Gartenzwerge hören gern Geschichten. Am liebsten natürlich ihre eigene, wann sie in die Welt der Menschen traten, welche Dienste sie leisteten und welche heldenhafte Kämpfe sie gegen Spott, Verachtung und manchmal auch Vandalismus ausfechten müssen.
Auch bei uns in Luxemburg gibt es reichhaltige Geschichten von den Wichtelchern, und die Gartenzwerge zählen sich selbstbewusst hinzu. Denn nach den Vorbildern aus Sagen und Märchen wurden sie geformt.
Geschichten über das Heldentum von Zwergen gibt es schon sehr lange, bereits in der germanischen und auch in der griechischen Mythologie tauchen diese auf. Oft bewachten sie edle Schätze und Gold – so hoffen vielleicht auch Gartenbesitzer, die einen dieser lustigen Gesellen aufstellen, dass die Zwerge auf ihren Garten achten.
Die wohl ersten Skulpturen entstanden zwischen 1690 und 1695 in Salzburg. Dort waren im Garten des Schlosses Mirabell 28 Zwergskulpturen aus Marmor aufgestellt. Die meisten von ihnen trugen Gartenarbeitsgerät, zwei Zwerginnen hingegen trugen Obst und Zwiebeln in den Händen. In barocken Gärten des heutigen Tschechiens, in Österreich, Italien und Slowenien fand man häufig Zwergskulpturen.
Zwischen Liebe und Verachtung
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts gerieten die Zwergskulpturen in Verruf, sie waren nicht mehr „modern“ genug. Dabei waren die kleinen Gesellen schon in die hohe Literatur eingezogen. Der deutsche Dichter Goethe ließ in seinem Versepos „Hermann und Dorothea“ einen Apotheker erzählen: „So war mein Garten auch in der ganzen Gegend berühmt, und jeder Reisende stand und sah durch die roten Staketen nach den Bettlern von Stein und nach den farbigen Zwergen.“ Doch zugleich bedauerte der Apotheker, dass sich die Mode geändert hätte und niemand mehr seinen Garten beachte.
Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten. Trotz aller Anfeindungen kehrten die Zwerge in die Gärten zurück. Sowohl die Meissner als auch die Wiener Porzellanmanufaktur stellte Gartenzwerge her, in Thüringen produzierten Manufakturen die kleinen Gesellen aus Terracotta und bemalten sie in bunten Farben.
Sir Charles Isham stellte 21 Zwerge als Schutzgeister in seinen Garten im zentralenglischen Northamptonshire auf. Nach dem Tode des Lords schossen seine Töchter 1903 mit Luftgewehren auf die Zwerge, alle wurden zerstört bis auf Lampy, der in einer Höhle verborgen den „Attentäterinnen“ entging. Er steht heute in einer Vitrine des Schlosses.
Nicht nur die Töchter Sir Ishams konnten offensichtlich Gartenzwerge nicht leiden. Ende des neunzehnten und im zwanzigsten Jahrhundert waren die kleinen Tonwichtelcher als Sinnbild „kleinbürgerlichen Spießertums“ verpönt und verachtet. Dennoch haben die Gesellen, stets als fleißige Gartenhelfer mit Schippe, Hacke und Schubkarren dargestellt, in vielen Gärten auch in Luxemburg überlebt.
Als Helfer im Garten erwünscht
Habt Ihr schon einmal bemerkt, dass die Gartenzwerge, die in den Beeten arbeiten, fast alles kleine Männer sind? Vielleicht leben ja die Gartenzwergfrauen und -kinder in Höhlen unter den Erdbeeren und lassen oberirdisch die schwere Arbeit ihre Väter und großen Brüder verrichten? Wer weiß, vielleicht gibt es dann des Nachts, wenn alle Menschen schlafen, in diesen Höhlen ein großes Fest. Nur manche Zwerge halten dann Wache, denn Gartenzwerge sind auch immer gefährdet. Schon etliche wurden gestohlen. Ja, so manch ein Zwerg hatte es nicht leicht im Leben. In den neunziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts haben sich auch „Fronten zur Befreiung von Gartenzwergen“ (in Frankreich „Front de libération des nains de jardin“) gegründet, die Zwerge aus den Gärten entfernten und in Wäldern und Feldern aussetzten. Also aufgepasst beim Waldspaziergang!
Doch obwohl in ihrer Geschichte vielen Anfeindungen ausgesetzt, haben die Gartenzwerge bis heute überlebt. Wir finden sie noch immer in Gärten, aber auch in der Literatur von den Gebrüdern Grimm (Schneewittchen) bis hin zu Harry Potter. Und ehrlich, wir finden sie doch alle niedlich, oder?
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