„There is a Smile of Love/ And there is a Smile of Deceit/ And there is a Smile of Smiles/ In which these two Smiles meet“. Benannt hat sich die neue Band von Radiohead-Sänger Thom Yorke, Radiohead-Gitarrist Johnny Greenwood und Sons-of-Kemet-Schlagzeuger Tom Skinner nach einem Gedicht von William Blake, mit dem das Trio bisher auch jedes ihrer Konzerte begann. Die vier Zeilen des Gedichts verdeutlichen dabei, dass diese Band mit ihrer Musik und ihren teils politischen, sozialkritischen Lyrics für mehr als nur gute Laune und ein Lächeln zu gebrauchen ist.
Dies galt auch für das Konzert in dem pittoresken Hof der Abtei Neumünster: Nachdem Thom Yorke unter den gespannten Blicken der hiesigen Kulturszene – denn das Konzert am Montagabend ähnelte ein bisschen einem Klassentreffen der Luxemburger Kulturschaffenden – ein DJ-Set improvisierte, betrat das Trio die Bühne und legte mit dem Album-Opener „The Same“ los: Wabernde Analog-Synthies erzeugten dabei einen atmosphärischen Klangteppich, auf den sich Thom Yorkes auch live perfekt-quirlige Stimme zwischen Melancholie und Aufgebrachtheit legt. Die Textzeile „We are all the same“, die Yorke wie ein Mantra wiederholte, schuf dabei genau diesen Eindruck einer aus einer improvisierten Gemeinschaft entstandenen Solidarität, die in den letzten beiden konzertlosen Jahren so sehr gefehlt hat und die, weil es dem Trio gelang, das Publikum in den Bann zu ziehen, sich über die Dauer des Konzerts hinausstreckte.
Da The Smile weniger elektronische Tanzeinlagen als Radiohead oder Yorkes Solowerk bieten, musste man weitestgehend auf Yorkes Trademark-Pudding-Tanz verzichten, im Vergleich mit Greenwood, der nach wie vor den schüchternen Shoegazer gab, wirkte der Sänger, der mit strähnigen Haaren und Zwei-Wochen-Bart über die Bühne wirbelte, dennoch geradezu hyperaktiv.
Irgendwie spielt in dieser Band auch jeder alles – bei den ruhigen Tracks ist Skinner für die Synthies und Ambient-Kulisse zuständig, Yorke sieht man erstaunlich oft an der Bassgitarre, der Sänger schrammelt aber auch, wie bei „Free in the Knowledge“, Akkorde an der akustischen Gitarre oder setzt sich, wie für „Panavision“, dem ersten Song der Zugabe, der auch auf Yorkes Soundtrack zu Luca Guadagninos Dario-Argento-Remake „Suspiria“ nicht Fehl am Platz gewesen wäre, ans Klavier, um eine leicht schiefe, etwas gruselige Melodie zu spielen. Johnny Greenwood übernimmt wie auch bei Radiohead die progressiveren, vertrackteren Gitarrenparts wie beim Prog-Krautrock von „Thin Thing“ oder beim bis dato unveröffentlichten „Just Eyes and Mouth“, man sieht den Tausendsassa aber auch manchmal am Bass oder an den Synthies, wenn er nicht gerade, wie im Endpart des schönen „Speech Bubbles“, Klavier und Harfe gleichzeitig bedient – fast wirkt es so, als wolle Greenwood es mit dem hyperaktiven Wunderkind Nils Frahm aufnehmen.
Fokussiert und minimalistisch
Im Allgemeinen gilt: Auf der Bühne wirkt die Band minimalistischer als auf der Platte, da die Streicher, die verschiedenen Tracks einen orchestralen Touch verleihen, hier wegfallen. So fällt das Hauptaugenmerk auf die flächigen, analogen Synthies, die zahlreichen, von Greenwood und Skinner betätigten Effektpedalen, die teils arpeggierten, teil frenetisch geschrammelten Gitarren, die eleganten, tanzbaren Bass-Lines und Tom Skinners wunderbar synkopiertes Schlagzeugspiel.
Die Setlist alterniert dabei geschickt zwischen den stürmischeren Tracks wie „Thin Thing“, „A Hairdryer“, dem Albumhighlight „We Don’t Know What Tomorrow Brings“ oder dem abschließenden „You Will Never Work For Television Again“, das die Menge endlich ein (klein) wenig zum Tanzen anregt, und den ergreifenden Balladen wie „Free In the Knowledge“ oder „Open the Floodgates“ oder dem minimalistischen „Skrting on the Surface“.
So wirkt das Trio gleichzeitig verkopft und vom Erwartungsdruck der Hauptband befreit – was die in die Setlist eingewebten neuen Tracks definitiv beweisen: Neben den 13 Songs der ersten Platte „A Light for Attracting Attention“ gab es in Luxemburg gleich drei neue Kompositionen. Dabei machen alle drei Tracks – das bereits während des ersten großen Live-Stream-Konzerts der Band vorgestellte „Just Eyes and Mouth“, dessen nervöse Gitarren definitiv an die Postrocker von Maserati erinnern, der funkige, unbeschwerte Indie-Rock von „Bodies Laughing“ und „Colours Fly“, das mit seinem leicht schiefen, genuschelten Gesang wie ein Hybrid aus „Double You“ von One Sentence. Supervisor, einem frühen Track von Clinic und einem optimistischeren Outtake von Massive Attacks dunkel-brodelndem „100th Windows“ klingt – definitiv Lust auf eine zweite Platte.
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