Wie seinerzeit Obelix ist auch Luc Meyer ins Metzgerhandwerk hineingefallen, als er noch klein war. Da er in eine erfolgreiche Metzgermeister-Dynastie hineingeboren wurde, hatte er wohl kaum eine andere Wahl. Der Unternehmer begnügt sich jedoch nicht damit, auf den von seinem Urgroßvater, Großvater und Vater ausgetretenen Pfaden zu bleiben. 2021 soll vielmehr alles neu machen.
„Das letzte Jahr hat neue Voraussetzungen geschaffen“, vertraut mir Luc Meyer auf der Terrasse des Restaurants „Béierhaascht“ an. 80 Prozent ihres Umsatzes haben Hotel und Restaurant im vergangenen Jahr eingebüßt. Die kürzlich erfolgte Eröffnung der Terrassen war zwar ein Lichtblick, ist aber vom Volumen her nicht mit den Geschäftsergebnissen der vergangenen Jahre vergleichbar.
Erste Familienfeiern waren zwar im letzten Jahr zögerlich wieder angelaufen, die Unternehmensfeiern oder Freundschaftstreffen, für die die „Béierhaascht“ eine beliebte Anlaufstelle war, blieben jedoch aus. Das Gleiche gilt sowohl für die Volksfeste und Kirmessen, die „Salaisons Meyer“ traditionell mit Wurstwaren belieferte, als auch für die Restaurants, die traditionell große Abnehmer des vom Betrieb unter dem Label „Marque nationale“ produzierten Schinkens sind.
Essen muss der Mensch jedoch auch in Krisenzeiten und deshalb hat sich Luc Meyer im letzten Jahr intensiv mit dem Verhalten seiner Kundschaft auseinandergesetzt. „Uns war von jeher wichtig, auf den Kunden einzugehen, ihm zuzuhören und ihn daraufhin so zu bedienen, wie er das erwartet“, so der Unternehmer.
Auf den Kunden hören
Der Kunde ist 2021 nicht mehr derjenige, der seinerzeit bei seinem Großvater Marcel in Differdingen einkaufte. Die Haushalte sind vergleichsweise kleiner geworden. Die doppelte Berufstätigkeit hat dazu geführt, dass weniger Zeit zum Kochen bleibt und deshalb anders gegessen wird. Dem hat sich die Metzgerei in Bascharage angepasst. Sie bietet täglich vorbereitete Gerichte an, die nur aufgewärmt werden müssen.
„Hier hat die Covid-Zeit jedoch wiederum zum Umdenken geführt. Die Leute haben im zweimonatigen Lockdown das Kochen neu entdeckt“, sagt Meyer mit Rückblick auf die langen Warteschlangen in den zwei Monaten der kompletten Schließung.
Seine Kundschaft ist aber nicht nur durch ihre Zusammenstellung und ihre Essgewohnheiten anders geworden. Auch der kulturellen Diversität muss Rechnung getragen werden. Portugiesen, Italiener, Franzosen, Belgier oder Familien aus dem Balkan haben andere Essgewohnheiten als die traditionelle luxemburgische Familie, um sie als Kunden zu gewinnen, muss man ihnen entgegenkommen.
„Die Nachfrage ändert ständig. Genau das ist einerseits spannend und andererseits eine täglich neue Herausforderung“, so Luc Meyer. Dieser will er mit authentischen Luxemburger Produkten entgegenkommen. Fleisch, Schinken und Würste aus hiesiger Produktion sind im Angebot. „Der Kunde soll herausfinden, wie gut das lokale, handwerklich zubereitete Fleisch schmeckt. Wir können mit den internationalen industriellen Produkten durchaus mithalten.“
Genau diese Rückbesinnung hat Meyer beflügelt. Dabei kommt ihm die Familientradition, gepaart mit langjähriger Erfahrung, zugute.
Neue Voraussetzungen
Bereits 2006 hat der 43-jährige Unternehmer die Nachfolge seines Vaters Marco angetreten, seit 15 Jahren führt er den Betrieb, der jährlich rund 40.000 Schinken – alle aus Luxemburger Produktion – verarbeitet.
Die veränderten Lebens- und Geschäftsbedingungen des letzten Jahres hätten ihm Zeit zum Nachdenken gebracht. Aus diesen Überlegungen, die er in Zusammenarbeit mit der Werbeagentur Noosphere machte, entstand ein völlig neues Branding, das zwar die handwerkliche, lokale Seite hervorhebt, aber gleichzeitig auch eine internationale Ausrichtung vorgibt.
Den klassischen, in der Differdinger Tradition verankerten „Metzler Meyer“ gibt es so nicht mehr. Der Vorname ist einem Markenzeichen gewichen. Das soll die gewünschte internationale Ausrichtung bestärken, ohne jedoch die traditionellen Werte des Familienbetriebes zu verleugnen, erklärt der Geschäftsführer.
„C’est Meyer quand c’est bon“, lautet das neue Firmenlogo mit dem dekorativen Firmennamen, auf dem das gekrönte Ypsilon für die lokale Verankerung und das Label des „Fournisseur de la Cour“ steht. Die ersten Reaktionen haben die neue Ausrichtung bestätigt. Die Kundschaft reagiert durchaus positiv. „Ich muss jetzt aufpassen, dass ich mit der Produktion nicht ins Hintertreffen gerate“, so ein ganz praktischer Luc Meyer.
Vorzeigeunternehmen
Vor genau 123 Jahren, am 11. November 1918, dem Tag, an dem der Erste Weltkrieg endete, hat Corneille Meyer, der Urgroßvater des aktuellen Geschäftsführers, in Differdingen auf dem Marktplatz eine Metzgerei eröffnet. Der heute in Bascharage ansässige Betrieb ist damit die älteste Familienmetzgerei im Land. Abgelöst wurde Corneille Meyer von seinem Sohn Marcel. Dieser führte den Betrieb weiter, bis sein Sohn Marco 1984 die Nachfolge antrat. Ein Jahr zuvor war der Traditionsbetrieb nach Bascharage umgezogen, gleichzeitig startete er dort die Zubereitung der Schinken. Heute ist er mit 800 bis 1.000 pro Woche verarbeiteten Schinken der größte derartige Betrieb hier im Land.
Im Jahr 2000 stieg der heutige Geschäftsführer, Luc Meyer, in den Betrieb ein, den er im Jahr 2006 übernahm. Zur Metzgerei und Schinkenverarbeitung gehört seit 1999 auch ein Hotel- und Gaststättenbetrieb. Verglichen mit seinen drei Vorgängern hat der heutige Betriebschef einen etwas anderen beruflichen Werdegang. Luc Meyer machte eine „Première“ und studierte zunächst Betriebsmanagement, bevor er die Meisterprüfung als Metzger ablegte und im Familienbetrieb mit anpackte.
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