Der Luxemburger Journalistenverband fordert seit Jahren einen Informationszugang für Journalisten. Stattdessen erscheint 2016 das „Circulaire Bettel“, das die Rechte und Pflichten von Staatsbediensteten im Umgang mit der Presse regelt. Demnach müssen Staatsbeamte den Pressestellen der öffentlichen Verwaltungen alle nötigen Informationen zur Verfügung stellen, damit diese eine Antwort an die anfragenden Journalisten formulieren können. Der Beamte selbst darf eine Information nur dann weiterleiten, wenn der Minister oder Ressortchef sein Einverständnis gegeben hat. Zudem dürfen keine „Informationen mit rein internem Charakter“ oder als geheim klassifizierte Informationen weitergegeben werden. Am Montag nun wurde das Circulaire Bettel 2.0 verschickt. Dieses hält an dem vorigen Rundschreiben fest, ergänzt es jedoch in einigen Punkten:
- Die Verpflichtung, Informationsanfragen innerhalb von 24 Stunden nach der Anfrage zu bearbeiten, entweder durch Zusendung der angeforderten Informationen oder durch Zusendung einer Empfangsbestätigung mit Angabe der geschätzten Zeit, die für die Bereitstellung der Informationen benötigt wird.
- Die Verpflichtung, eine rechtliche Begründung anzugeben, wenn die angeforderte Information nicht bereitgestellt werden kann.
- Die Einrichtung einer allgemeinen E-Mail-Adresse wie communication@xxxx.etat.lu, auf die mindestens zwei Staatsbedienstete Zugriff haben müssen.
- Einführung eines gut sichtbaren Banners auf den Webseiten, der die Namen und Telefonnummern der Presseagenten sowie die allgemeine E-Mail-Adresse enthält.
Das Tageblatt hat sich mit dem Generalsekretär des Luxemburger Journalistenverbandes (ALJP), Luc Caregari, über das neue Rundschreiben unterhalten und darüber, was diese Änderungen für die tägliche Arbeit der Journalisten bedeuten.
Tageblatt: Das Circulaire Bettel wurde am Montag aktualisiert. Beim Durchlesen des Rundschreibens sind mir keine großen Neuerungen aufgefallen. Wie sieht der Luxemburger Journalistenverband diese „Errungenschaft“?
Luc Caregari: Also, eine Errungenschaft würde ich es nicht nennen. Wir begrüßen als ALJP, dass etwas Bewegung in der Frage aufgekommen ist. Während Jahren hat sich eine Regierung unbeweglich gezeigt. Wir hatten das erste Circulaire Bettel damals ja stark kritisiert. Für uns ist es ein Mikrofortschritt in die richtige Richtung. Wir bleiben aber bei unserer Forderung, dass das Recht auf Information im Gesetz von 2004 zur Meinungsfreiheit in den Medien festgeschrieben wird. Ein Rundschreiben hat einfach nicht den gleichen juristischen Wert, als wenn der Informationszugang gesetzlich verankert ist. An dieser Forderung hat sich nichts geändert und daran halten wir fest.
Und es ist genau dieser Punkt, wo die Regierung weiter mauert? Auf Twitter haben Sie verkündet, dass es das Beste sei, was der Journalistenverband aushandeln konnte …
Es wurden schon Neuerungen festgehalten, wie zum Beispiel die 24-Stunden-Regel oder aber der Umstand, dass Rechenschaft abgelegt werden muss, wenn dieser Zeitrahmen nicht eingehalten werden kann. Zudem gibt es nun einen Mechanismus, über den sich Journalisten beschweren können. Das haben wir gefordert und wurde, zu unserem Erstaunen, auch umgesetzt. Unsere eingereichten Vorschläge wurden in der Hinsicht weitestgehend übernommen.
Was mich an der 24-Stunden-Regelung stört: Die Ministerien antworten mit einer Eingangsbestätigung – die inhaltliche Antwort aber erfolgt dann Tage oder Wochen später. Das wird dann auch unter der neuen Regelung weiterhin möglich sein, oder?
Ja, aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung, dass schnellstmöglich eine Antwort erfolgen soll. Die Pressestellen müssen nun belegen und erklären können, warum sie nicht in den ersten 24 Stunden geantwortet haben. Das bietet den Journalisten eine gewisse Verhandlungsbasis. Ich würde deshalb jedem Journalisten empfehlen, die staatlichen Pressestellen auf die Bestimmungen des Rundschreibens aufmerksam zu machen.
Dem neuen Circulaire Bettel zufolge müssen „rechtliche Gründe“ aufgeführt werden, warum eine Information nicht an die Journalisten weitergegeben wird. Auch das bietet den Pressestellen genügend Möglichkeiten, nicht auf eine Frage zu antworten.
Ja, das ist richtig. Bedauerlich, aber richtig. Aber bei rechtlichen Gründen kann dann prinzipiell auch der Weg übers Gericht gewählt werden.
Die verordnete Einführung und Auflistung der Mailadresse der staatlichen Pressestellen ist hingegen eher eine Anpassung an die Realität. Der Umstand aber, dass nun jede staatliche Administration über eine Pressestelle verfügen muss, hat nicht nur positive Seiten. Überall stehen die Pressebeauftragten zwischen dem Journalisten und der Information.
Jedes Ministerium hat ja bereits eine Pressestelle. Ich glaube also nicht, dass sich in der Hinsicht allzuviel ändern wird.
Bei den Ministerien nicht, jedoch bei einigen staatlichen Administrationen …
Ja, das ist eine allgemeine Tendenz, die wir seit längerem beobachten. Von der Tendenz sind wir nicht begeistert, können da aber auch nicht viel dagegen unternehmen. Wir können das kritisieren, jedoch ist das eine Entwicklung, die es in der Form nicht nur in Luxemburg gibt.
Ist die Regierung oder spezifisch Medienminister Xavier Bettel der Meinung, dass es hilfreich ist, eine Armada an Pressesprechern zwischen den Journalisten und seine Information zu stellen?
Das müssen Sie ihn oder eben seine Pressestelle fragen. Das kann ich nicht beantworten.
Das Circulaire Bettel gilt nun auf staatlicher Ebene. Immer öfters aber stoßen wir bei unseren Nachforschungen auf die gleichen Muster auf Gemeindeebene. Beamte reden erst dann mit der Presse, wenn sie das Okay eines Bürgermeisters oder eines Schöffen haben.
Aufgrund der Gemeindeautonomie können wir in der Hinsicht relativ wenig unternehmen. Dafür bräuchten wir eine gesetzliche Regelung, unter die dann nicht nur die staatlichen Verwaltungen, sondern eben auch die Gemeinden fallen. Das ist ja auch eine unserer Forderungen. Bis dahin entscheidet jede Gemeinde selbst, wie sie mit solchen Anfragen umgeht.
Was sind die weiteren Schritte der ALJP in puncto Informationszugang?
Wir halten an unserem Kurs fest und werden keine Ruhe geben, bis das Gesetz von 2004 angepasst wird und ein Informationszugang darin verankert wird.
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