„Tod und Nachtigallen“ ist zum einen ein psychologisches Familiendrama, das in die politischen Wirren zwischen Katholiken und Protestanten eingebunden ist. Die radikale irische Unabhängigkeitsbewegung hat sich gegründet und verübt erste Attentate. Zum anderen aber auch ein Schauerroman voller Suspense. Das literarische Personal aus Bischöfen, Bauern, Politikern, Mägden und Torfstechern ist in Händel verwickelt, betreibt Erpressung, Verleumdung. Und allgegenwärtige Vorurteile gegen die andere Glaubensrichtung, die immer auch politische Konsequenzen nach sich zieht, gefährden die Existenzen. Die mitreißende, weil dicht strukturierte, den Leser nicht mehr loslassende Handlung spielt inmitten einer Landschaft aus schaurigen Mooren und nassen Weiden, ein Panorama voller Betrug, altem Hass und neuen Tragödien. Ein Untergang maßloser Schönheit, ein Epos voller authentischer Stimmen, die Gehöft und Gegend bevölkern, begleitet von Wiehern, von Flügelschlägen, vom Quieken und dem Gebrüll leidender Kühe. Ein großer Wurf ist dieser Roman, in dem die Liebe nicht nur eine andere Zukunft bringt, als das erhoffte Leben, das man sich ausgemalt hatte, sondern Abgründe heraufbeschwört.
Eugene McCabe gelingt es neben seinen Hauptfiguren einen Chor an fein abgestimmten Charakteren ins Feld zu schicken, die sich immer wieder einzeln zu Wort melden und so den Gesamtsound dieses Werkes komponieren. Ein zeitgenössisches Stück Literatur, das mit modernem Werkzeug einen geradezu klassischen Roman präsentiert.
GuH
Eugene McCabe
Tod und Nachtigallen
Aus dem Englischen von Hans-Christian Oeser
Steidl Verlag 2021
296 S., 19,90 €
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