Wenngleich das Wort „Coronavirus“ in der heutigen Zeit zum wohl häufigsten verwendeten Substantiv gerät, handelt es sich bei der Virenart keineswegs um unbekannte Wesen mit gar mystischen Eigenschaften. Die Klasse der Coronaviren ist Wissenschaftlern und Medizinern seit langem bekannt. Ganzjährig kursieren vier bekannte Arten von Coronaviren: NL63, OC43, 229E und HKU1. Sie zählen zu den sogenannten niedrig-pathogenen Viren, die bei infizierten Menschen milde Atemwegserkrankungen hervorrufen. Medizinern zufolge sind etwa 30 Prozent aller Erkältungskrankheiten von diesen Virentypen initiiert.
Bei dem aktuellen Virus Sars-CoV-2 hingegen handelt es sich um ein hoch-pathogenes Virus. Es leitet seinen Namen vom „Schweren akuten Atemwegssyndrom“ (Severe Acute Respiratory Syndrome, Sars) ab. Diese Krankheit wurde erstmals in der Wintersaison 2002 im Süden Chinas beobachtet. Dort kam es zu epidemieartigen Ausbrüchen, die Viren verbreiteten sich vor allem in Krankenhäusern schnell.
Eine zweite Variante des Virus wurde im Dezember 2019 beobachtet, daher die Bezeichnung Coronavirus-Erkrankung-19 (Corona Virus Disease-19, Covid-19). Es handelt sich ebenfalls um eine akut fortschreitende Erkrankung zunächst der oberen, schnell jedoch auch der unteren Atemwege. Schwere Verläufe zeigen auch eine Schädigung des Herz-Kreislauf-Systems sowie der Nierenfunktion. Mediziner haben inzwischen erkannt, dass dies durch den Mechanismus der Infektion über das Enzym ACE2 verursacht wird (siehe Kasten).
Hauptinfektionspunkte sind Nasenschleimhäute und Augen bzw. Tränenkanäle. Wie jedoch gelangen die Viren dorthin?
US-amerikanische Forscher des National Institute of Health in Hamilton (Montana) sind der Frage nachgegangen, in welchem Milieu das Virus „überleben“ kann. Des Weiteren interessierte, wie lange die Substanz ihre Infektiosität auf verschiedenen Oberflächen behält. Diese Erkenntnisse sollten beitragen, Möglichkeiten zur Eindämmung der Pandemie zu finden.
Sars-CoV-2-Tröpfchen bis zu drei Stunden infektiös
Die Wissenschaftler um Vincent Munster und Neeltje van Doremalen untersuchten beide Typen des Sars-Coronavirus in ihren Labors am Institut für Allergie und Infektionskrankheiten. In ihrer Studie, vorab veröffentlicht in „MedRxiv“, erklärten die Forscher, dass die ermittelten Daten zwar unter Laborbedingungen erhalten wurden, auf ihre Gültigkeit unter normalen Umweltbedingungen jedoch geschlossen werden kann.
Im Einzelnen stellten sie dabei fest, dass sich Sars-CoV-2 in Aerosolen bis zu drei Stunden infektiös verhalten kann. Wenn also ein mit dem Coronavirus Infizierter in einem geschlossenen Raum hustet oder niest, können umherfliegende Tröpfchen in Luftpartikeln bis zur genannten Zeit ansteckend sein. Eine Erkenntnis, die verdeutlicht, warum es nach den Empfehlungen der WHO Sinn macht, Nase-Mund-Schutzmasken zu tragen – um nicht andere Menschen anzustecken und um selbst nicht angesteckt zu werden.
Eine weitere Frage ist: Wie verhält sich das Virus auf Oberflächen? Auch hier gaben die an den Experimenten beteiligten Wissenschaftler zeitliche Vorgaben. So ergaben die Tests, dass Coronaviren auf Kupfer (kleine Münzen) etwa für vier Stunden ansteckend bleiben. Etwa einen Tag lang bleibt das Virus auf Karton oder Papier stabil und infektiös.
Mit einer noch längeren Ansteckungszeit muss man rechnen, wenn Gegenstände aus Plastik kontaminiert sind. Das Forscherteam brachte mit dem Sars-CoV-2 versetzte Lösungen auf Polypropylenfolien (wie sie in der Lebensmittelverpackung benutzt werden) und Plexiglasplatten auf. Es zeigte sich, dass noch nach 72 Stunden aktive Viren nachgewiesen werden konnten. Auch auf metallenen Oberflächen wie Stahl (Türgriffe und -klinken) wurden nach 48 Stunden noch Viren nachgewiesen, die wiederum infizieren könnten.
Parallel ausgeführte Versuche mit dem ursprünglichen Sars-Virus zeigten, dass deren aktive Zeit nur halb so lang wie die des aktuellen Coronavirus ist. Die Tests ergaben weiterhin, dass nach gründlicher Desinfektion mit Alkohol oder verdünntem Wasserstoffperoxid die Virenkonzentration deutlich eingedämmt werden konnte.
Für Verbraucher ergibt sich daraus die Schlussfolgerung: Gekaufte Güter und Lebensmittel wenn möglich einen bestimmten Zeitraum in „Quarantäne“ geben, sie andernfalls gründlich desinfizieren. Ebenso sollten regelmäßig Türgriffe (Autos, Häuser und Wohnungen) sowie häufig gebrauchte Alltagsgegenstände wie Mobiltelefone desinfiziert werden.
Zudem macht das Tragen von Schutzhandschuhen Sinn, um nicht mit eventuell virenverseuchten Oberflächen in Kontakt zu kommen. Nach deren Benutzung empfehlen die Wissenschaftler zusätzlich gründliches Händewaschen und Desinfizieren.
Die aktuelle Studie, so die Kritik anderer Virologen, gibt jedoch noch nicht schlüssig auf alle Fragen der „Lebensdauer“ und Ansteckungsgefahr der Viren Auskunft. Denn die vorliegenden Daten wurden unter speziellen Laborbedingungen bei 21 Grad Celsius und einer Luftfeuchte von etwa 40 Prozent durchgeführt. Offen bleibt die Frage, wie sich das Virus unter Nicht-Labor-Bedingungen – in Städten, öffentlichen Gebäuden, Verkehrsmitteln unter veränderten meteorologischen Bedingungen – verhält. Ungeklärt bleibt ferner, wie sich das Virus auf Oberflächen von Obst und Gemüse oder im Wasser verhält. Ungeachtet dieser Einschränkung kann die Studie jedoch als ein aktuell verfügbarer Wegweiser betrachtet werden.
Eintrittswege für das Coronavirus
Viele Staaten folgen der Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation, Atemschutzmasken für ihre Bevölkerung anzuordnen. Doch beugen diese Nasen-Mund-Masken wirklich einer Infektion vor? Wo treten die Sars-CoV-2-Viren am ehesten in den menschlichen Körper? Dieser Frage stellten sich Forscher des Wellcome Sanger Institute bei Cambridge (Großbritannien), dem Universitätsklinikum Groningen (Niederlande) und der Universität Cote d’Azur (Frankreich).
Um zu verstehen, über welche Wege der Mensch sich mit dem aktuellen Coronavirus infiziert, muss man den Prozess der Infektion selbst betrachten.
Coronaviren bestehen aus Ribonukleinsäuresträngen (RNA), die von einem Protein als Schutzhülle umgeben sind. Auf dieser Außenhülle befinden sich sogenannte Anheftungsproteine („Spike“), auch S-Proteine genannt. Mit diesen S-Proteinen heftet sich das Virus an bestimmte Zonen des menschlichen Körpers an.
Um den Menschen infizieren zu können, braucht das Virus eine Andockstation. Diese findet es in dem sogenannten Angiotensin-konvertierenden Enzym 2 (ACE 2) des menschlichen Körpers. Hat sich das Virus dort festgesetzt, braucht es einen Weg, um in das Innere der Wirtszelle zu gelangen. Hierzu aktiviert es ein körpereigenes Enzym: Die transmembrane Serinprotease (TMPRSS2). Die menschliche Zellhülle wird durchlässig, das Virus kann in das Innere der Zelle eindringen und sich dort vermehren. Es löst damit die aktuell bekannte Krankheit Covid-19 aus.
Die Wissenschaftler um Erstautor Waradon Sungnak (Sanger Institute) stellten in ihrer Studie fest, dass das Enzym ACE2 sowie die Protease TMPRSS2 vor allem in den Becherzellen und Flimmerzellen der Nasenschleimhaut in hoher Konzentration vorkommen. In der jüngsten Ausgabe von „Nature Medicine“ veröffentlichten Arbeit schlussfolgert das Forscherteam, dass die Sars-CoV-2-Infektion dementsprechend im Wesentlichen über die Nase verläuft.
Weitergehende Untersuchungen zeigten, dass ACE2 und TMPRSS2 auch in den Hornhautzellen des Auges und in der Darmflora zu finden waren. Dies, so die Studie, deutet auf weitere mögliche Infektionswege hin.
Im gesunden menschlichen Körper ist das Enzym ACE für die Steuerung des Blutdrucks und des Wasserhaushaltes zuständig. Eine hohe Anreicherung ist auch in den Kapillarzellen des Herzens, im Herzmuskel sowie in Fibroblasten – Zellen, die dazu beitragen, dem Herzen seine Struktur zu geben – zu finden. Dies könnte erklären, warum eine Covid-19-Erkrankung häufig mit Herzschädigungen und anschließendem letalen Ausgang verbunden ist.
Aktive Zeit des aktuellen Coronavirus
Auf Kupfer: 4 Stunden;
in Aerosolen: 3 Stunden;
auf Papier, Karton: 24 Stunden;
auf Stahl und metallischen Oberflächen: 48 Stunden;
auf Plastik: bis 72 Stunden.
D'Kleederbutteker sinn op!
Lo kënnt der endlech Saachen umoossen, déi virdru vun e puer Infizéierter ugemooss goufen.