Aussortieren: Eine subjektive Entscheidung
Jeder Anfang ist schwer. Besonders, wenn es um das Sortieren von Fotos geht. Dank Smartphone und Co. entstehen gefühlt Tausende Bilder, die irgendwann den Datenspeicher überfüllen. Umso mehr empfiehlt es sich, für Ordnung und Übersicht zu sorgen. Das Mittel zum Zweck heißt Bilder löschen. Aber welches Foto bleibt und welches geht?
„Ein gutes Foto ist ein Foto, auf das man länger als eine Sekunde schaut“, hat mal der berühmte französische Fotograf Henri Cartier-Bresson gesagt, der durch seine kunstvollen Schwarz-Weiß-Bilder weltbekannt wurde.
Fotografin Anne Lommel (annelommel.com) spricht von einer „subjektiven Entscheidung“, ob man ein Bild löscht oder behält. Es gehe darum, die Bilder zu speichern, die einem am besten im Moment der Durchsicht gefallen, sagt Lommel. „Dabei auf Farben, den Kontrast, das Licht und den Schnitt des Bildes achten.“ So entscheiden auch objektive Kriterien, welches Bild bleibt. „Ist bei einem Gruppenbild eine Person abgeschnitten, handelt es sich um kein wertvolles Bild. Oder wenn der Winkel, aus dem das Bild fotografiert wurde, nicht der richtige ist“, erklärt die Fotografin. Beispielsweise sei es vorteilhafter, von oben zu fotografieren. Würde man von unten fotografieren, bekämen die Menschen auf dem Bild ein Doppelkinn, gibt Lommel zu bedenken.
Wer bei der Sortierung der Bilder puristisch vorgehen mag, hält es wie Ordnungspäpstin Marie Kondo: Sie empfiehlt, nur Bilder zu behalten, die einen glücklich machen, maximal fünf Aufnahmen pro Ereignis.
Ein gutes Foto ist ein Foto, auf das man länger als eine Sekunde schaut
Harmonie: Der Goldene Schnitt
Der sogenannte Goldene Schnitt oder die Drittelregel in der Fotografie entscheidet, ob wir ein Bild als harmonisch wahrnehmen. Diese Regel beim Fotografieren anzuwenden, ist nicht schwer: Das Motiv sollte etwas horizontal oder vertikal zur Mitte versetzt geordnet werden.
Der Goldene Schnitt basiert auf dem Verhältnis 61,8 zu 38,2. Eine senkrechte (gedankliche) Linie teilt dabei das Bild in zwei. Ob die Linie eher links oder rechts ausgerichtet ist oder sich oben oder unten auf dem Bild befindet, ist zweitrangig. Sie dient als Orientierung beim Platzieren des Hauptmotivs auf dem Bild.
Bei der Drittelregel werden zunächst zwei (gedachte) Linien senkrecht und zwei Linien waagerecht durchs Bild gezogen, sodass neun gleich große Quadrate entstehen. Das Bildmotiv wird entweder an den Schnittstellen zweier oder entlang einer Linie platziert.
Ob Goldener Schnitt oder Drittelregel, wer sich mit dem Raster aus (gedachten) Linien schwertut, kann sich in den Einstellungen seines Fotoapparats umschauen. Manche Kameras zeigen die Hilfslinien auf dem Monitor, sodass man sich leichter beim Platzieren des Hauptmotivs orientieren kann.
„Trilogie“ – der Meister der Fotografie Henri Cartier-Bresson integrierte stets geometrische Formen in seine Bilder. Im Tageblatt-Gespräch zitiert Editpress-Fotojournalist Alain Rischard Bressons Grundsätze. „Der Begriff der Trilogie meint, drei gedachte Punkte auf der Aufnahme miteinander zu kombinieren.“ Damit sei nicht gemeint, drei Objekte nebeneinander in einer Linie einzureihen, sondern die Objekte in unterschiedlichen Abständen oder Höhen so zu platzieren, dass sie ein Dreieck, eine Dreierverbindung bekommen, eine Trilogie eben. Rischard erklärt, durch diese Art und Weise der Bildkomposition bekomme das Bild mehr Dynamik.
Augen auf beim Fotografieren
Gleichzeitig plädiert Bildredakteur Rischard dafür, auch „unperfekten“ Bildern eine Chance zu geben, um im Privatarchiv zu bleiben. „Das Bild muss nicht immer gestochen scharf sein“, sagt Alain Rischard, „es muss aber eine Geschichte erzählen.“ Genau wie sein Vorbild Cartier-Bresson spricht sich der Fotograf dafür aus, beim Fotografieren stets beide Augen offenzuhalten und nicht beim Blick durch die Kamera ein Auge zuzukneifen.
Cartier-Bresson nannte diese Fähigkeit, das Gesamtbild zu erfassen, den „perfekten Moment“ einfangen. Alain Rischard sagt, wer mit beiden Augen das Gesamtbild betrachte, konzentriere sich nicht nur auf das Hauptmotiv, sondern nehme das Gesamtbild wahr.
Archivieren: Am richtigen Platz
Ganz so rigoros wie Marie Kondo ist Fotografin Anne Lommel bei der Menge der Bilder, die sie beherbergt, auch von Berufs wegen nicht. Lommel setzt hier auf einen externen Speicher, den sie am PC angeschlossen hat. Zusätzlich zu der Harddisk empfiehlt die Fotografin auch die Sicherung der Bilder an einem virtuellen Speicherplatz. Ob in der Cloud oder in einem virtuellen Speicherdienst wie Dropbox, „eine zusätzliche Sicherung der Bilder ist mehr als empfehlenswert“, sagt Lommel.
Damit die Aufnahmen gelingen, sollten sich Hobby-Fotografen vorher überlegen, welche Geschichte sie mit dem Bild erzählen möchten, sagt Rischard. „Damit ändert sich die Einstellung zum Fotografieren.“ Eine genaue Vorstellung vom fertigen Bild hilft, weniger unnütze Bilder zu machen, die man später löschen müsse.
Eine Methode, Bilder schlau zu sortieren, wäre, Ordner auf dem PC oder dem Smartphone chronologisch (nach Monaten oder Jahren) oder nach Anlässen (Urlaub, Hochzeit) zu benennen. Die chronologische Ablage hilft, die Aufnahmen übersichtlich zu archivieren. Die Kategorisierung nach Anlässen leistet gute Dienste, wenn man aus den Bildern Fotobücher zusammenstellen möchte.
Fotoalbum oder Fotobuch?
Die Frage ist so individuell wie die Menschen selbst. Wer sich fürs Fotoalbum entscheidet, muss ausmisten und nur die für ihn bedeutendsten Bilder ins Album platzieren. Hier gilt wieder Marie Kondos Ansatz „weniger ist mehr“. Denn nichts ist langweiliger, als das gleiche Motiv auf mehreren Bildern betrachten zu müssen.
Allerdings erfordert das Fotoalbum auch mehr Einsatz: Bilder müssen ausgewählt werden, ausgedruckt, eingeklebt und beschriftet werden.
Das Fotobuch hingegen lässt sich mit wenigen Klicks aus dem Bildermeer auf dem Smartphone oder am Computer zusammenstellen. Allerdings sind die individuellen Gestaltungsmöglichkeiten bei den vorgegebenen Layouts geringer als beim Fotoalbum.
Apps helfen, Mehrwert zu schaffen
Apps zur Bildbearbeitung können helfen, Details und kleine handwerkliche Fehler an den Schnappschüssen auszubessern, sagen unsere Experten.
„iPhoto“, das Bildbearbeitungs- und Archivierungsprogramm für Mac-Nutzer, wurde 2019 mit dem Wechsel des Betriebssystems Catalina eingestellt. Sein Nachfolger hat beinahe alle Funktionen des iOS-Fotos übernommen: Neueste Aufnahmen werden zuerst angezeigt, iPhoto-Ereignisse oder auch Fotos mit Gesichtserkennung blieben erhalten.
„Mit diesem Programm lassen sich Bilder verarbeiten, wenn es schnell gehen muss“, sagt Editpress-Fotograf Alain Rischard. Hauptfunktionen wie Hintergrund bearbeiten, ihn beispielsweise dunkler gestalten, um so die Person im Bildzentrum noch präsenter darzustellen, gelingen problemlos, die einzelnen Funktionen seien selbsterklärend. „Für den Hobby-Bereich ist die App völlig ausreichend“, lautet sein Fazit. Fotomontagen könne die App leider nicht.
Fotografin Anne Lommel nutzt beruflich und privat das Adobe-Photoshop-Programm Lightroom. Damit lassen sich Aufnahmen auf dem Desktop oder auf Mobilgeräten archivieren, organisieren und bearbeiten. In Verbindung mit dem sogenannten „Creative Cloud Abo“ kostet die App rund zwölf Euro monatlich. Die App punktet mit Reglern und Vorgaben von Profi-Fotografen.
Wer seine Instagram-Storys noch schöner gestalten möchte, dem empfiehlt Fotografin Lommel die App „Story Art“ für iOS- und Android-Geräte. Die Anwendung sei einfach zu bedienen, biete viele Vorlagen und Design-Effekte.
Doppelte Aufnahmen schnell aussuchen und unkompliziert löschen, diese Möglichkeit bietet die App „Remo Duplicates Photo Remover“ (gratis für iOS und Android).
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