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Kinder- und JugendschutzSexueller Missbrauch im Internet: Was in Luxemburg gegen Cybergrooming getan wird

Kinder- und Jugendschutz / Sexueller Missbrauch im Internet: Was in Luxemburg gegen Cybergrooming getan wird
Cybergrooming bezeichnet laut der deutschen Plattform klicksafe.de die Anbahnung von sexueller Gewalt gegen Minderjährige im Internet. Das englische Wort „grooming“ bedeutet „Striegeln“ und steht metaphorisch für das subtile Annähern von Tätern oder Täterinnen an Kinder oder Jugendliche. Symbolfoto: Jens Kalaene/ZB/dpa, Fotomontage: Yannick Schumacher

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Missbrauch beginnt oft mit dem vorherigen Erschleichen von Vertrauen – so auch beim sogenannten Cybergrooming. Dabei nähern sich Täter online Minderjährigen an, meist um daraufhin andere Taten zu ermöglichen. Auch in Luxemburg kommt das vor, die Dunkelziffer ist laut Experten vermutlich hoch. Polizeiminister Henri Kox erklärt in seiner Antwort auf eine parlamentarische Anfrage, was im Großherzogtum gegen Cybergrooming unternommen wird.

Es beginnt mit einem harmlosen Chat auf Plattformen wie TikTok oder Instagram, doch enden kann es in einer Straftat – die Rede ist von Cybergrooming. Der Begriff bezeichnet die Vorbereitung von Straftaten im Netz, wie zum Beispiel sexuellem Missbrauch. Die Täter nähern sich beim Grooming (übersetzt: „Striegeln“) online Kindern und Jugendlichen an, um so ihr Vertrauen zu gewinnen und sie später manipulieren oder unter Druck setzen zu können. Auch in Luxemburg gab es schon einige Fälle von Cybergrooming, wie Polizeiminister Henri Kox („déi gréng“) in der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage berichtet.

Nancy Kemp-Arendt (CSV) bezieht sich in ihrer Anfrage an den Minister auf Zahlen der Landesanstalt für Medien in Nordrhein-Westfalen, die die Anstalt selbst auf ihrer Website so zusammenfasst: „Fast ein Viertel aller Kinder und Jugendlichen (24 Prozent) wurde bereits im Netz von Erwachsenen zu einer Verabredung aufgefordert.“ In ihren Fragen an den Polizeiminister geht Kemp-Arendt zudem darauf ein, dass in Deutschland die Zahlen beim Cybergrooming während der Corona-Pandemie um 160 Prozent gestiegen seien.

Opferschutz, Prävention und Strafen

Doch zurück zu Luxemburg: Das sogenannte Grooming ist im Großherzogtum eine Straftat. Die Polizei schreibt auf ihrer Website: „Unter Grooming versteht man, wenn ein Erwachsener über elektronische Kommunikationsmittel sexuelle Vorschläge an einen Minderjährigen unter sechzehn Jahren oder an eine Person, die sich als solche ausgibt, macht.“ Nach Artikel 385-2. des Strafgesetzbuches wird Grooming mit einer Freiheitsstrafe zwischen einem Monat bis zu drei Jahren und einer Geldstrafe von 251 bis 50.000 Euro bestraft. Folgt den „Vorschlägen“ tatsächlich ein Treffen, sieht das Gesetz eine Freiheitsstrafe von einem bis fünf Jahren und eine Geldstrafe von 251 bis 75.000 Euro vor. Direkt unter den Erklärungen stellt die Polizei ein Online-Formular zur Verfügung, mit dem sich Betroffene an die Beamten wenden können. Es ist unter der Adresse www.police.public.lu/fr/commissariat-virtuel/de/grooming.html abrufbar. 

Neben dem Opferschutz sei es laut Polizeiminister Kox wichtig, Präventions- und Sensibilisierungsarbeit zu betreiben, um das Grooming einzudämmen. Die Luxemburger Initiative Bee Secure analysiere beispielsweise regelmäßig Resultate aus Umfragen zu dem Thema, wie zum Beispiel den „Gefährdungsatlas“ der „Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien“. Dieses Jahr hätte das Team zudem zum ersten Mal einen eigenen Bericht herausgegeben – den „Bee Secure Radar“. Außerdem stehe die Plattform als Teil des europäischen „Insafe“-Netzwerks im Austausch mit anderen europäischen Initiativen wie klicksafe.de oder saferinternet.at. Direkte Hilfe bietet Bee Secure ebenfalls an: Die Initiative besucht Schulen und leistet dort Aufklärungsarbeit bei den Kindern und Jugendlichen. Betroffene können sich aber auch bei Gesprächsbedarf an deren Helpline (8002 1234) wenden – oder an das „Kanner-Jugendtelefon“ (116111), bei beiden gibt es aber auch online Angebote. In den vergangenen drei Jahren habe es bei der Helpline zehn Kontaktaufnahmen wegen Grooming gegeben – 2.768 Kontaktaufnahmen seien es insgesamt gewesen.

Die Opfer kommen oft nur dann zur Polizei, wenn sie gar keine andere Lösung mehr sehen

Henri Kox, Luxemburgs Polizeiminister

Doch lange nicht alle Betroffenen teilen sich offenbar anderen Menschen mit, wenn sie Grooming erlebt haben. Auch Kox sagt, dass man bei der Polizei von einer „gewissen Dunkelziffer“ ausgehe, die man nicht erfassen könne. Die auf den Bereich spezialisierten Ermittler gingen sogar „von einer steigenden Tendenz in der Anzahl der Fälle in den vergangenen Jahren“ aus. „Die Opfer kommen oft nur dann zur Polizei, wenn sie gar keine andere Lösung mehr sehen, da diese Fälle sehr intim sind. Für Betroffene ist es oft schwer, sich ihren Eltern mitzuteilen und zur Polizei zu gehen“, erklärt der Polizeiminister.

Abgesehen von dem „Bee Secure Radar“ arbeite die Luxemburger Regierung derzeit an einer Analyse der Hilfsangebote für Opfer sexueller Gewalt, darunter auch Cybergrooming. „Das Ziel dieser Analyse ist es, die Schwächen und Stärken unseres Systems zu erkennen und eventuelle Verbesserungsmöglichkeiten oder zusätzliche Maßnahmen auszuarbeiten“, so Kox. 

Der wichtigste Schutz der potenziellen Opfer liege in der Aufklärung der Eltern und der Kinder und Jugendlichen. „Die Eltern sollten sich auch für den Medienkonsum ihrer Kinder interessieren“, sagt der Polizeiminister. Über die Website www.violence.lu werde zum Beispiel über verschiedene Formen von Gewalt, die Erwachsenen und auch Kindern passieren können, aufgeklärt. „Auf dieser Plattform werden auch Informationen zu diesen neuen Formen von virtueller Gewalt wie Sexting, Upskirting und Grooming angeboten, die sich über die sozialen Netzwerke verbreiten und Kinder und Jugendliche betreffen.“

Warnzeichen benennen und Regeln vereinbaren 

Die Initiative klicksafe.de zeigt auf ihrer Website mehrere Dinge auf, die Eltern mit ihren Kindern zum Thema Cybergrooming besprechen können. Darunter auch Warnsignale, anhand derer die Kinder und Jugendliche unangemessene Kontaktaufnahmen oder Nachrichten erkennen können. „So sollte klar sein, dass Jugendliche den Kontakt mit fremden Chatpartner*innen in folgenden Fällen sofort abbrechen und Rat bei bekannten Vertrauenspersonen einholen sollen:
– wenn das Gespräch auf Sexualität beziehungsweise bisherige sexuelle Erfahrungen gelenkt wird;
– wenn Geldgeschenke oder andere „Vorteile“ (zum Beispiel in Online-Spielen) angeboten werden;
– wenn das Zuschicken von Bildern oder Videos verlangt wird oder die Webcam genutzt werden soll;
– wenn das Gespräch schnell in einen privateren Kommunikationskanal (zum Beispiel Skype oder andere Messenger, E-Mail, Telefon) verlagert werden soll;
– wenn ein Offlinetreffen vorgeschlagen wird.“


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– Verjährungsfrist bei Sexualtat gegen Kinder soll in Luxemburg verlängert werden