Ein ganz Großer stellt sich vor. Der Mercedes GLS ist sozusagen die S-Klasse im SUV-Segment des Herstellers, mit 5,2 Meter Länge und fast 2 Meter Breite nicht zu übersehen. Bei Begegnung auf engen Straßen sollte man ihm schon den Vortritt lassen, obwohl Mercedes-Fahrer, im Gegensatz zu denjenigen der Premium-Konkurrenz mit Nieren und Ringen, meist zuvorkommend und rücksichtsvoll sind. Trotz seiner Größe weiß der GLS mit sanftem und glattem Design zu gefallen. Ecken und Kanten wie beim Pfadfinder-Cousin GL finden sich keine, der GLS macht eine hervorragende Figur in jener Gesellschaft, die er preislich anspricht. Sieben Sitze bietet er an, selbst in der hintersten Reihe sitzen Großgewachsene noch bequem, auch wenn man sich nur schwer vorstellen kann, dass dieses Luxus-SUV einzig und allein für den Transport einer Großfamilie konzipiert wurde. Ebenso wenig wie man dieses Auto im Gelände sehen wird, außer in den Emiraten, in Saudi-Arabien oder dem Trainingslager der deutschen Mannschaft, obwohl es sehr geländegängig ist und gegen Aufpreis (Offroad-Paket) mit Geländeuntersetzung ausgerüstet werden kann. Sogar durchs Wasser fährt er mühelos, wenn’s nicht tiefer als einen halben Meter ist. Beweisen muss er diese Eigenschaften ziemlich selten, aber es ist gut zu wissen, dass er das kann. Serienmäßig ist er mit Airmatic-Luftfederung ausgestattet, die je nach Tempo und Rückmeldung von den Rädern zur Straßenbeschaffenheit automatisch das Niveau reguliert.
Nach einem ersten zynischen Kommentar („Gibt’s jetzt die S-Klasse als Wohnmobil?“) ließ sich meine Oma mit den Springerstiefeln vom luxuriösen Innenleben des GLS anstecken, genoss die Ledersitze und machte sich an der Bedienung der Funktionen des Infotainments am breiten Touchscreen zu schaffen. So umfangreich wie der GLS mit allen Assistenzsystemen aus der S-Klasse beladen ist, so herausfordernd ist auch die Wahl und Einstellung der verschiedenen Kontroll- und Fahrdaten, die man über die Knöpfe am Lenkrad in das direkte Blickfeld in die linke Konsole einschieben und verändern kann.
Ich hatte vorsichtshalber etwas geübt, bevor ich Oma abholte, ansonsten wäre wieder eine Kopfnuss fällig gewesen, ziemlich schmerzhaft bei den Ringen, die sie immer über den Handschuhen trug. Ich verpasste ihr dann eine Massage im elektrisch gesteuerten Beifahrersitz und legte Van Halen auf („Hey Mercedes, spiel was Sanftes“) und sie rieb sich genüsslich in den Lederpolstern zu den befreienden Klängen von „Jump“. Die Sitzheizung war an, hier werden auch Armlehnen in den Türen und am Staufach zwischen den Sitzen beheizt. Das gefiel Oma, die es nie warm genug haben konnte und feuerfeste Unterwäsche trug, seit sie im Bett öfters beim Rauchen einschlief. Auch in der zweiten Reihe fühlte sie sich wohl in den elektrisch verstellbaren Sitzen, in die dritte Reihe wollte sie aber nicht. „Am Ende komm ich nicht schnell genug raus, wenn’s eine Kontrolle gibt. Und dann kommen diese Jungs in den weißen Kitteln und wollen wissen, woher ich diesen Arztkoffer und dieses Stethoskop herhabe …“
Der GLS 350d 4MATIC hat einen 3-Liter-Reihen-Sechszylinder, der 210 kW/286 PS leistet, ein Drehmoment von beeindruckenden 600 Nm bei nur 1.200 Umdrehungen, was seine Durchzugskraft und sein Antrittsvermögen aus den unteren Touren erahnen lässt. Seine Kraft gibt er über Automatik an die vier Räder, seine Spitzengeschwindigkeit wird mit über 220 km/h angegeben. Bei den Fahrmodi gibt es eine „Sport“-Einstellung, doch im normalen Fahrmodus „Comfort“ geht es sanft, aber anständig und somit am besten voran, so wie man es in dieser Klasse erwartet, vor allem beim entspannten Fahren auf der Langstrecke. Den Sprint von null auf hundert erledigt der Mercedes in 7 Sekunden, dies nur zur Information.
Das Getriebe ist eine 9G-Tronic, man kann die neun Gänge auch manuell betätigen, aber wie gesagt, in diesem Gefährt ist souveräne und kultivierte Kraftentfaltung gefragt und diese Aufgabe erledigen Diesel und G-Tronic in hervorragender Zusammenarbeit. Dass er auch anders kann, zeigte sich auf der einsamen Landstraße, allerdings sollte man diesen 2,5 Tonnen schweren GLS in engen Kurven nicht überschätzen, trotz einer überaus leistungsfähigen Aufhängung, 5,2 Meter müssen erst einmal um die Kurve gebracht werden. Er ist immerhin „nur“ ein SUV mit selten beanspruchter Geländegängigkeit, dafür aber mit hohem Luxus- und Komfortanspruch. Der Einstiegspreis beim 350 d 4MATIC liegt über 71.000 Euro ohne MwSt. Mit den Extras und Optionen liegt man da ganz schnell über 85.000 Euro, und das ohne MwSt. Dafür geht es beim Verbrauch recht anständig zu. Nach gemütlichen 200 km lag der Wert bei etwa 7,1 Liter, bei aufdringlicher Fahrweise um die 8,5 Liter. Damit kann man leben.
"..in dem Augenmaß in der Stadt und auf engen Straßen erfordert ist."
Bald dürfen die sowieso nicht mehr in die Innenstadt.
Hoffentlich bekommen wir auch eine Extrasteuer für Autos über anderthalb Tonnen. So 10-20€ pro Kilo und Jahr.
In Frankreich werden dann wohl 10.000€ Strafsteuer für diesen 2,5 Tonnen Lastwagen fällig.
Wie viele chinesische E-Smarts braucht es denn wohl um den Flottenverbrauch dieser Drecksschleuder zu kompensieren?