Für Spinnenphobiker ist es ein grausliger Anblick – doch im Australian Reptile Park nördlich von Sydney ist die Freude über eine massive Trichternetzspinne derzeit groß. Denn das überdimensionale Exemplar, das mit seinen Fangzähnen sogar menschliche Fingernägel durchbohren könnte, gibt dank seiner Größe auch eine großzügige Menge an Gift ab. Letzteres sammelt der australische Tierpark, damit im Nachgang daraus Gegengift hergestellt werden kann.
Das außergewöhnliche Spinnentier misst geschlagene acht Zentimeter inklusive seiner Beine. Der Körper alleine ist bereits fünf Zentimeter dick. Auch die Fangzähne sind mit zwei Zentimeter deutlich länger als bei anderen Trichternetzspinnen. „In meinen über 30 Jahren im Park habe ich noch nie eine so große Trichternetzspinne gesehen“, sagte Michael Tate vom Australian Reptile Park.
Perfekte Bedingungen
Ausreichend Niederschläge haben in den vergangenen Wochen perfekte Bedingungen für die Trichternetzspinnen geschaffen. Trotzdem hat die Größe des Tieres die Zooangestellten überrascht. Die Tierpfleger versuchen derzeit herauszufinden, wo das Riesenexemplar gefunden wurde. Denn das Tier wurde von einem anonymen Spender abgegeben und befand sich in einem Tupperware-Behälter ohne nähere Beschreibung.
„Sie ist ungewöhnlich groß“, meinte Tate. Wenn die Öffentlichkeit dazu gebracht werden könnte, mehr Spinnen wie sie abzugeben, würde man aufgrund der riesigen Menge an Gift, die solche Tiere produzieren können, auch mehr Leben retten können, sagte der Experte.
Rund 300 Dosen Gegengift werden benötigt
2016 hatte warmes Wetter schon einmal für extrem günstiges „Spinnenwetter“ in Sydney gesorgt. Damals waren die Tiere so aktiv, dass der Zoo nicht nur mehr Spinnen als sonst erhalten hat, sondern eben auch deutlich größere. Damals wurde ein Spinnenmännchen mit 7,5 Zentimeter Durchmesser abgegeben, das laut des Tierparks konstant Gifttröpfchen an seinen Fangzähnen kleben hatte. Die Spinne war in Newcastle, etwa zwei Autostunden nördlich von Sydney, gefunden worden.
Im Durchschnitt werden laut des Parks rund 300 Dosen Gegengift pro Jahr in Australien benötigt. Dafür muss der Australian Reptile Park erst einmal ausreichend Gift melken. „Trichternetzspinnen leben nur zwölf Monate und deswegen brauchen wir regelmäßig Nachschub für unsere Männchen“, sagte die Kuratorin des Parks, Liz Vella, damals im Interview.
Ohne Gegengift kaum zu überleben
Die männliche schwarze Trichternetzspinne ist die giftigste Spinne der Welt. Das Männchen ist sechsmal giftiger und auch angriffslustiger als das Weibchen. Ohne Gegengift kann ein Biss einen erwachsenen Menschen innerhalb weniger Stunden töten. Im Australian Reptile Park werden die gefährlichen Tiere mit Hilfe von Pipetten „gemolken“ und das gesammelte Gift zu einem australischen Labor geschickt, das daraus das lebensrettende Gegengift herstellt. Dieses kam 1981 zum ersten Mal zum Einsatz.
Zu den Symptomen nach einem Biss gehört, dass die Bissstelle stark schmerzt und anschwillt, die Gesichts- und Zungenmuskeln zucken, die Augen zu tränen beginnen, der Speichelfluss unkontrolliert ist und sich Schleim in der Lunge ansammelt. Oft geht ein Biss auch mit Übelkeit, Erbrechen und Bauchschmerzen einher. Später – in Phase zwei – folgen Ohnmacht, Koma und eventuell Herzstillstand.
Delikatesse für Langnasenbeutler
Vor der Entwicklung des lebensrettenden Gegengifts sind 13 Todesfälle bekannt. Der letzte ereignete sich wenige Monate vor der Einführung des Gegengifts. Ein zweijähriger Junge starb, nachdem er drei Tage lang um sein Leben gekämpft hatte. Seitdem konnten alle Spinnenopfer gerettet werden, bis auf eine Ausnahme, die auf eine Fehldiagnose zurückzuführen ist. Interessanterweise greift das Gift Säugetiere nicht im gleichen Maße an wie Menschen. Hunden und Katzen macht ein Biss nichts aus und für Bandicoots – die australischen Langnasenbeutler – ist die Spinne sogar eine Delikatesse auf dem Speiseplan.
Die Tiere leben in kühlen und oft feuchten Erdlöchern im Boden und weben trichterförmige Netze. Im Normalfall bekommen deswegen nur wenige Leute sie wirklich zu Gesicht. Doch es empfiehlt sich, keine Schuhe oder anderen Kleidungsstücke am Boden im Freien herumliegen zu lassen.
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