Den Luxemburgern geht es gut, zu diesem Ergebnis kommt jedenfalls der „Better Life Index“ der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Er gilt als Indikator zur Messung des Wohlergehens der Bewohner eines Landes. Die Werte, so das Ergebnis der letzten Erhebung für das Jahr 2021, liegen in Luxemburg über dem Durchschnitt der mehr als 100 Mitgliedstaaten. Dies gilt insbesondere für die Bereiche Einkommen und Vermögen, Sicherheit, Lebenszufriedenheit, Gesundheit und Umwelt. Wichtige Faktoren, die dazu beitragen, dass die Menschen in unserem Lande auf eine stetig wachsende Lebenserwartung blicken dürfen. Denn auch hier schneidet laut der aktuellen Erhebungen der OECD das Großherzogtum besonders gut ab: Was den Gesundheitsindikator betrifft, beträgt die Lebenserwartung in Luxemburg derzeit 83 Jahre und liegt damit zwei Jahre über dem OECD-Durchschnitt von 81 Jahren. Schlüsselt man diese Daten noch weiter auf, beträgt die Lebenserwartung von Frauen derweil 85 Jahre, die der Männer 80 Jahre. Es stellt sich damit die Frage, wie die Gesellschaft diese älteren Mitbürger weiterhin integrieren, sie aktiv am kommunalen und gesellschaftlichen Leben beteiligen kann. Dabei ist jedoch nicht nur an die eigenen Landsleute zudenken. Luxemburg ist auch ein Land der Zuwanderer. Die sich erweiternde Industrialisierung der 1960er Jahre bewirkte, dass immer mehr Arbeitskräfte aus anderen Ländern nach Luxemburg kamen, um hier in Lohn und Brot zu stehen. Genau diese Menschen sind mittlerweile im Ruhestand und heute eine Gruppe der Senioren, die unser aller Aufmerksamkeit bedürfen. Eine Generation, die erheblich zum Wohlstand unserer Gesellschaft beitrug und heute vom Nutznießen ihrer Arbeitsergebnisse nicht ausgeschlossen werden soll.
Politik übernimmt Verantwortung
Dass dies so ist, hat auch die Politik erkannt. Im Rahmen des Nationalen Aktionsplans für Integration unterstützte das Ministerium für Familie und Integration ein Projekt der Universität Luxemburg und des Kompetenzzentrums für das Alter GERO zu Fragen des „Aktiven Alterns in Luxemburg“ („Le vieillissement actif au Luxembourg, VAL“). Die Studie mit dem Titel „Aktives Altern im Kontext kultureller Vielfalt in Luxemburg“ unter Leitung der Psychologin Dr. Isabelle Albert (Uni Luxemburg) gab in ihrem Abschlussbericht zahlreiche Empfehlungen für Politik und Praxis. Es bestätigt nicht nur die Vermutung, dass ältere Mitbürger mit Migrationshintergrund es teilweise schwerer haben, sich in soziale Netzwerke zu integrieren als hierzulande Geborene, sondern zeigt auch Wege auf, diese Barrieren zu überbrücken. „Unsere Untersuchungen zeigten zum Beispiel, dass das Zugehörigkeitsgefühl zu unserem Land und zu den Wohngemeinden zwar insgesamt hoch ist, jedoch bei ‚Nichtluxemburgern‘ etwas geringer ausgeprägt war als bei ‚Einheimischen‘“, so Albert. „Interessanterweise zeigte sich auch, dass diejenigen mit doppelter Staatsangehörigkeit sowohl soziale Netzwerke innerhalb Luxemburgs als auch transnationale Netzwerke hatten und so von einer doppelten Zugehörigkeit für ihr Wohlbefinden zu profitieren scheinen.“
Für die Teilhabe älterer Menschen an der Gesellschaft zeigte sich auch, dass diese zu Zeiten der Corona-Pandemie deutlich erschwert wurde. Aus verschiedenen Gesprächen konnte man erkennen, dass es teilweise schwierig war, Aktivitäten aufzunehmen oder wiederzubeleben. Viele Teilnehmer haben sich gefreut, als endlich wieder mehr Aktivitäten stattfinden konnten. Allerdings ergaben sich auch Schwierigkeiten, beispielsweise wenn Räumlichkeiten nicht mehr vorhanden waren, da sie mittlerweile anderweitig genutzt wurden, und teilweise war es auch schwierig, Leute wieder für Aktivitäten zu begeistern, wenn man sich sozusagen daran gewohnt hat, mehr Zeit zu Hause zu verbringen, statt etwas mit anderen zu unternehmen. Da sind auch Hemmschwellen entstanden, die erst wieder abgebaut werden müssen. „Mitunter war es für Personen, die sich während der Pandemie zurückgezogen haben, schwierig, wieder Kontakte zu knüpfen und auf andere zuzugehen“, so Isabelle Albert in einer rückschauenden Betrachtung.
Integration gemeinsam gestalten
Hinzu kommen Faktoren, die die gesamte ältere Bevölkerung treffen können: Hier zählt natürlich die eigene gesundheitliche Situation. Des Weiteren kann die Pflege eines Angehörigen dazu führen, dass man nicht mehr so einfach das Haus verlassen kann. Darüber hinaus sprechen manche Ältere von „einem Gefühl, nicht dazuzugehören“. Dies betrifft etwas stärker Ältere mit Migrationshintergrund. Beispielsweise kann die Sprache für Senioren aus diesem Bevölkerungskreis ein Grund sein, sich mehr zu isolieren. Selbst wenn die Menschen schon seit vielen Jahren hier leben, bleibt dies oft ein dauerhaftes Problem. All diese unterschiedlichen Faktoren, so das Ergebnis der Studie, können in die soziale Isolation führen. Darüber hinaus, so die Untersuchung, müssen Angebote stimmig sein: Ein heute 60-Jähriger hat vielleicht andere Interessen als jemand, der schon über 80 ist. Aber eben auch andere Interessen als jemand, der vor zehn oder zwanzig Jahren dieses Alter erreicht hatte.
Doch neben der Aufschlüsselung der unterschiedlichsten Hindernisse an einer aktiven Teilnahme am gesellschaftlichen Leben zeigt die Studie auch Lösungsvorschläge auf. Eine Idee sind die sogenannten Schlüsselpersonen. Dies können besonders engagierte Personen sein, die als Vermittler für zurückhaltendere Menschen da sind. Bei den sprachlichen Barrieren können auch Kurse, bei denen die Sprache erst einmal nicht im Vordergrund steht, helfen: Musik, Kultur oder sportliche Aktivitäten vermögen diese Hindernisse zu überwinden. Um auch „jüngeren“ Senioren gerecht zu werden und zukünftige Bedürfnisse zu erfassen, hat die Untersuchung bereits Menschen ab einem Alter von 50 Jahren miteinbezogen. Hier gab es neue Ideen, zum Beispiel hatte eine Person aus dieser Altersgruppe den Vorschlag des „wine-tasting“ und „whisky-tasting“, eine andere wünschte sich Programmierkurse. Ein weiterer Befragter gab an, dass er sich Basketball in einer Veteranenmannschaft in seinem Sportclub wünscht.
Sport, Spiel und Freizeitaktivitäten können dazu beitragen, dass sich auch Menschen aus verschiedenen Kulturkreisen gegenseitig bereichern. Hier können jedoch vor allem auch junge Menschen als Schlüsselpersonen helfen, Kontakte herzustellen und die Einsamkeit zu überwinden. Denn auch die Jüngeren werden einmal älter und wollen dann so vital wie möglich den Lebensabend begehen.
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