In der Zeitspanne von 1957 bis 1962 reihte der aus Kanada stammende Paul Anka (geboren am 30. Juli 1941) Hit an Hit, wie „Diana“ (1957), „I Love You Baby“ (1957), „You Are My Destiny“ (1958), „Crazy Love“ (1958), „Put Your Head On My Shoulder“ (1959), „Lonely Boy“ (1959), „Puppy Love“ (1960) und „A Steel Guitar And A Glass Of Wine“ (1962), die alle auf der CD „Paul Anka: Dianacally Yours“ (1) präsent sind und entweder als rhythmische Renner oder als sentimentale Balladen daherkommen.
Der selbstbewusste Teenagerstar
Als Sechzehnjähriger brachte er das Kunststück fertig, mit einer gekonnt gestammelten Liebeserklärung an ein vier Jahre älteres Mädchen namens „Diana“ einen Zehn-Millionen-Erfolg zu erzielen, der ihn über Nacht zum Teenie-Idol avancieren ließ – angesiedelt zwischen dem stubenreinen Pat Boone und dem angeblich notorischen Jugendverderber Elvis Presley: „Meine Eltern waren nicht begeistert, dass ich als Teenager so viel auf Reisen war, mit Buddy Holly, Jerry Lee Lewis oder den Everly Brothers rund um den Globus auftrat. Sie hätten es lieber gesehen, wenn ich das Familienrestaurant in Ontario weitergeführt hätte.“
Diana war ein unerreichbarer Jugendschwarm, der nichts von ihm wissen wollte. Auf die Frage von Stefan Frommann (in der Süddeutschen Zeitung), ob diese Diana später jemals Kontakt zu ihm suchte, nachdem sie herausgefunden hatte, dass sie die Hauptdarstellerin eines riesigen Millionenhits war, ist Paul Anka um keine Antwort verlegen:
„Diana und ich hatten nie wirklich etwas miteinander. Ich war in sie verknallt, meine Liebe wurde aber nicht erwidert, weil ich zu jung war. Und genauso geht auch der Song. Sie wusste schon, dass ich ihn für sie geschrieben hatte, denn ich sang darin von Partys, auf denen wir beide waren, und ich weiß, dass sie das irgendwie niedlich fand, romantische Gefühle aber hatte sie keine. Als der Song herauskam, wurde er weltweit die Nummer eins. Ich fing an herumzureisen, verließ das hübsche kleine Ottawa in Kanada mit seinen 200.000 Einwohnern. Und als ich nach drei Jahren wieder heimkam, war ich in allen Zeitungen. Sie rief mich an, und wir trafen uns. Als ich sie wiedersah, nach all den Reisen um die Welt und den vielen Fräuleins in Germany und hübschen Mädchen in Frankreich und Italien, stellte ich fest: Ich hatte nicht mehr das geringste Interesse an dieser Diana. Ich bin ihr dankbar für die Inspiration, aber das Leben nahm einen anderen Weg. Sie bedauerte ihr damaliges Desinteresse, aber bei mir war der Funke erloschen, und ich musste ihr das auch ganz ehrlich sagen.“
Immer am Puls der Zeit – sogar auf Deutsch
Darauf angesprochen, warum er 1964 das Lied „Zwei Mädchen aus Germany“ (2) und andere Songs auf Deutsch gesungen habe, obwohl er bereits weltweit bekannt war, beginnt er sofort zu singen: „Weißwürscht, Knödel, Sauerkraut und drei Liter Bier. Gisela from Bayernland schwärmt so sehr dafür …“ Laut lachend erklärt er demselben Stefan Frommann am Telefon: „Ich erinnere mich noch gut an diese Melodien. Seit ich denken kann, hat Peter Kraus meine Lieder auf Deutsch gesungen. Sobald ich eines herausgebracht hatte, war er auch schon mit einer deutschen Fassung da. Ich höre, ihm geht es auch immer noch gut, wir sind ja in einem Alter. Das freut mich, er ist ein netter Kerl, ich habe ihm den Erfolg, den er mit meinen Songs auf Deutsch hatte, immer gegönnt. Als man mich aber fragte, ob ich auch mal ein Lied auf Deutsch singen würde, sagte ich: Na klar, dann kommen wir Peter Kraus mal zuvor. Aber im Ernst: Ich empfand es als tolle Herausforderung und eine gute Möglichkeit, meinen deutschen Fans etwas zurückzugeben.“
Weil Paul Ankas Schmachtballade „Put Your Head on My Shoulder“ derzeit bei TikTok als Musik einer „Silhouette Challenge“ zum Einsatz kommt, sind viele heutige Kids auf den Altstar aufmerksam geworden, über dessen musikalischen Hintergrund sie mehr wissen wollen. Der kanadische Entertainer begann als Teenie-Schwarm und erfreut sich jetzt erneut großer Beliebtheit bei den heutigen Jugendlichen, die seine Kompositionen zu entdecken beginnen, worüber er sich die Bemerkung nicht verkneifen kann: „Das ist fast ein bisschen peinlich – ich komme mir mit 80 vor wie ein zweiter Justin Bieber.“
Präsent auf der Bühne in jeder Dekade
Hatte er am Anfang seiner Karriere Kinderschulträume perfekt in populäre Eigenkompositionen verpackt, so versuchte er danach, bis heute als Autor besinnlicher Weisen und Texte (von insgesamt 900 musikalischen Werken) im Gespräch zu bleiben, wie zum Beispiel mit „My Way“, das er für Frank Sinatra zur Melodie des französischen Chansons „Comme d’habitude“ textete, oder mit „She’s A Lady“, das er für Tom Jones komponierte:
„Mit Sinatra, den ich Ende der Fünfziger in Las Vegas kennengelernt hatte, verband mich nicht nur eine enge Freundschaft, er war auch mein Inspirator. Er sagte damals, wohl eher im Spaß, dass er sich bald zur Ruhe setzen werde und Las Vegas Talente wie mich gut gebrauchen könnte. Ich stehe an rund 150 Tagen im Jahr irgendwo auf der Welt auf einer Bühne. Nicht nur in Las Vegas oder an den Niagarafällen, auch in meiner Heimat Kanada, in Brasilien oder Asien. In die Konzerte kommen auch viele junge Leute, manchmal sind die Twen-Fans sogar in der Überzahl. Musik ist nach wie vor meine große Leidenschaft, für andere Hobbys bleibt da nicht viel Zeit. Golf spielen kann ich schließlich mit 90 immer noch.“
Musiktipps
(1) Paul Anka: „Dianacally Yours“ (Bear Family Records, Grenzweg 1, D-27729 Holste, www.bear-family.de, 1 CD Digipak mit 48-seitigem Booklet, 36 Titel, Gesamtspieldauer ca. 88 Minuten, BCD 17247, 13,95 Euro;
(2) Paul Anka: „Zwei Mädchen aus Germany“ (Bear Family Records, Grenzweg 1, D-27729 Holste, www.bear-family.de, 1 CD mit 26 Songs, BCD 15613, 13,95 Euro)
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