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Mentale GesundheitDiese Techniken können helfen, die Angst zu besiegen

Mentale Gesundheit / Diese Techniken können helfen, die Angst zu besiegen
Setzen Ihnen Angst und Unruhe zu? Dagegen können Sie etwas tun. Foto: Pixabay

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Der Hannoveraner Psychiater Michael Bohne hat Techniken entwickelt, mit denen man Ängsten und Unruhezuständen begegnen kann. Diese funktionieren nicht nur bei Lampenfieber, sondern sind auch geeignet, mit den Besorgnissen während der Covid-19-Pandemie umzugehen, wie sich unsere Korrespondentin Elke Bunge überzeugte.

Klopftechnik

„Bitte klopfen!“ heißt ein Standardbüchlein Michael Bohnes, das vor allem Techniken vorstellt, die das eigene Selbstwertgefühl heben und einen selbstbewussten Umgang mit der Gesellschaft ermöglichen sollen.

Beklopft werden verschiedene Punkte an den Händen, an Kopf und Körper. Nach Bohne entstammt die Klopftechnik der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM), die Punkte entsprechen Akupressurpunkten, die auf bestimmten Körpermeridianen liegen. Dazu gehören Punkte auf dem Handrücken nahe dem kleinen Finger, an der daneben liegenden Handkante, an den Spitzen von kleinem Finger, Mittel- und Zeigefinger sowie Daumen. Ferner finden sich die Punkte auf der Stirnmitte, am Jochbein, unter der Nase und am Kinn. Neben dem rhythmischen Klopfen empfiehlt Michael Bohne das laute Sprechen von Selbstakzeptanzsätzen wie: „Auch wenn die gegenwärtige Situation bedrohlich ist, … behalte ich den Überblick und bleibe in Sicherheit“ oder „… gehe ich meinen eigenen Weg und bestimme, was gut für mich ist“.

Auf der Internetseite www.innen-leben.org gibt Michael Bohne in kurzen Videos Anleitungen zum Klopfen wie auch zu anderen Angst-Überwindungs-Strategien.

Kartenset

Um in diesen beispiellosen Zeiten etwas Hilfe, Sinn und einen Lichtblick zu geben, haben Bohne und sein Team ein kleines Do-it-yourself-Ressourcenkartenset Innen-Leben entwickelt. Es besteht aus 40 Innen-Karten und 40 Leben-Karten, die kombiniert bis zu 1.600 stärkende und klärende Sätze ergeben. Sie können mithilfe dieser Sätze für Ihre unterschiedlichen, ganz individuell wahrgenommenen Problemlagen konkrete Lösungsstrategien formulieren. Alle Sätze orientieren sich an den grundlegenden menschlichen Bedürfnissen nach Sicherheit, Autonomie, Beziehung und Selbstwertstärkung. Die Sätze von Innen-Leben funktionieren somit gleichermaßen als Krisenprävention und Krisenintervention – praktisch, simpel und daheim.

Von der Webseite www.innen-leben.org kann das Kartenset geladen werden. Die Basis steht in deutscher Sprache zur Verfügung. Man kann das Kartenset jedoch auch in folgenden Sprachen herunterladen: Albanisch, Arabisch, Bosnisch, Chinesisch, Dänisch, Englisch, Farsi, Finnisch, Französisch, Griechisch, Hebräisch, Hindi, Italienisch, Japanisch, Kroatisch, Kurdisch (Sorani), Niederländisch, Norwegisch, Polnisch, Portugiesisch, Portugiesisch (Brasilien), Russisch, Serbisch, Spanisch, Tschechisch und Türkisch. Des Weiteren gibt es Kartensets für medizinische und für soziale Berufe. Denn vor allem auch die Mitarbeiter in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen bedürfen in diesen Zeiten der emotionalen und moralischen Stärkung.

Mit PEP gegen die Angst

Die Prozess- und Embodimentfokussierte Psychologie (PEP) ist eine psychotherapeutische Behandlungstechnik, die selbstwirksamkeitsaktivierend auf die Veränderung dysfunktionaler (also abträglicher, nachteiliger, unvorteilhafter, schädlicher) Denk-, Fühl- und Verhaltensmuster sowie auf eine verbesserte Selbstbeziehung abzielt. Auf der Internetseite Innen-Leben gibt Michael Bohne Ratschläge, wie man mit den Techniken der PEP gegen Ängste, negative Emotionen und Unruhezustände vorgehen kann.

Dazu gehören die bereits erwähnten Klopftechniken ebenso wie selbststärkendes positives Denken. Ziel ist dabei, belastende, Sorgen bereitende Emotionen zu reduzieren. Einschränkende, angstmachende und katastrophisierende Gedanken sollten nicht die Vorherrschaft haben, sondern sollten Mut, Sinn und Zuversicht machenden Gedanken Raum geben.

Aufgeben, wenn das Klopfen nicht funktioniert? Eher sollte man nach möglichen Blockaden suchen, die für das „Bleiben“ negativer Emotionen verantwortlich zeichnen könnten. Bohne fasst diese in die „Big-Five-Blockaden“ zusammen: Ständige Selbstvorwürfe können hemmen, sich positiv zu orten. Dies gilt ebenso für Vorwürfe von anderen oder an andere. Blockieren können auch Erwartungshaltungen anderen Menschen gegenüber – indem man von Familienangehörigen, Freunden oder Kollegen eine bestimmte Haltung oder Handlung erwartet, begibt man sich in eine Abhängigkeit, dem Gegenteil von Freiheit. Freiheiten gibt man auch auf, indem man sich kleiner (unerfahrener) macht, als es die eigene Erfahrung gebietet. Und schließlich kann falsche Loyalität zu einem Nichtfunktionieren der Selbsthilfetechniken führen: Darf es mir denn gut gehen, wenn es so vielen schlecht geht? ist dabei eine Kernfrage.

Letztendlich geht es darum, unseren Geist auf selbststärkende Aspekte zu fokussieren, damit wir als Einzelwesen, aber auch als Gemeinschaft, möglichst gut gestärkt aus dieser Krise herauswachsen können.

Dr. Michael Bohne

… ist Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Autor und Herausgeber zahlreicher Bücher über Auftrittsoptimierung, Klopftechniken sowie Prozess- und Embodimentfokussierte Psychologie (PEP). Er initiiert Hirnforschung an der Medizinischen Hochschule Hannover, an der zurzeit die weltweit ersten drei Projekte zur Erforschung des Klopfens und PEP mittels funktioneller Magnetresonanztomografie durchgeführt werden.

Psychiater Dr. Michael Bohne
Psychiater Dr. Michael Bohne Foto: Anja Weber/Berlin