„Ich bin einfach ehrlich, die Leut’ finden’s gefährlich, sie halten sich die Ohren zu und hätten so gern ihre Ruh“ – Romy Grandgenet bleibt sich auch in ihrem dritten Liederbuch treu: „De Rabbelkapp“ handelt von unangepassten und unbequemen Kindern. In lustiger Form fordern sie andere Kinder dazu auf, wach zu sein, Fragen zu stellen und aktiv am Leben teilzunehmen.
Kann man schon Kinder im Vorschulalter dazu bewegen, sich selbst zu behaupten, eigene Talente zu entdecken und diese – zunächst spielerisch – lernend zu entwickeln? „De Rabbelkapp“ von Romy Grandgenet, hier wunderbar illustriert von Annick Sinner, bejaht diese Frage eindeutig. Die beiden Autorinnen aus der Generation der „Rappelkisten-Kinder“ geben ihre Erfahrungen an die Jüngsten weiter. Wie einst die Kindersendung des Zweiten Deutschen Fernsehens in den 70er und 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts, stellt auch Romy Grandgenet ein spießiges Anpassen an eine gemütliche Gesellschaft infrage. Dabei ist das „Kannerlidderbuch“ keineswegs ein versteckter Aufruf zur Revolution. Es ist ein Kinderbuch, das zum Mitsingen und Mitmachen auffordert. Neben den schön illustrierten Liedern – mit Noten und Gitarrenakkorden – ist dem Bändchen eine CD beigefügt, auf der alle Lieder instrumentiert zu hören sind. Und auch den begleitenden Musikern ist die Spielfreude anzuhören, die sie bei der Aufnahme der Kinderlieder empfunden haben.
Kannerlidder op Lëtzebuergesch
Geschrieben und gesungen sind die Kinderlieder alle auf Luxemburgisch. Dazu die Autorin: „Luxemburgisch ist die erste Sprache, die unsere Kinder zu Hause hören. Und auch in der Vorschule ist es eines der Hauptziele, dass die Kinder unsere Sprache erlernen. Für mich als Vorschullehrerin lag es daher auf der Hand, die Lieder auch auf Luxemburgisch zu schreiben.“
Kinderlieder und -verse sind nicht einfach lustige, belanglose Sprüche für Kinder. Sie sind die erste Form von Literatur, mit der das Kind in Kontakt kommt. Das sagt die Wissenschaft. Bereits als Babys hören die Kinder Verse und Lieder zum Einschlafen, gesungen von ihren Eltern oder Großeltern. Die Zuwendung der Eltern zum Kind verbunden mit Sprache ist eine Voraussetzung für die spezielle und tiefe Beziehung, die der Mensch ein Leben lang zu seiner Muttersprache (Erstsprache) empfindet, schreibt die Schweizer Pädagogin und Kinderbuchautorin Silvia Hüsler. Die erste Sprache, die Mutter- oder Vatersprache, ist eine elementare Erfahrung für ein Kleinkind, erste Formen von verbaler Kommunikation, verbunden mit dem Gefühl von Geborgenheit und Zuwendung. Zunächst hört ein Kind nur Worte in dieser Sprache, später lernt es, selbst zu sprechen und seine Wünsche vorzutragen.
Kinderlieder und Verse zu erlernen, kann in dieser Phase der „Menschwerdung“ ein wichtiger Baustein sein. So sieht es auch Romy Grandgenet. „Ich habe in meiner Tätigkeit als Vorschullehrerin seit 2001 immer wieder passende Kinderlieder gesucht. Als ich merkte, der Fundus ist mir zu klein, begann ich, selbst welche zu schreiben.“ So schreibt sie ihre Texte, komponiert dazu Melodien und probiert die Lieder in ihren Klassen aus. Eigentlich, so schmunzelt Romy Grandgenet, war eine Buchveröffentlichung gar nicht geplant. „Ich wollte nur Lieder für meine Schüler schreiben, ein paar davon habe ich auf meiner Seite ‚d’Späicherliicht‘ veröffentlicht. Aber sie haben den Kindern so gut gefallen, dass dann die Idee entstand, sie zu einem Buch zusammenzufassen und sie allen Kindern zugänglich zu machen.“ Angst, dass das Projekt nicht gelingen könnte, hatte sie dabei nicht: „Mir hat es seit jeher in der ‚Kinderwelt‘ gefallen. Ich kann mich gut in Kinder hineinversetzen, ich weiß, was Kinder zum Lachen bringt, was sie berührt, interessiert … Vielleicht bin ich auch selber nie so richtig erwachsen geworden. Kinder sind auch so wunderbar ehrlich und trauen sich, mir mitzuteilen, wenn ihnen ein Lied, eine Geschichte auch mal nicht gefällt. Wenn die Kinder Begeisterung zeigen, weiß ich, dass sie ehrlich gemeint ist.“
Vom Buch zur CD
Inzwischen sind nicht nur die Schüler, sondern ihre eigenen Kinder die ersten „Probanden“ und Sänger neuer Lieder. „Sie finden das toll und sind immer sehr gespannt auf die neuen Lieder. Sie hören mir gerne zu, und es dauert nicht lange, dann trällern sie die Lieder zu Hause vor sich hin“, meint die Autorin.
Doch sie wollte die Lieder nicht nur zur Gitarre singen, nicht nur die Texte, sondern auch die Musik sollte die Kinder erreichen. So entstand die Idee, mit Musikern eine CD zum Buch einzuspielen.
„Von Anfang an war es mir sehr wichtig, dass die Melodie und die Arrangements der Lieder auf richtigen Instrumenten gespielt werden. Die Kinder sollen verschiedene Instrumente kennenlernen sowie unterschiedliche Musikrichtungen und Stimmungen, die man anhand der Instrumente vermitteln kann. Sie sollen Spaß an der Musik haben und vielleicht sogar Lust haben, einmal selbst ein Instrument zu erlernen. Die Lieder der beiden letzten Bücher ‚Schrauwelisi‘ und ‚de Rabbelkapp‘ wurden von Eric Falchero arrangiert. Nachdem wir Demoaufnahmen angefertigt hatten, haben wir diese verschiedenen Musikern vorgespielt, und alle waren auf Anhieb begeistert und hatten Lust, am Projekt teilzunehmen.“
Nun ist „De Rabbelkapp“ in Luxemburger Buchläden zu haben. Dabei soll es jedoch nicht bleiben. Romy Grandgenet und die anderen Beteiligten planen, mit den Liedern auch vor Publikum aufzutreten. Wie und wann genau das vonstattengehen soll, bleibt vorerst noch Geheimnis der Komponistin. Man darf aber auf die Auftritte und deren Erfolg gespannt sein.
„De Rabbelkapp – Kannerlidderbuch mat CD“
„24 nei Kannerlidder, fir ze sangen, ze lauschteren a matzemaachen. Déi humorvoll Texter a flott Illustratioune sollen d’Kanner dozou ureegen, ze musizéieren a sech ze beweegen.“
Illustrationen: Annick Sinner
Lieder: Romy Grandgenet
Erhältlich bei: SNE éditions, Librairies Ernster, Librairie Zimmer LiZi, LetzShop
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