Flugzeuge haben Serge Braun schon immer fasziniert. Als Schüler der Kunstsektion des „Dikkricher Kolléisch“ träumte er davon, einmal im Tower am Findel zu arbeiten, erzählt der Autor und leidenschaftliche Planespotter (Beobachter von Flugzeugen, Anm. der Red.) im Tageblatt-Gespräch. Doch eine strenge Vorschrift – ein Gymnasialabschluss in einer Mathematiksektion – setzte damals Serge Brauns Traum vom Fluglotsenberuf ein Ende. „Es war die falsche Sektion“, resümiert Braun nüchtern.
Seine Leidenschaft für Flugzeuge konnte die Vorschrift aber nicht ausbremsen. Auch dann nicht, als er sich bei der CFL bewarb, um auf einem Stellwerk zu arbeiten. Seit 1984 ist Serge Braun als Fahrdienstleiter tätig. „Aber die Fliegerei ist mein Hobby.“
Zur gleichen Zeit, als Braun damals seine Stelle antrat, suchte ein schweizerisches, heute internationales Aviatik-Magazin Korrespondenten in ganz Europa. „Ich bewarb mich bei Jetstream und schreibe seit 1984 als Korrespondent über Luxemburg“, erzählt Serge Braun. Einmal im Monat berichtet er im Jetstream, was es Neues am Flughafen Findel zu sehen gibt.
Dass die Korrespondentenberichte und sein umfangreiches Bilderarchiv jemals sogar Material für Bücher liefern könnten, daran dachte Serge Braun zunächst nicht. Allerdings: „37 Jahre sind eine lange Zeit.“ Und so brachten ihn Freunde auf die Idee, sein Wissen in Buchform zu sammeln. Mehrere Projekte haben sich daraus ergeben. „Das ist das vierte und definitiv das letzte”, betont der Autor.
Ein beachtliches Werk
Serge Brauns Trilogie kann mit Fug und Recht als eine, wenn nicht die umfassendste Anthologie des Flugwesens in Luxemburg und am Flughafen Findel betrachtet werden. Und sie wurde in nur vier Jahren fertiggestellt: 2017 erschien der erste Band, 2018 kam der zweite, bevor in diesem Jahr der Abschluss mit Band drei erfolgt.
Das vierte Projekt ist der letzte Teil einer Trilogie, die Serge Braun über Luxemburgs Flughafen geschrieben hat. Darin liefert der Autor einen Überblick über die anderen Fluggesellschaften, die am Findel ansässig sind oder waren, sowie Fluggesellschaften, die unter Luxemburger LX-Registrierung geflogen sind. Privatflieger, Militär- und Regierungsmaschinen, Helikopter, Oldtimer und Special Events runden den letzten Band der Trilogie ab. Die Erklärungen im Buch sind auf Deutsch, Französisch und Englisch verfasst. Gleich nach dem offiziellen Teil beginnt die umfangreiche Vorstellung der einzelnen Fluggesellschaften. „Die Leute sagen, am Findel ist nichts los“, so Serge Braun und schiebt nach: „Das stimmt aber nicht. Es ist viel los am Findel.“ Diese Vielfalt zu zeigen, war der eigentliche Grund, ein Buch darüber zu schreiben.
Insgesamt sieben Kapitel berichten über die Fluggesellschaften, die ab 1950 bis zum Lockdown 2020 an der Geschichte des Flughafens Findel mitwirk(t)en. Den Anfang machen die „anderen LX-Gesellschaften und Betreiber“. Darunter sind Flugzeuge von CAE-Aviation, von Cargo Lion S.A., einer Frachtgesellschaft, die nicht mehr existiert, oder auch Fairlines und West Air Luxembourg S.A.
In mühevoller Präzisionsarbeit hat Serge Braun zahlreiche Bilder und passende Erklärungen zusammengetragen. In der Vorstellung der Fluggesellschaften am Findel dürfen auch die Rettungsflieger der Luxembourg Air Rescue nicht fehlen. Braun dokumentiert ihre Erfolgsgeschichte vom ersten Helikopter bis zur Fertigstellung des neuen Hangars am Findel. Zu mancher Geschichte, wie der der Air Rescue, weiß Serge Braun Hintergrundinformationen zu berichten. So zum Beispiel ist der Helikopter, der vor dem neuen LAR-Hangar steht, aus zwei ehemaligen deutschen Polizeihubschraubern zusammengesetzt. Eine der Maschinen war abgestürzt und am vorderen Teil defekt, die andere war stark am Heck beschädigt. „Und so machte man aus zwei eins“, schildert Serge Braun die pragmatische Lösung der Luxemburger. Pragmatisch ist auch die Karte, die die „Winglets“ (dt.: Außenflügel) aller LAR-Learjet-45XR-Maschinen ziert. Sie zeigt eine rote Europa-Karte mit weißen Markierungen für Ländergrenzen, und Luxemburg ist dort speziell blau gekennzeichnet. „Patienten, die aus fernen Ländern kommen, fragen die Besatzung: Woher kommt ihr, um mir zu helfen? Und die Besatzung antwortet: Schauen Sie hier auf die Winglet-Karte, wir kommen aus Luxemburg, dem Herzen Europas“, erzählt Serge Braun.
„Ich habe die interessantesten Dinge herausgepickt, aber es ist so viel“, sagt der Autor und blättert zum nächsten Kapitel im Buch, das die Militär- und Regierungsfliegerei betrachtet. Und auch hier hat Braun die passende Geschichte parat. So tragen alle Awacs-Flugzeuge der NATO eine LX-Kennzeichnung. „Eigentlich sind sie luxemburgische Flugzeuge, aber fliegen für die NATO“, fasst er zusammen.
In seinem „Geschichtsbuch über den Luxemburger Flughafen“, wie Braun selbst sagt, listet er auch andere kleine luxemburgische Gesellschaften. Ein Kapitel widmet sich auch den Unternehmen, die gegründet wurden – deren Flugzeuge aber nie geflogen sind. So wie die Pearl S.A., die von Luxemburg aus Hawaii mit einem Jumbo anfliegen wollte, woraus aber nichts wurde.
Das nächste Kapitel handelt von den verschiedenen „Aéroclubs“ und „Flying Schools“. Darin zeigt Serge Braun die Maschinen von Aviatikvereinen und Flugschulen mit einer kurzen Vorstellung der jeweiligen Organisation.
Vielfalt lässt der Autor auch bei der Vorstellung verschiedener Flugzeugtypen von privaten Eigentümern walten. Aus Datenschutzgründen werden ihre Namen im Buch nicht genannt, der fliegereibegeisterte Leser kommt jedoch beim Betrachten der Bilder voll auf seine Kosten.
Im Kapitel „Militär- und Regierungsflugzeuge“ listet Serge Braun die Maschinen alphabetisch auf. Ob nun ein Jet der bulgarischen Regierung oder eine Boeing 707 der Regierung der United Arab Emirates, Serge Braun hat eine beachtliche Auswahl zusammengestellt. Dass der Planespotter die Staats- und Regierungsmaschinen überhaupt vor die Linse bekommt, gelingt teilweise nur dank Informationen aus den Medien, dank guter Kontakte oder auch rein zufällig, wenn Braun zum Flughafen fährt und auf ankommende Flieger wartet. „Es ist wie beim Angeln: Entweder fängt man genug Fische oder einen ganzen Tag lang nichts“, sagt der Planespotter.
Helikopter sind senkrecht startende und landende Luftfahrzeuge. Um deren Vertreter am Findel in seinem Buch vorzustellen, greift Serge Braun auf einen bewährten Blickwinkel zurück. Anhand von besonderen Anlässen wie dem Papstbesuch 1985, der Air Show in Wiltz und Wintger (1973-1994), Tagen der offenen Tür bei der Luxembourg Air Rescue oder der Ankunft der Hubschrauber der Tour de France zeigt er eine vielfältige fotografische Sammlung an Luftfahrzeugen.
Mindestens genauso umfangreich, lässt der Autor seine Leser in die Welt der Oldtimer eintauchen. „Damit wollte ich zeigen, welche Vielfalt es an Flugzeugtypen am Findel gab. Heute begegnet man am Flughafen meistens nur Boeing- oder Airbus-Maschinen“, schildert Braun.
Nur die interessantesten Ereignisse hervorheben, lautete die eigene Vorgabe, die sich Serge Braun beim Heraussuchen der Fotos für das letzte Kapitel im Buch gab. „Ich hatte Bilder von mehr als 250 Events zur Auswahl. Aber ich habe mir selbst eine Obergrenze von 390 Seiten für dieses dritte Buch gesetzt, sodass ich die Bilder für das Kapitel über ‘Special Events’ sehr genau auswählen musste.“ Und so zeigt Braun Bilder von den Rundflügen über Luxemburg, die Menni Kraemer, luxemburgische Luftfahrtlegende, mit seiner Klemm immer wieder unternahm.
Flugzeugtaufen bei Luxair finden heute nicht mehr statt. Trotzdem kann man in Serge Brauns drittem Werk dank einzigartigem Bildmaterial diesen Feierstunden der Luxemburger Luftfahrt ganz nahe kommen.
„Für mich ist die Fliegerei etwas sehr Schönes, ein Flugzeug, ein Luftfahrzeug, das fliegt. Ich will nicht über Unfälle berichten“, erklärt der Autor dazu, warum er diese Kapitel der Luxemburger Luftfahrtgeschichte nur am Rande beleuchtet. Im dritten Band berichtet er deshalb nur von vier Flugzeugunfällen, die keine menschlichen Opfer gefordert haben.
Nach diesem Exkurs kehrt Braun zurück zu den besonderen Ereignissen. Darunter der Besuch der Apollo-12-Astronauten im Februar 1970 oder das Reforger-Wintermanöver, bei dem 1985 „Tausende von US-Soldaten nonstop von US-Basen in Amerika nach Luxemburg-Findel geflogen wurden“ und als Wink des Westens an den Osten gerichtet war, um seine militärische Stärke zu demonstrieren.
Am Ende eines Buches ist für den Leser Zeit, Abschied zu nehmen. Im Findel-Buch-3 hält der Autor daher den letzten Luxair-Flug von Luxemburg nach Frankfurt sowie den letzten Luxair-Fokker-Flug im Bild fest. Doch Serge Braun wäre nicht Serge Braun, wenn er sein Buch nicht mit einer Prise Humor beenden würde. Kurz vor Schluss zeigt er Airlines mit lustigen Namen, wie „Oma-Air“ oder „Knatter-Air“!
Freie Sicht auf die Flieger ist das Herzensanliegen der Planespotter. Anders als bei anderen Flughäfen gab es bis 2019 für die begeisterten Hobby-Flugzeugfotografen und Beobachter keine dafür vorgesehenen Objektivplätze im Flughafenzaun am Findel. Seit dem 21. Februar 2019 gibt es mittlerweile insgesamt „16 Fotolöcher an fünf verschiedenen Stellen“, die auf Initiative von fünf Jetstream-Korrespondenten und Fotografen in den Sicherheitszaun eingebaut wurden.
Einen ganz besonderen „Zeitzeugen“ aus dem Jahr 2020 hat Serge Braun als letztes Bild gewählt: Luxair-Maschinen in Reih und Glied stehen alle am Boden. Diese einzigartige Momentaufnahme bot sich dem Autor, als er just Ende März 2020 die umfangreiche Fleißarbeit am dritten Band beendete: „Wenn ich ein neues Buch über den Luxemburger Flughafen schreiben würde, dann würde es ‚Findel after Lockdown’ heißen“, sagt Serge Braun. Aber jetzt, legt er sich fest, habe er sich erst einmal eine Pause vom Bücherschreiben verdient. „Vielleicht in vier bis fünf Jahren wieder etwas“, lässt Braun die Fortsetzung seiner Fachbuch-Autorenkarriere offen.
„Flughafen Luxemburg Findel 1950-2020. Andere LX-Gesellschaften und Betreiber, Aéroclubs, LX-Privatfliegerei, Militär- und Regierungsflugzeuge, Helikopter, Oldies & Oldtimer und Special Events“
Serge Braun
384 Seiten, Hardcover
ISBN: 978-2-9199571-5-6
Preis: 46 Euro
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