwicklung“, schreibt die Gruppe. Außerdem biete man Unterstützung dort, wo sie am meisten gebraucht werde. Letztes Jahr habe beispielsweise ein Team von Logistikexperten in Luxemburg mit dem Robert-Schuman-Hospital zusammengearbeitet, um während der Pandemie kritische Materialien zu beschaffen, ist in der Mitteilung weiter zu lesen. Und „kürzlich halfen unsere luxemburgischen Teams, einen Großteil unserer Reaktion auf die Situation in Indien zu koordinieren, indem sie unser globales Logistiknetzwerk in ganz Europa nutzten, um wichtige medizinische Ausrüstung zu kaufen, per Luftfracht zu transportieren und zu liefern, um Mitarbeiter und Gemeinden inmitten der verheerenden Auswirkungen der Pandemie zu unterstützen.“
Auch die EU-Kommission war unzufrieden mit der Besteuerung von Amazon in Luxemburg. Sie wollte, dass Luxemburg für die Jahre 2006 bis 2014 insgesamt Steuern in Höhe von 250 Millionen Euro nachfordern sollte. Dagegen klagten Amazon und Luxemburg. Die Forderung wurde schlussendlich, vor wenigen Tagen, vom Gericht der Europäischen Union (EuGH) zurückgewiesen. Die Kommission habe nicht hinreichend nachweisen können, dass Luxemburg Amazon ungerechtfertigte Steuervorteile gewährt habe, so das Urteil. Das Gericht erklärte den Beschluss der Kommission für nichtig.
@Blücher: Es sind genau die " drei ", die sie zitieren, die sich für Gesundheit, Gerechtigkeit und Respekt von Naturschutz und Arbeitsgesetz einsetzen. " Gute Arbeitgeber ", und ja , die gibt es, haben nichts zu befürchten, solange sie oben Genanntes respektieren. Das Wort " verunglimpfen " scheint mir bei Ihrer Kritik als fehl am Platz zu sein.
@Grober J-P./ " Der Sektor der Industrie verliert so langsam an Gewicht. " (...) Schon lange, und ziemlich schnell verlor dieser Sektor an Gewicht, und zwar ganz gewaltig. Beispiel Grossindustrie : Personalbestand Mitte 1974: +/- 26.800 - 2020 +/- 3.900 . In den HADIR - ARBED - ARCELOR - Werken wurden : Bandeisen - Tuberie - Feinstrasse - Mittelstrasse - Halbzeug und andere ins Ausland delokalisiert. Der kommunistische Abgeordnete Rene Urbany machte schon in den 70.iger Jahren immer wieder auf den Ausverkauf der Grossindustrie aufmerksam. Er sah schon damals die Umwandlung der Schmelzen zu " Museen ", voraus. Seine Vision wurde von der Mehrheit der Abgeordneten ignoriert und belächelt. Mit diesem Transfert in's Ausland, wurde auch die "Le'erbud", in der während 3 Jahren Handwerker wie : Elektriker- Schlosser-Rohrschlosser und Schreiner ausgebildet wurden, geschlossen. Hunderte von Handwerkern gingen dem Land verloren, das Handwerk abgewertet. Der Spruch " HANDWERK HAT GOLDENEN BODEN " gehört heute der Vergangenheit an . Die Politik hatte hier einen grossen Fehler begangen, ein Fehler der heute von " Linken und Grünen " versucht wird wieder korrigiert zu werden. Hoffen wir, dass es ihnen gelingt. P.S. Wenn man heute den enormen Bauboom in unserm Land beobachtet, wo Tausende Tonnen Eisen und Stahl verarbeitet werden, und diese nun zum grössten Teil importiert werden müssen, da stellt man sich Fragen.
Und doch gibt es grüne Aktivisten , linke Parteien,Gewerkschafter die gute Arbeitgeber für das Land mit Demonstration und Protestpiquet verunglimpfen .Die Wichtigkeit „d‘Arbecht keen Wellness nach Erhuelong ass „, scheinen noch immer einige Zeitgenossen nicht begriffen, Arbeitsplätze vor grüner Ideologie stehen, denn von grüner Ideologie wird man nicht satt.
Der Sektor der Industrie verliert so langsam an Gewicht. Und, was tun wir dagegen? Das mit den Dienstleistern wird uns noch um die Luxusohren fliegen. Danach können wir uns keine "Dienste" mehr leisten.