Dass der 29. „Concours national des Crémants de la France et du Luxembourg“ in diesem Jahr anders verlaufen würde, machte sich nicht nur an der geltenden Masken- und Abstandspflicht bemerkbar. Vielmehr fand die traditionelle Entscheidung über die besten Crémants aus Frankreich und Luxemburg Mitte Oktober nicht wie immer in Bordeaux, sondern im „Institut viti-vinicole“ in Remich statt. Veranstaltet wurde der Wettbewerb von der „Fédération nationale des producteurs et élaborateurs de Crémant“ aus Frankreich. Die Juroren – Winzer, Önologen, Vertreter aus dem Hotel- und Gastgewerbe sowie einige Journalisten – hatten aus mehr als 80 eingereichten Crémants die buchstäbliche Qual der Wahl.
Denn die Tropfen aus Luxemburg machten es den Prüfern mit ihrer Komplexität, typischen Terroireigenschaften und raffinierten Kombinationen aus Traubensorten wahrhaftig nicht leicht, sich zu entscheiden. Dennoch regnete es für die heimischen Crémants an diesem Herbstdonnerstag 16-mal Gold, achtmal Silber und zweimal Bronze. Drei Cuvées zeichneten die Fachjournalisten mit einem besonderen „Prix de Presse“ aus.
Die eingereichten Crémantproben waren in fünf Kategorien eingeteilt: Blanc brut, Blanc brut millésimé, Rosé brut, Blanc de noirs brut und zum ersten Mal im Wettbewerb die sogenannten Cuvées spéciales. Letztere stammen von Crémants der Sorte „Extra Brut“, sind im Eichenfass gereift oder lagen mindestens 36 Monate auf der Hefe.
Die Schaumweine wurden von den fünf Jurys blind verkostet: Anders als bei ähnlichen Wettbewerben waren sowohl die Flaschen in gleichen Kartonverpackungen als auch die Flaschenhälse und -öffnungen durch einheitliche Verschlüsse zur Unkenntlichkeit getarnt. Die Juroren in Luxemburg traten stellvertretend für die große Jury mit Vertretern aus den verschiedenen Crémant-Regionen in Frankreich und in Luxemburg zusammen. Anstatt Crémants aus dem Elsass, dem Burgund, dem Bordeaux, Limoux, der Loire, Jura, Savoyen und der Luxemburger Mosel zu verkosten, standen nur heimische Tropfen auf dem Prüfstand. Entscheidend für die Beurteilung der Produkte waren unter anderem die Aromen, den Eindruck auf dem Gaumen sowie der Gesamteindruck der eingereichten Crémants.
Eine erfolgreiche Cuvée komponieren
Aber worin liegt das Geheimnis einer besonderen Cuvée? Als Cuvée bezeichnen Fachleute den Verschnitt, die Mischung mehrerer Traubensorten zur Herstellung eines Schaumweins – in diesem Fall eines Crémants. Nicolas Secondé von der Önologie-Beratungsgesellschaft Oenolia in Epernay – der „Hauptstadt“ des Champagners – skizzierte in einem Vortrag vor Verkostungsbeginn die Stationen einer geschmacklich gelungenen „Komposition“.
„Eine erfolgreiche Cuvée zu komponieren, beginnt während der Lese“, erklärt Secondé. „Dort muss sich der Winzer über ihre Persönlichkeit, über die Dosierung (Zusatz von Zucker, Anm. d. Red.), über die Zusammenstellung der Sorten sowie über die Reifezeit im Weinkeller klarwerden.“ Darüber hinaus gelte es, in den weiteren Etappen des Komponierens die Duftnote des Crémants zu bestimmen. Soll er fruchtig, blumig oder würzig sein? Und sich über seine spätere Bestimmung klarzuwerden: Wann soll der Crémant genossen werden – zum Aperitif oder zum Hauptgang? Und nicht zuletzt soll die Cuvée die richtige Zielgruppe ansprechen. Denn nach Angaben des Weinberaters genießt die Mehrheit der Kunden (rund 20 Prozent) nur gelegentlich einen Crémant. Etwa 15 Prozent sind sogenannte „Amateurs novices“, probieren einen Crémant zum ersten Mal. Nur eine kleine Minderheit von etwa fünf Prozent der Kunden sind echte Crémant-Kenner, sagt Secondé.
Nach Angaben des „Institut viti-vinicole in Remich“ erfreut sich der Crémant in Luxemburg seit Jahren einer steigenden Beliebtheit nicht nur unter den Kunden, sondern auch unter den Winzern. „Waren es 2010 noch 2,1 Millionen Flaschen, so werden heute 3,5 Millionen Flaschen Crémant hergestellt“, schreibt das Institut in einer Mitteilung vom 20. Oktober. Um ein Spitzenprodukt zu kreieren, muss der Winzer Fingerspitzengefühl beweisen. „Zumal die Geburt einer gelungenen Cuvée nicht erst bei ihrer Zusammenstellung im Keller, sondern bereits bei der Lese beginnt“, unterstreicht Secondé. Die „Assemblage“, die Zusammensetzung der einzelnen Bausteine, beschreibt er hingegen als ein „Geheimnis“, das sich durch das Streben nach „Gleichgewicht in der Struktur, in den Aromen und im Geschmack“ auszeichnet. Dieses Gleichgewicht lässt sich erreichen, indem der Winzer an Stellschrauben wie Gärung sowie Verhältnis zwischen Süße und Säure „dreht“.
„Das Herz einer Cuvée ist nicht immer der dominante Teil“, sagt der Experte, der selber Champagner-Produzent ist. „Die Kunst der Komposition besteht darin, die Eigenschaften jedes einzelnen Bausteins im Dienst der Cuvée zu nutzen, aber auch gleichzeitig die einzelnen Bestandteile aufzuwerten.“ Und als ob dieser Drahtseilakt dem Winzer nicht seine Erfahrung und Können abverlangt, betont Secondé, sei es wesentlich, „eine fertige Cuvée genau zur richtigen Zeit herzustellen“. Die Vorteile der vorgestellten Herstellungsmethode liegen auf der Hand, sagt der Fachmann. Dadurch lasse sich die Produktion bereits bei der Weinlese steuern. Gleichzeitig könnten die einzelnen Cuvées personalisiert und Dopplungen im Crémant-Sortiment der Kellerei vermieden werden. „Vor allem muss aber der Winzer nicht geduldig auf ein Millesimé warten.“ Denn die Basis hochwertiger Cuvées habe er bereits bei der Lese gelegt und somit erreicht, aus jeder Weinernte einen besonderen, konstant hochwertigen Jahrgang zu erzeugen.
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