„Die Wahl am Sonntag ist nicht nur eine EU-Wahl, sondern auch eine Klimawahl. Darauf wollen wir aufmerksam machen“, sagt Damien Almeida, einer der Hauptorganisatoren von Youth for Climate Luxembourg. Bereits am 15. März waren die Schüler dem Beispiel von Greta Thunberg gefolgt und streiken gegangen, statt die Schulbank zu drücken. Und es soll nicht bei einem einzigen Streik bleiben. Am Freitag (23.5.) findet Occupy for Climate statt: Diesmal wollen die Aktivisten die Rote Brücke besetzen.
Info Occupy for Climate
Vortreffen im Pfaffenthal um 14 Uhr
Protestbeginn 15 Uhr auf der Roten Brücke
15.000 Schüler haben laut Organisatoren am Streik im März teilgenommen. Die Polizei ging damals von knapp über 7.000 Teilnehmern aus. Ob dieses Mal wieder so viele Schüler anreisen, kann Damien Almeida nicht voraussagen. Der 18-Jährige aus Esch/Alzette gehört zu den führenden Köpfen von Youth for Climate Luxembourg. Konkrete Zahlen gibt es nicht. Auf den sozialen Medien haben sich nur 312 Menschen angemeldet, weitere 874 geben dort an, an der Veranstaltung interessiert zu sein. Beim Schulstreik waren es noch weit über 2.000 Anmeldungen und mehr als 3.000 Interessensbekundungen. Doch die Zahlen auf den sozialen Medien sagen nur wenig aus, meint Damien: „Auch beim letzten Mal sind viel mehr Leute gekommen, als sich angemeldet hatten. Wir hoffen, dass das dieses Mal auch so ist.“
Drei zentrale Forderungen
Während beim Streik im März nur Schüler und Studenten dazu aufgerufen waren, für das Klima auf die Straße zu gehen, richtet sich die Aktion heute an jeden. Die Schüler hoffen auf tatkräftige Unterstützung. „Doch am Ende zählt die Qualität, nicht die Quantität.“ Das Thema Klima dürfe nicht in den Hintergrund gerückt werden, insbesondere nicht vor so einer wichtigen Wahl, betont Damien. „Deswegen werden wir die Brücke blockieren und Flyer verteilen.“ Youth for Climate Luxembourg will mit dem Protest auf drei Forderungen aufmerksam machen:
– Das Klima soll zentrales Thema der Europawahl sein;
– die EU und die luxemburgische Regierung sollen einen Klimanotstand ausrufen und einen „Green New Deal“ ausarbeiten, um gegen das Problem anzukämpfen;
– die Europäische Investitionsbank soll sämtliche Förderungen für fossile Energien stoppen und stattdessen in Lösungen für die Klimakrise investieren.
Die für Freitag, 24.5 geplante Demo umweht ein ganz leichter Hauch von Militanz: So können sich Schüler, die eigentlich Unterricht hätten, diesmal im Vorfeld keine Entschuldigung ausstellen lassen – und das liegt nicht etwa daran, dass sich die Schulen oder die Verwaltung quergestellt hätten: «Anders als für die Demo im März haben die Organisatoren diesmal keinen Kontakt mit uns aufgenommen», erklärt Myriam Bamberg, Sprecherin im Bildungsministerium. Das Ministerium habe dann sogar noch von sich aus zu einem Gespräch eingeladen – was aber ausgeschlagen worden sei: Die Organisatoren wollen, dass sich die Schüler den Protest auch etwas kosten lassen: etwa einen unentschuldigten Fehltag.
Keine Gewalt toleriert
Die Blockade selbst soll nicht so radikal ausfallen wie anfangs vorgesehen. So plante man zu Beginn die komplette Sperrung, dann wollte man nur zwei Spuren blockieren, jetzt hat man sich auf eine festgelegt. „Wir wollen das Klima verteidigen, nicht einen Megastau in der Hauptstadt auslösen“, begründet Almeida diese Entscheidung. Der Verkehr über die Brücke, sowohl für Autos als auch für die Tram, soll trotz Blockade gewährleistet sein. „Es geht um Aufmerksamkeit für unser Anliegen, nicht darum, Chaos zu stiften.“ Die Protestaktion sei „ziviler Ungehorsam, aber wir werden keine Gewalt tolerieren“, betont der Schüler.
„Wir haben für die Protestteilnehmer Weiterbildungskurse organisiert, in denen sie lernen sollen, wie man sich verhalten soll. Wir wollen nichts mit jemandem zu tun haben, der ein aggressives Verhalten an den Tag legt.“ Damien Almeida geht zwar nicht davon aus, dass jemand beim Protest verhaftet wird, aber ganz ausschließen mag Youth for Climate Luxembourg es auch nicht. Deshalb hat die Bewegung auf den sozialen Netzwerken einen Leitfaden veröffentlicht, auf dem sie konkret darauf eingeht – und unter anderem auch auf das Recht eines kostenlosen Anrufs sowie die Konsequenzen einer Verhaftung für Erwachsene und Minderjährige. Bei Youth for Climate Luxembourg hat man nicht besonders Angst, dass es zu Eskalationen kommt. So wurde der Aktionsplan genau mit der Polizei abgesprochen und auch der Streik im März verlief ohne Zwischenfälle.
Erinnerung an Zusammenstöße
Solange sich die Demonstranten mit diesem erreichten Kompromiss zufrieden geben, werde sich auch die Polizei wohl an alle Absprachen halten, glaubt Laura Urbany. Die Anwältin war Verteidigerin in einem Prozess, nachdem es im Juni 2014 bei einer Demonstration auf dem Kirchberg zu Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und Flüchtlings-Aktivisiten gekommen war. Demonstranten hatten versucht, eine EU-Ministerkonferenz zu stürmen. Dafür wurden später Haftstrafen ausgesprochen.
«Das war aber auch eine sehr unübersichtliche Situation, in der die Polizei dann gewissermaßen panisch reagiert hat», erklärt Urbany und lässt gewisses Verständnis durchscheinen. Mit solchen Zuständen wie vor fünf Jahren sei am Freitag aber bei weitem nicht zu rechnen.
Nur keine Politik
Skeptischer zeigt sich Almeida allerdings gegenüber der Politik. Der Schüler, der sich früher selbst bei den «Jonk Demokraten» engagierte, seit April laut eigenen Aussagen aber ausgetreten ist, betont, dass Youth for Climate Luxembourg eine Bewegung ohne politische Couleur sei. „Der Protest dient nicht dazu, irgendeine Partei zu unterstützen oder schlechtzumachen. Wir sind absolut unabhängig und wollen von niemandem für die eigenen politischen Interessen missbraucht werden.“
Bei der Blockade wollen die Verantwortlichen weder Fahnen oder Plakate von Parteien dulden, noch sollen Videos oder Fotos mit Parteilogos versehen und publiziert werden. Damit richtet sich Almeida konkret an die Piratenpartei. Diese hatte beim Schülerstreik ebendies gemacht: Christian Welter, Piraten-Kandidat für die Europawahlen, hielt bei der Veranstaltung nicht nur eine kurze Rede – ein Video davon landete samt Parteilogo auch auf den sozialen Medien der Partei. „Unser Wunsch wurde mit Füßen getreten“, empörten sich die Organisatoren damals auf Facebook.
Welchen Effekt die Blockade der Roten Brücke haben wird, bleibt abzuwarten. Premierminister Xavier Bettel hat sich zwar am 25. März nach dem Schulstreik mit Vertretern der Bewegung für ein Gespräch über ihre Kritik an der aktuellen Klimapolitik getroffen, doch sonst scheinen kaum Impulse von der Nationalpolitik ausgegangen zu sein. Außerdem bleibt es in Luxemburg immer nur bei einzelnen Aktionen. Es ist nicht zu einem ständigen Freitagsstreik gekommen, wie Greta Thunberg, das Vorbild von Youth for Climate, es beispielsweise vorgemacht hat.
Auch wenn der Schulstreik mehrere tausend Schüler angezogen hat, haben sich einige der Schüler, die zu Beginn noch mit dabei waren, während des Marsches durch die Stadt „verlaufen“: Es sollen laut Polizeiangaben nur 5.000 auf dem „Knuedler“ angekommen sein. Das Verhalten jener Schüler, die sich unterwegs wohl von der Gruppe entfernt hatten, war für Kritiker der Aktion eine Bestätigung für das, was diese bereits im Vorfeld beklagt hatten: dass manche Jugendliche nur von Youth for Climate profitieren wollen, um einen schulfreien Tag zu bekommen. Außerdem erschien ein «Streik», für den man sich eine Entschuldigung schreiben lassen konnte, manchen Beobachtern kaum als heroischer Widerstand (manchen aber schon – etwa unserer Kommentatorin).
So reagieren die Lehrer
Für die Lehrer bedeutet die Aktion am Freitag eine gewisse Zwickmühle, wie Patrick Arendt vom Syndikat Erzéihung a Wëssenschaft (SEW), der Vertretung der Lehrer im Gewerkschaftsbund OGBL, erklärt: Einerseits freue man sich natürlich über das politische Engagement der Jugendlichen, andererseits mache man sich strafbar, wenn man als Lehrer offensiv zum Nichtbesuch des Unterrichts aufrufe.
In einer Pressemitteilung lobt das SEW die Schüler für ihren Mut, «das Risiko der Bestrafung zu akzeptieren und ihre Unzufriedenheit zu zeigen, indem sie massiv an dieser Aktion teilnehmen». Ein Akt des zivilen Ungehorsams dürfe junge Menschen nicht erschrecken – ganz im Gegenteil: «Mit dieser Aktion zeigen sie ihre Bereitschaft, für das Allgemeininteresse zu arbeiten, das Bewusstsein anderer Bürger zu schärfen, die Debatte anzuregen, und das bei persönlichen Risiken», heißt es in einer Erklärung.
Text von Jessica Oé in Zusammenarbeit mit Frank Goebel
So, mittlerweile wird auch der letzte Hinterwäldler über die Sorgen der Schüler/Studenten um die Klimaveränderung und die dadurch entstandenen Schäden an der Umwelt informiert sein. Jetzt ist dann wohl genug mit der " Freitagnachmittagklimademo " und dem Schuleschwänzen. Wenn man keinen Mega-Stau auslösen will, muss man sich eine andere Stelle zum demonstrieren aussuchen. Sonst geht leicht eine Menge Sympathie und Verständnis für die " gute Sache " flöten.