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Oberweis’ „neues Abenteuer“ in Trier„Wir glauben, dass es weitergeht“

Oberweis’ „neues Abenteuer“ in Trier / „Wir glauben, dass es weitergeht“
Die neue Oberweis-Filiale befindet sich am Hauptmarkt 1 in Trier. Neben Feingebäck, wie Macarons und Eclairs, scheinen die Kunden auch Spezialbrote und Brioches des Luxemburger Traditionshauses zu mögen Foto: Oberweis

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Mitten in der Corona-Krise, als für Luxemburger Einreisebeschränkungen in Deutschland gelten, eröffnet der Traditionspatissier Oberweis seine erste Auslandsfiliale mitten in Trier. Das Unternehmen bezeichnet den Schritt als „ein neues Abenteuer“. Ideal ist der Zeitpunkt für die Eröffnung aber sicherlich nicht, sagt Tom Oberweis im Gespräch mit Daisy Schengen, auch mit Blick auf die Corona-Entwicklung. „Ein Null-Risiko gibt es nirgends.“ Dennoch sind er und sein Bruder Jeff optimistisch: „Wir glauben, dass es weitergeht.“

Tageblatt: Herr Oberweis, ist die Eröffnung einer neuen Filiale und die erste im Ausland, mitten am Hauptmarkt in Trier, ein guter Zeitpunkt für ein „neues Abenteuer“, wie Sie in einer Mitteilung Ende Juli schrieben?

Tom Oberweis: Als wir diesen Schritt planten, gab es Corona noch nicht. Eigentlich war die Eröffnung für Ostern vorgesehen. Dann kam das Virus. Mitarbeiter aus Luxemburg sollten dort arbeiten, doch es ging nicht. Zu diesem Zeitpunkt stand auch in Luxemburg alles still. Dadurch haben wir zwei Monate verloren und erst im Juli eröffnet. Aber es bringt nichts, man muss nach vorne schauen.

… und investieren?

Das Beste, was wir gerade tun können, ist zu investieren. Das ist, was auch der Staat gerade anstrebt. Wir investieren und versuchen, unser Know-how über die Grenzen hinaus zu verbreiten. Von staatlicher Seite ist es auch erwünscht, dass Luxemburger Produkte über die Grenzen hinaus verkauft werden. Dass das Coronavirus die Luxemburger in Richtung Deutschland ausbremsen würde, konnte keiner im Vorfeld erahnen. Das war doppeltes Pech.

Die Feinbäckermeister Tom und Jeff Oberweis wagen den Schritt ins Ausland. „Oberweis Luxembourg“ gibt es seit dem 22. Juli auch in Trier. Ein risikobehafteter Schritt, dennoch schauen die Brüder optimistisch in die Zukunft.
Die Feinbäckermeister Tom und Jeff Oberweis wagen den Schritt ins Ausland. „Oberweis Luxembourg“ gibt es seit dem 22. Juli auch in Trier. Ein risikobehafteter Schritt, dennoch schauen die Brüder optimistisch in die Zukunft.  Foto: Editpress-Archiv/Alain Rischard

Die Oberweis-Filiale im Herzen von Trier feierte am 22. Juli Eröffnung. Wie hat sich die neue Adresse bisher gemacht?

Es war sehr spannend und schön. Wir hatten vor allem deutsche Kundschaft. Für uns ist es wichtig, zu erfahren, welche Vorlieben sie hat. Wir lernen jeden Tag dazu.

In diesem Zusammenhang möchte ich eine aktuelle KPMG-Studie erwähnen. (Das Beratungsunternehmen hat in einer Studie von 17. Juli untersucht, welche Luxemburger Unternehmen am schnellsten und wirkungsvollsten ihre Dienstleistungen entsprechend der veränderten Kundenansprüche vor dem Hintergrund von Covid-19 anpassten, Anm. der Red.). An erster Stelle kamen die Versicherer von Lalux, gefolgt von der Spuerkeess, Ernster und der Raiffeisen Bank. An fünfter Stelle findet sich Oberweis, wir, als erster Handwerksbetrieb in diesem Ranking.

Welche Schlüsse zieht Oberweis aus dieser aktuellen Untersuchung zur Anpassungsfähigkeit von Luxemburger Betrieben in Zeiten von Corona?

Sie zeigt uns, wie wichtig es ist, auf Kundenwünsche einzugehen. Auch im Fall der neuen Filiale in Trier. Dort verkaufen sich Macarons ganz gut.

Viele Kunden in Trier kennen uns aus Luxemburg. Und sie fragten, ob wir auch Brot und Brioche verkaufen. Eigentlich hatten wir nicht vor, sie in Trier anzubieten. Aber seit Ende Juli machen wir das – wir verkaufen dort Brot und Brioche. Die Brote kommen ganz gut an. Offenbar mögen die Menschen unsere Spezialbrote. Genauso wie die Brioches. Bisher haben wir alle unsere Brioches verkauft.

Für uns ist es daher wichtig, das Angebot der Nachfrage anzupassen. Und nicht überheblich zu sein. Alles ist ganz spannend. Ideal ist der Zeitpunkt der Filialeröffnung aber sicherlich nicht. (lacht)

Die Qual der Wahl: Im rund 60 Quadratmeter großen Geschäft gibt es neben der Verkaufstheke auch eine kleine Teestube.
Die Qual der Wahl: Im rund 60 Quadratmeter großen Geschäft gibt es neben der Verkaufstheke auch eine kleine Teestube. Foto: Oberweis

Trotz des ungünstigen Zeitpunktes haben Sie und Ihr Bruder Jeff, mit dem Sie Oberweis führen, gewagt, sich in Trier niederzulassen. Warum genau Trier?

Trier hat mich schon immer interessiert. Es ist eine schöne Stadt mit einem breiten Kulturangebot. Allerdings hatte ich in Trier noch nicht den richtigen Standort gefunden. Im vergangenen November war es so weit. Es ist ein kleines Geschäft, rund 60 Quadratmeter. Die Kundschaft für unsere Produkte ist da. Wir hoffen, dass wir am Weihnachtsmarkt im Dezember, der sich in unmittelbarer Nähe zu unserem Geschäft befindet, Stollen und Lebkuchen anbieten können.

Zum Verkaufsraum in Trier gehört auch eine kleine Teestube …

Es ist ein kleines Geschäft mit Verkaufsbereich und einer kleinen Teestube mit rund 14 Sitzplätzen – vor Corona. Jetzt sind es entsprechend weniger.

Der Schwerpunkt liegt jedoch auf dem Verkauf. Wir bemerken, dass in Deutschland mehr „auf die Hand“ genossen wird – ein Eclair, ein Törtchen, Macarons in einer kleinen Kiste, sie sind sehr beliebt.

Konfitüren, Gebäck, Präsente und eine kleine Teestube mit heimeligem Ambiente: Die erste Auslandsfiliale des Luxemburger Traditionsunternehmens feierte am 22. Juli in Trier Eröffnung
Konfitüren, Gebäck, Präsente und eine kleine Teestube mit heimeligem Ambiente: Die erste Auslandsfiliale des Luxemburger Traditionsunternehmens feierte am 22. Juli in Trier Eröffnung Foto: Oberweis

Lassen Sie uns noch einmal zusammenfassen: In Ihrer unmittelbaren Nachbarschaft am Hauptmarkt befinden sich TeeGschwendner und die Konditorei „Zur Steipe“. Die Konkurrenz sowohl für die Teestube als auch für das Feingebäck ist nicht zu übersehen …

Das Risiko ist groß, das war uns bewusst, als wir den Schritt nach Trier wagten. Aber der Hauptmarkt ist eine gute Adresse und wir wollten es dort versuchen.

Natürlich kostet bei uns ein Törtchen auch schon 4 Euro. Da steckt auch ganz viel Präzisions-, ganz viel Handarbeit drin. Während bei der Konditorei möglicherweise die Preise anders sind. Da entscheidet der Kunde, wofür er bereit ist, wie viel auszugeben. Deshalb haben wir mit einem kleinen Geschäft gestartet, wofür eine Kundschaft auch da ist. Und nicht gleich eine riesige Filiale eröffnet. Das kleine Geschäft erlaubt uns, unser Verständnis von Präzision im Handwerk, so wie sie uns wichtig sind, den Kunden näherzubringen.

Mit der Filiale in Trier will das Traditionsunternehmen aus Luxemburg nach eigenen Angaben den deutschen Markt kennenlernen
Mit der Filiale in Trier will das Traditionsunternehmen aus Luxemburg nach eigenen Angaben den deutschen Markt kennenlernen Foto: Oberweis

Sind die Preise in der Filiale in Trier die gleichen wie in Luxemburg?

Ja, genau die gleichen Preise wie hier. Zurzeit sind sie durch die vorübergehende Mehrwehrtsteuersenkung etwas niedriger als hier. Aber nur bis zum 31. Dezember. Dann steigt der ermäßigte Mehrwertsteuersatz von derzeit 5 wieder auf 7 Prozent. Wir werden aber zum Jahresende die Preise in Trier nicht anheben. Das geht auch gar nicht: Wir müssten dann die Preise überall anpassen. Auch gegenüber unserer Luxemburger Kundschaft wäre das nicht vertretbar. Wir lassen die Preise wie sie sind – auch nach dem 31. Dezember.

Veränderte Kundengewohnheiten sind eine Herausforderung. Welche Dinge im Alltag eines Feinbäckers sind im Ausland anders als in Luxemburg?

Eine große Herausforderung sind sicherlich die Etiketten. Im Lebensmittelbereich gelten strenge Auflagen, sodass wir die Zutaten der Produkte jeweils auf Deutsch und auf Französisch gleichzeitig auflisten müssen. Wir befinden uns noch in der Lernphase. Das ist jetzt der erste Schritt, die Erfahrung entwickelt sich im Laufe der Zeit, viele Schritte automatisieren sich.

Würden Sie diesen Schritt ins Ausland anderen Unternehmen, auch anderen Handwerksbetrieben empfehlen?

Ich finde es wichtig, dass Handwerker ins Ausland gehen. Viele Handwerker aus dem Ausland kommen nach Luxemburg, aber es gibt nicht so viele Betriebe aus Luxemburg, die im Ausland tätig sind. Das finde ich jedoch sehr wichtig und habe diese Meinung immer gepredigt.

Wissen Sie, warum wir nach Trier gegangen sind? Unter anderem, weil ich als Präsident der Handwerkskammer in Luxemburg die Handwerker ermutigt habe, ins Ausland zu gehen.

Und ich habe mir gedacht, da müsste ich mir an die eigene Nase fassen und selbst ins Ausland gehen, mich trauen. Ja, sich trauen, den Schritt, besonders in diesen Zeiten, zu gehen. Die eigene Komfortzone, den Kokon zu verlassen, ist überhaupt nicht einfach und bereitet einem auch schlaflose Nächte. Aber hat man diesen Schritt gewagt, merkt man, dass er gelingen kann.

Trier ist die erste Filiale außerhalb Luxemburgs. Ist der Standort dort der Startschuss für weitere Läden im Ausland?

Wir wollen jetzt den deutschen Markt kennenlernen. Viele Menschen dort kennen uns bereits. Wer weiß, möglicherweise folgt irgendwann eine andere Stadt. Aber jetzt geht es darum, in Trier Fuß zu fassen.

Bisher hatte sich Ihr Unternehmen neben den Innenstadtfilialen vor allem am Standort am Flughafen Findel positioniert. Inwiefern war dieses Schaufenster für die Entwicklung von Oberweis von Bedeutung?

Wir verkaufen und versenden gerade viele Pralinen in ganz Europa. Neben verschiedenen Arten Trockengebäck aus unserem Sortiment lassen sich Pralinen mitunter am besten versenden.

Selbstverständlich ist der Standort am Flughafen hilfreich dabei. Er bietet eine gute Plattform, um als heimischer Betrieb mit den Besuchern Kontakt aufzunehmen.

Sie sagten, Sie verschicken Pralinen in ganz Europa. Akzeptieren traditionsbewusste Kunden den Versandhandel, den Onlinemarktplatz als Begegnungsort mit dem Verkäufer? Ist Online-Handel etwas, das die Luxemburger Kunden zu schätzen wissen?

Wir unterscheiden in diesem Zusammenhang zwischen drei Bereichen. Erstens der Kunde bestellt online Pralinen und bekommt sie per DHL überall in Europa geliefert; zweitens der Kunde bestellt einen Kuchen online, anschließend wird er mit einem Oberweis-Lieferwagen bis nach Trier geliefert. Die dritte Bestellmöglichkeit sieht vor, dass der Kunde seine Bestellung via Internet abgibt und die bestellten Produkte in der Filiale abholt.

Die Online-Bestellungen haben während des Lockdowns wunderbar funktioniert. Sogar heute noch. Im März und April hatten wir sogar eine Drive-in-Station auf Cloche d’Or eingerichtet. Besonders für Ostern haben wir viele Kunden so kontaktlos bedient, die im Web bestellten und bei uns ihre Bestellung im Drive-in abholten.

Immer noch beliebt geblieben ist aktuell die Online-Bestellung mit Abholung in einer Filiale. Der Vorteil dieser Art des Einkaufs ist, in Ruhe zu Hause die Wunschprodukte aussuchen, zu bezahlen und sie in der Filiale ohne lange Wartezeiten abzuholen.

Der Höhepunkt der Online-Bestellungen fand eindeutig während des Lockdowns statt. Im vergangenen November haben wir unsere Webseite erneuert. Als der Lockdown erfolgte, haben wir unsere Kunden ermutigt, via Internet zu bestellen. Gleichzeitig haben wir die Bestellbedingungen flexibler gestaltet: Die Kunden konnten bis Mitternacht am Vorabend ihre Wunschprodukte aussuchen, die sie am nächsten Tag bei uns abholten.

Wir hat Ihr Team auf die neue Flexibilität bei Online-Bestellungen reagiert?

Sie haben die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen und vor falschen Bestellungen gewarnt. Das Risiko war natürlich groß. Und es gab Fälle, in denen es auch nicht klappte, in denen wir laufen mussten. (lacht) Aber null Risiko gibt es nirgends. Allerdings war die Erfahrung, die uns die Mehr-Flexibilität brachte, für uns enorm wertvoll.

Aber wie passt es zusammen: Oberweis ist eine Institution in Luxemburg. Und dann kommt Corona, und die Tradition bewegt sich online, Bestellungen im Netz sind flexibler und offenbar treffen sie den Nerv der Zeit. Wie entscheidet man sich als Traditionsunternehmen, solche neuen Wege zu gehen?

Spätestens der Kunde sagt Ihnen, wann die Zeit für Veränderungen gekommen ist. Man muss aus der Komfortzone ausbrechen und Neues wagen. Das Streben danach hat meinen Bruder und mich schon immer angetrieben.

Auch das Geschäft hier auf Cloche d’Or eröffneten wir vor einem Monat nach einer umfassenden Renovierung, mitten in der Krisenzeit. Die Krise war nicht vorgesehen. Die Renovierung nach Ostern war schon lange geplant. Noch bevor die Idee für Trier aufkam. Wir glauben daran, dass es weitergeht und dass investiert werden muss.

Das Haus Oberweis

Am 1. Februar 1964 öffnete das erste Oberweis-Geschäft in der Faïenceriestraße 86 A in Luxemburg seine Türen. Dort boten Pierre und Monique Oberweis Bäckerei-, Patisserie- und Confiseriespezialitäten an, erzählt die Familienchronik auf der Unternehmensseite. In den 70er Jahren folgten Filialen in der „Grouss Gaass“ und in Aldringen. 1989 schließen sich die Söhne von Pit Oberweis, Tom und Jeff, dem Familienunternehmen an und bauen das Werk des Vaters kontinuierlich aus. 1994 beginnen die Bauarbeiten für die heutige Produktionsstätte auf Cloche d’Or. 2012/2013 wird das Oberweis-Flaggschiff in der Oberstadt am „Roude Pëtz“ umfassend renoviert. 2017 wird Tom Oberweis zum Präsidenten der Handwerkskammer in Luxemburg gewählt.