Nein, es ist kein Reiswein! Die gängige deutsche Bezeichnung für Sake ist schlicht und einfach falsch. Sake ist kein Wein, sondern eher vergleichbar mit Bier. Wie dieses wird er aus Körnern gebraut. Er unterscheidet sich vom Wein auch dadurch, dass der Reis, anders als die Trauben, nicht vom Wetter abhängig ist. Dennoch gibt es auch Gemeinsamkeiten. Der Sake, den Geoffroy vertreibt, ist eine Mischung aus verschiedenen Reisarten. Es ist ein ‚Assemblage’, wie ihn die Winzer tätigen.
Nur wenige Worte genügen, um gleich ins Herz der Begegnung einzutauchen. Richard Geoffroy ist ein faszinierender Mann. Ursprünglich hat er Medizin studiert, dann hat er jedoch sehr schnell umgesattelt und ist in die Welt zurückgekehrt, in der er seine Wurzeln hat: die Champagne und die Herstellung des Champagners.
Hier hat er es bis zur Exzellenz gebracht: 28 Jahre lang hat er bei „Dom Pérignon“ gearbeitet, einer der Spitzengruppe angehörenden Champagnerkellerei. Sie trägt nicht nur den Namen des angeblichen Erfinders der Sektkellerei, sondern gehört heute zur Industriegruppe LVMH (Louis Vuitton Moët Hennesy), dem mit Moët&Chandon, Veuve Cliquot, Dom Pérignon, Krug, Mercier und Ruinard gegenwärtig größten Champagnerproduzenten in Frankreich mit einem weltweiten Marktanteil von 35 Prozent.
26 Jahrgänge des absoluten Spitzenproduktes tragen Geoffroys Handschrift. „Anders als beim stillen Wein greift man bei der Herstellung von Champagner gerne auf Mischungen zurück, um die Qualität zu behalten.“ Mehr wird Geoffroy zu seinem langjährigen Beruf nicht sagen, dafür steckt er bereits zu tief in seinem „dritten Lebensabschnitt“, der Herstellung von Sake.
Dreißigjährige Liebe
Entstanden ist die Liebe zu Japan in den frühen neunziger Jahren des alten Jahrhunderts. Immer wieder hat es den Kellermeister in das Land der aufgehenden Sonne gezogen. Dort hat er Land und Leute, Kultur und Gewohnheiten entdeckt, als Mann der Gastronomie hat er sich natürlich auch für die Speisen und Getränke interessiert und dazu gehört natürlich auch der Sake.
Heute hat er diesen gewissermaßen verinnerlicht: „Der Geschmack ist rund, harmonisch, ausgeglichen, verträgt sich mit Fisch genauso gut wie mit Fleischspeisen, kann ein Menü problemlos vom Aperitif bis zum Digestif begleiten“, erklärt er und lässt das schimmernde Getränk langsam in seinem Glas kreisen. Anders als beim Wein ist die Form des Glases nicht von Bedeutung. „Die Transparenz ist wichtig“, betont er und beobachtet aufmerksam das Schimmern des farblosen Getränks.
Sein Sake, mit dem Namen IWA 5, hat etwa 15 Prozent Alkohol, genau wie manche Weine. Die 5 steht für die Mischung, wobei die Zahl für den Sake-Brauer auch eine gewisse Symbolik hat.
Sake ist jedoch kein Wein. Herstellungstechnisch ist er eher ein Bier. Vor dem Brauvorgang werden die Reiskörner gewaschen und poliert, um die äußeren Kleie-Schichten zu entfernen, danach wird der Reis gedämpft und mit einem Schimmelpilz ‘geimpft’, damit sich seine Stärke in Glykose verwandelt. Diese Reifezeit nimmt etwa 36 bis 48 Stunden. In einer zweiten Stufe kommen Milchsäure und Hefe dazu und der etwa sechswöchige Gärungsvorgang beginnt.
Eine Frage der Akzeptanz
Geoffroy arbeitet mit drei unterschiedlichen Reissorten, die er immer wieder neu vermischt. Einen Teil davon baut er in seinem Anwesen Shiraiwa, in einer ländlichen Gegend am japanischen Meer, selbst an.
„Eine Gegend, die ihre Authentizität bewahrt hat“, beschreibt Geoffroy den Standort. Fernab von der Hektik der japanischen Großstädte bedeutet in diesem Fall jedoch nicht der Verzicht auf Modernität. Die Kura (Brauerei) des IWA 5 wurde von einem berühmten japanischen Architekten, Kengo Kuma, errichtet. Sie versteht sich als harmonischer Dialog zwischen Tradition und Modernität. Für das Design der Sake-Flasche zeichnet der Designer Hideki Nakajima verantwortlich. Wichtig war Geoffroy dabei, dass die Flasche gut in der Hand liegt und gewissermaßen an die Tradition anknüpft, wonach der Sake in Keramikflaschen serviert wird.
Ein Franzose, der einen japanischen Sake herstellt und quer durch die Welt vermarktet? Dank seiner langjährigen Erfahrung in der Welt von hochwertigen Produkten macht Richard Geoffroy bei diesem neuen beruflichen Abenteuer keinen Alleingang. Er hat die Mitarbeit und Unterstützung japanischen Partner gesucht, um sein Herzensprojekt zu verwirklichen. Das war vor allem im vergangenen Pandemie-Jahr, in dem er nicht selbst nach Japan reisen konnte, unerlässlich. Dafür helfen Geoffroys internationale Verbindungen bei der Vermarktung. „Eine vergleichbare rein japanische Sake-Brauerei würde nicht ins Exportgeschäft gehen“, stellt er klar.
Der IWA 5 hingegen hat seine „Roadshow“ schon begonnen. Die asiatischen Märkte haben ihn bereits wahr- und aufgenommen, die europäischen Märkte wurden auch schon angeworben.
Dass das kleine Luxemburg hier eine Rolle spielt, geht wiederum auf ein Netzwerk zurück. Der hiesige Importeur, „Craft et Compagnie“, kommt aus der Champagne und ist ein langjähriger Freund des ehemaligen Kellermeisters von Dom Pérignon. Sébastien Rouillaux verkauft hierzulande keinen Dom Pérignon, er vermarktet kleine Produzenten.
Die neue Herausforderung hat er angenommen. In Zusammenarbeit mit dem japanischen Restaurant Ryodo in Merl hat er den Sake präsentiert. In vollständiger Harmonie mit dem Best-of der japanischen Küche. Und zur allergrößten Zufriedenheit des Brau- und Kellermeisters. „Ich habe Luxemburg nicht gekannt“, bekennt Geoffroy. „Aber ich finde hier eine Lebensqualität, die mir gefällt“. Jetzt muss nur noch sein Sake uns gefallen, damit die Harmonie stimmt.
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