Auch wenn wieder leicht ansteigende Infektionszahlen am Wochenende verdeutlichen, dass die Attacke des pandemischen Virus Sars-CoV-2 noch nicht vorbei ist, ist spätestens seit Öffnung der Spielplätze für so ziemlich alle eine Art Normalität eingekehrt, die von manchen allzu leichtfertig in vollen Zügen genossen wird. Die Stimmung in den Parks, auf den Plätzen, in den Gaststätten und selbst in den Supermärkten nähert sich wieder jener Weise an, mit der wir uns vor März dieses Jahres begegneten. Dabei zeigt das nahe Beispiel Frankreich, wo im Nachbardepartement Meurthe-et-Moselle die Infektionen wieder besorgniserregend zunehmen, dass die gefürchtete zweite Welle nur auf die neue Unbeschwertheit wartet.
Doch ist die aktuell wohl dramatisch anmutende und mit ihren ökonomischen Auswirkungen sicher auch für hochgezüchtete und schnelllaufende Wirtschaften tatsächlich, zumindest kurz- und mittelfristig, schädliche Corona-Krise wirklich in der Lage, sich mit der langsamer fortschreitenden, aber nicht minder bedrohlichen Umwelt- und Klimakrise zu messen? Nicht wirklich, zumal die ursprüngliche Übertragung des aktuellen und künftiger Viren auf den Menschen von zahlreichen Biologen als Auswirkung des zunehmenden Landverbrauchs der Menschheit und der damit verbundenen neuen Nähe zahlreicher Wildtiere mit den besonders in Urwaldnähe lebenden Bevölkerungen gesehen wird.
Trotz aktuell fehlender „Fridays for Future“-Demos, trotz vermeintlich anderer politischer Prioritäten dürfte also die andere Krise, die der Umwelt, des Klimas, der Natur, nicht vergessen werden. Die CSV hatte dieser Tage im Parlament eine Aktualitätsstunde zu den ineinandergreifenden Krisen beantragt und der Regierung vorgeworfen, sie handele wenig konsequent. Die Förderung von Elektromobilität sei eine Subvention der Autoindustrie, also des Individualtransports. Dies und Prämien für Fahrräder seien angesichts der großen Summen, die in den Neustart der Wirtschaft gepumpt würden, nicht wirklich eine Investition in Richtung Klimaschutz. Subsidien mit umweltrelevanten Auflagen für die Betriebe und ein allgemeines Abrücken von der wirtschaftlichen Wachstumspolitik lauteten die Forderungen der CSV, die allerdings den grünen Minister Turmes im selben Aufwasch dafür kritisierte, dass er sich gegen Flüge auf Distanzen aussprach, die problemlos mit dem Zug zu schaffen wären.
Energieminister Turmes und Umweltministerin Dieschbourg hielten denn auch dagegen, die Maßnahmen im Rahmen des „Neistart fir Lëtzebuerg“ würden sich lediglich als kleiner Teil in die weitreichenderen Maßnahmen für Klimaschutz einreihen, die Luxemburg in vorbildlicher Manier zum Erreichen der Pariser Klimaziele treffen würde.
Doch nicht nur von der CSV kam Kritik an der Umweltpolitik der blau-rot-grünen Regierung. Auch die Präsidentin des „Mouvement écologique“ meinte während des jüngsten Kongresses, dass Fahrradprämien und Renovierungsbeihilfen zur energetischen Sanierung von Häusern nicht ausreichten, und forderte u.a. eine CO2-Steuer, den konsequenten Ausbau des Radwegenetzes für die vielen neuen Räder, ein richtiges Konzept zur Altbausanierung … Schließlich verwies Blanche Weber darauf, dass wir uns einem System annähern müssten, das Lebensqualität statt wirtschaftliches Wachstum als Ziel habe. Corona habe gezeigt, dass die Menschen dies wollten.
Klar ist, dass Corona-bedingt der CO2-Ausstoß ob der beiden Monate ohne viel Verkehr in diesem Jahr einen voraussichtlichen Rückgang von 8 Prozent aufweisen wird. Ebenso klar ist aber auch, dass dieser Ausstoß ohne konsequentes Gegensteuern wieder schnell auf gewohnt hohem Niveau sein wird. Die große Krise bedroht uns weiter …
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