Sichtlich aufgeregt treten der Präsident der Genossenschaftskellerei Domaines Vinsmoselle Josy Gloden und Generaldirektor Patrick Berg an diesem Juli-Vormittag in der Kellerei in Wormeldingen vor ihre Winzerkollegen und die Presse. Nachdem im vergangenen November mit „Les Vignerons de la Moselle“ ein neues Kapitel in der Geschichtsschreibung der ältesten Kellerei an der Luxemburger Mosel begann, folgt jetzt die Weiterentwicklung. Die Linie wird um Premiers-crus-, Grands-premiers-crus- und sogenannte „Lieu-dit“-Weine erweitert. Die Neuen sind in den Segmenten über den AOP-Einstiegsweinen zu verorten, müssen strengen Herstellungs- und hohen Qualitätskriterien genügen.
Der Paukenschlag am 4. November 2019 hatte es in sich: Die grünen Flaschen der Vinsmoselle-Tafelweine, die altbekannten Etiketten, die jahrzehntelang in Luxemburg mit der Genossenschaftskellerei in Verbindung standen – sie alle mussten weichen. Denn ab sofort standen die Winzer, das Terroir und ihre Arbeit mit und in der Natur im Vordergrund. Die Menschen hinter den Weinen der Domaines Vinsmoselle hatten ab sofort ein Gesicht, das Terroir wurde greifbarer. Natürlich reihen sich diese Schritte in eine Marketingstrategie ein, da die Genossenschaftskellerei zukunftsorientiert arbeiten will und muss. Dennoch steht sie auch für den Mut, Neues zu wagen und dabei auf Altbekanntem aufzubauen. Trotz umfassender Markt- und Verbraucheranalyse im Vorfeld ganz sicher war es nicht, ob der Plan mit der Umgestaltung und der Einführung der „Les Vignerons de la Moselle“ bei der traditionsbewussten Kundschaft aufgehen würde.
Nun, rund neun Monate später, zeichnet sich offenbar eine deutlich positive Tendenz für „Les Vignerons de la Moselle“ ab. Die hellen Flaschen mit Schraubverschluss – für Luxemburgs Weinbau noch immer ein Punkt, an dem sich die Geister scheiden, die personalisierten Etiketten mit dem Konterfei der Winzer, die klaren Erklärungen an der Rückseite der Weinflaschen – sie alle zusammen scheinen sich auszuzahlen. Denn trotz Corona-Turbulenzen, die den Winzern in Luxemburg in den vergangenen Monaten gehörig zu schaffen machten, wurde an der nächsten Etappe der „Moselwinzer“ fleißig weitergearbeitet, erzählt Generaldirektor Patrick Berg. „Eigentlich wollten wir das Ergebnis dieser Arbeit am 1. Mai vorstellen.“ Aus den inzwischen allerseits bekannten Gründen wurde aus dieser Vorstellung und dem traditionellen „Proufdag“ nichts. Die Pause nutzte das Team, um noch einmal die Erweiterung der „Les Vignerons de la Moselle“-Linie um Premiers crus und Grands premiers crus sowie „Lieux-dits“ unter die Lupe zu nehmen.
„Interessante Weine, die unterschätzt werden“
So muss ein Wein der Sparte Premier cru einen Ertrag von 85 Hektolitern pro Hektar aufweisen. Hierzu gehören beide Premiers crus „Coteaux de Remich“ und „Côtes de Grevenmacher“. Sie stehen stellvertretend für die beiden großen Tendenzen der Weinanbaugebiete der Luxemburger Mosel. „Es sind interessante Weine, die oft unterschätzt werden“, sagt Patrick Berg. „Weil sie weniger kompliziert sind, stellen sie eine ideale Zwischenstufe zwischen den Einstiegs-AOP-Produkten und den Grands premiers crus dar.“ Damit diese Wertigkeit auch sichtbar nach außen erscheint, bekamen die Premiers crus ein wortwörtlich neues Kleid. Ihr „Habillage“ zeichnet sich aus durch eine dunkle Kapsel (die Folie rund um den Flaschenhals), ein stilisiertes VM für „Les Vignerons de la Moselle“ – in Gold auf einem dunklen Hintergrund. „Damit möchten wir den Premium-Charakter dieser Weine unterstreichen“, so Patrick Berg.
Und auch die Flasche sieht etwas anders aus. Die sogenannte Schlegelflasche hat eine langgezogene Form, die noch einmal die Eleganz des Weins darstellen soll. Schließlich musste auch die Etikette die Idee des hochwertigen Produkts wiedergeben. Über ihren Inhalt als auch über die Gestaltung ihres Aussehens haben sich die Winzer die meisten Gedanken gemacht, heißt es. Techniken wie Embossing – Prägen mithilfe von Stempeln und einem (Farb-)Pulver – kamen ebenso zum Einsatz wie unterschiedliche Texturen auf dem Papier. Als Premier cru werden ein Rivaner „Côtes de Grevenmacher“ und ein Riesling „Coteaux de Remich“, jeweils Jahrgang 2019, angeboten.
Für die Grands premiers crus gilt noch weniger Ertrag pro Hektoliter, sodass die Qualität noch konzentrierter, noch hochwertiger erreicht werden kann. „Es handelt sich dabei um Tischweine, um Begleiter zu verschiedenen Speisen, die wie bei den Premiers crus mit ,Coteaux de Remich‘ und ,Côtes de Grevenmacher‘ die beiden großen Tendenzen an der Mosel widerspiegeln“, erklärt Patrick Berg. Hier umfasst das Angebot Pinot gris, Auxerrois, Pinot blanc, Riesling und Gewürztraminer mit Lagen rund um Remich, Grevenmacher, Wormeldingen, Remerschen, Bech-Kleinmacher und Schengen (Jahrgang 2019).
Nicht nur die inneren Werte, sondern auch die äußere Erscheinung der Grands premiers crus wurden neu arrangiert. So findet sich hier das stilisierte Logo auf der Flasche sowie der ausgeschriebene Name „Les Vignerons de la Moselle“ – damit die Unterscheidung im Supermarktregal noch einfacher gelingt. Dazu trägt auch eine schwarze Kapsel bei, dazu ein stilisiertes Winzerporträt sowie die Rebsorte und der Jahrgang.
Besondere Lagen an der Spitze
Das Etikett ist auch hier neugestaltet. Sie zeigen die Wellen der Mosel, stellen den Bezug zur Hauptlinie her und bestechen mit mehrdimensionaler Struktur. Insgesamt gehen die neuen Etiketten mit einer grundlegenden Produktionsumstellung einher, erklärt der Generaldirektor. Weg von den sogenannten Nass-Etiketten hin zu selbstklebenden Modellen. Dafür wurde eine neue Maschine in Betrieb genommen, die Investition dafür beläuft sich auf rund 400.000 Euro. „Dadurch können wir jetzt Dinge wie diese Etiketten machen, die vorher aus technischen Gründen nicht möglich waren. Außerdem erlaubt uns das neue Gerät, auch bei anderen Produkten in Sachen Etiketten mehr Flexibilität und gestalterische Freiheit“, so Patrick Berg.
Die dritte Neuheit, die am 14. Juli vorgestellt wurde, sind die sogenannten „Lieux-dits“: besondere, bekannte Lagen mit einer zusätzlichen Bedeutung. Sie stellen die Spitze der drei Stufen in der „Les Vignerons de la Moselle“-Linie dar. Diese „chefs d’œuvre“ zeichnen sich durch eine zurückhaltende Außendarstellung aus, mit Hauptakzent auf der Rebsorte. Alle vorgestellten Weine sind inzwischen im Handel erhältlich.
Neue Halle in Wellenstein
„Trotz der Covid-19-Krise haben wir an unserem Masterplan 2020-2023 festgehalten und vor rund einem Monat angefangen, in Wellenstein eine neue Halle mit neuen Produktionslinien zu bauen“, erklärt Patrick Berg, Generaldirektor von Domaines Vinsmoselle. Die Investitionssumme beläuft sich auf rund 4,5 Mio. Euro. „Diese Summe finanzieren wir selbst“, so Berg mit Blick auf Gerüchte auf eine schlechte finanzielle Lage der Genossenschaftskellerei. „Das ist nicht der Fall“, unterstreicht er. Auch wenn die Situation in diesem Jahr schwierig sei, ziehen die Winzer der Vinsmoselle ihr Vorhaben durch, so die Botschaft.
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