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Mentale GesundheitSoziale Medien sind nicht schlimmer geworden

Mentale Gesundheit / Soziale Medien sind nicht schlimmer geworden
Smartphones gehören heute zum Stadtbild Foto: AP/dpa/Kin Cheung

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Schadet digitale Technik der mentalen Gesundheit von Jugendlichen? Wissenschaftler versuchen, dieser Frage seit langem auf den Grund zu gehen – mit gemischten Ergebnissen. Eine neue Studie aus England konnte nicht nachweisen, dass soziale Medien im Laufe der Jahre schlimmer für die Psyche geworden sind.

Worum geht es? Digitale Technologien wie Smartphones und die sozialen Medien haben längst ihren Eingang in den Alltag von Jugendlichen gefunden. Sie sind omnipräsent. Gleichzeitig ist in vielen Ländern eine Verschlechterung der mentalen Gesundheit von Jugendlichen zu beobachten. Die Idee, das eine könnte mit dem anderen in Zusammenhang stehen, ist also nicht komplett aus der Luft gegriffen.

Die Autoren einer neuen Studie zweifeln allerdings daran, dass es tatsächlich einen Ursache-Wirkungs-Zusammenhang gibt. Sie schreiben: „Obwohl es eine Vielzahl von Korrelations- und Beobachtungsstudien gibt, von denen einige sehr sichtbar sind, gibt es nur wenige gute Beweise dafür, dass die Nutzung von Technologie zu einer Verschlechterung der psychischen Gesundheit führt.“ Die Studie ist am Montag im Fachblatt Clinical Psychological Science erschienen.

Gefährliche Groschenromane

Bei der Kritik an digitalen Medien könnte es sich um das übliche Muster handeln, schreiben die Autoren. Schon immer hagelte es Kritik, wenn Jugendliche eine neue Form der Unterhaltung oder eine Technologie für sich entdeckt haben. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts glaubte man, Groschenromane würden Jugendliche verrückt und risikofreudig machen. Später standen Hörspiele im Verdacht, jungen Menschen den Schlaf zu rauben und Angstzustände zu verursachen. Nachdem die gemeingefährlichen Hörspiele in Vergessenheit geraten waren, fürchteten Eltern den schlechten Einfluss von Comics. Comics wurden durch das Fernsehen ersetzt, bis schließlich Videospiele das Fernsehen ablösten.

„Wenn Befürchtungen über eine neue Technologie aufkommen, werden Bedenken über frühere Technologien weitgehend aufgegeben, ohne dass ein Konsens – oder gute Daten – vorliegen, die zeigen, ob die früheren Technologien schädlich waren oder nicht, warum oder wie“, sagen die Autoren. Bislang wurde auch nicht untersucht, wie sich diese vermeintlich negativen Auswirkungen im Laufe der Zeit und mit der Verbreitung jeder neuen Technologie verändern.

Das Team von der Universität Oxford untersuchte die Daten von 430.561 jungen Menschen im Alter von 9 bis 26 Jahren aus Großbritannien und den Vereinigten Staaten. Die Idee der Forschenden ist folgende: Technologien wie soziale Medien entwickeln sich mit der Zeit weiter. Algorithmen werden optimiert. Es wird mehr Aufmerksamkeit erzeugt, es gibt neue Funktionen und so einen stetigen Wandel. Sollte die Technologie einen negativen Effekt auf die Psyche haben, so die Hypothese, dann könnte dieser Effekt im Verlauf der Zeit stärker werden. Vereinfacht ausgedrückt: Je ausgefeilter soziale Medien werden, desto depressiver sollten ihre Nutzer sein.

Konzerne halten den Schlüssel

Dem ist aber nicht so, wie sich zur Überraschung der Wissenschaftler herausstellte. Der Zusammenhang zwischen Depression und der Nutzung sozialer Medien hat in den vergangenen Jahren sogar abgenommen. Die Assoziationen von Technologie mit Verhaltensproblemen und Suizidalität waren im Laufe der Zeit relativ stabil. Der Zusammenhang zwischen sozialen Medien und emotionalen Problemen hatte leicht zugenommen, der des Fernsehens jedoch nicht.

Warum sind solche Untersuchungen wichtig? „In den letzten Jahren hat die Besorgnis zugenommen, dass die Technologie im Leben junger Menschen immer mehr Raum einnimmt und sich gleichzeitig schädlich auf ihre psychische Gesundheit auswirkt. Wenn diese Idee durch empirische Studien gestützt wird, würde sie möglicherweise politische Interventionen nahelegen“, sagen die Autoren der Studie.

Die Autoren selber halten es für wichtig, weitere Studien zu machen. Diese müssten allerdings detaillierter, akkurater und vorurteilsfreier sein als bisherige. Zum Glück gebe es bereits sehr detaillierte Daten über den Umgang von Jugendlichen mit Technologie. Diese Daten lägen bei den Technologieunternehmen. Die Forschenden werben deshalb für eine Zusammenarbeit mit den Technologiekonzernen: „Wir drängen auf transparente und glaubwürdige Kooperationen zwischen Wissenschaftlern und Technologieunternehmen.“