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Corona-Tagebuch (37)Montag, 27. April: Muskelprotz im Anmarsch

Corona-Tagebuch (37) / Montag, 27. April: Muskelprotz im Anmarsch
Wir üben für das optimale Tik-Tok-Material Foto: privat

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Das Coronavirus beherrscht weiter das Leben in Luxemburg. Die Lage ist ernst, jedoch nicht hoffnungslos. Eigentlich genau der richtige Zeitpunkt, seine Gedanken mal wieder in einem Tagebuch niederzuschreiben. Was fällt uns auf, was empfinden wir und was erwarten wir? Das Corona-Tagebuch im Tageblatt gibt Einblick in diese Gedankenwelt.

Liebes Tagebuch, wir schreiben Tag drei nach einem Comeback, auf das die Welt gewartet hat: Es herrscht wieder Aufbruchsstimmung in unserem trauten Heim. Bedanken muss ich mich dafür bei ein paar kreativen Köpfen aus China. Ihre App ist zwar heftiger Kritik ausgesetzt, doch ich für meinen Teil habe dank Tik Tok endlich wieder Tränen gelacht. Bis tief in die Nacht. Sogar der Mathematiklehrer, dessen Begeisterung für soziale Medien gegen null tendiert, ließ sich am Samstag zu spaßigen Videosequenzen hinreißen. 

Der besagte Mann, mit seiner Schwäche für Zahlen, hat in den vergangenen 14 Tagen übrigens beide Male den Familieneinkauf erledigt und jedes Mal fehlte ein- und derselbe Artikel. Was will plötzlich jeder mit Hefe aufgehen lassen? Urlaubspläne? Wir haben jedenfalls aufgrund der aktuellen Umstände mit zwei Dingen abgeschlossen: Brot zu backen und der Hoffnung, den Sommer irgendwo anders als im heimischen Garten zu verbringen. Ganz nach dem Motto: Wenn das alles vorbei ist, machen wir uns erst mal ein paar schöne Tage zu Hause.

Eigentlich stand im August ein kinderloser Ausflug nach Berlin auf dem Plan, Open-Air-Konzert inklusive. Doch mein Geschenk zum 10. Hochzeitstag ist nur noch Makulatur. Da Front-Sänger Campino meinen Informationen nach nicht mit mir verwandt ist, stellte sich die Frage, ob man bis dahin wieder aus anderen Gründen die Grenze passieren darf. Nun, die Band beseitigte alle Zweifel und verschob das Spektakel. Der Rubel sollte im Hinblick auf das „hölzerne Jubiläum“ trotzdem rollen, weshalb wir uns neue Gartenmöbel gegönnt haben – die pünktlich mit den Regenschauern der nächsten Stunden eintreffen werden (welche hoffentlich diese fiese gelbe Pollenoffensive wegspülen werden). 

Und um beim Putzen zu bleiben … es droht uns nach Toilettenpapier, Mehl und Hefe ein weiteres Produkt auszugehen: der gute alte Besen. Nicht weil Globus und Co. die Dinger verscherbeln würden. Nein … es wird im Moment nämlich unglaublich viel gekehrt, sogar vor anderer Leute Tür. Facebook wird überflutet von nervigen Kettenbriefen, Rätsel-Bildchen und leider auch von einer Schar an Hobby-Virologen, Neo-Bildungsministern und Verschwörungstheoretikern mit zu engen Aluhütchen. Ihr gemeinsames Interesse: Die eigene Meinung als die einzig richtige zu deklarieren – sogar, wenn niemand danach gefragt hat. Argumente der Opposition gelten lassen? Nein, lieber gleich wüst beschimpfen statt Verständnis für andere Sichtweisen aufzubringen … 

Hygienischer als die virale Putzkolonne wollte übrigens nur das Staatsoberhaupt einer Weltmacht gegen das Virus vorgehen, nämlich mit Desinfektionsspritzen. Was in unserer luxemburgischen Oase der Corona-Schlager Buff, nennt sich in den Vereinigten Staaten Clorox. Prost! Auch ich habe inzwischen etwas reingewaschen: mein Gewissen. Zwei kleine Runden von fünf Kilometern. Auf dem Weg zum ersten Marathon sicher nur heiße Tropfen (Schweiß) auf den Asphalt. Aber der Mann und ich trainieren für den Sommer-Body: Nach den unzähligen Liegestützen für das „perfekte“ Tik-Tok-Video dürfte sich der Umfang unser Oberarme verdoppelt haben.

Diese App hat uns alle wieder von der Couch hochbekommen. Wir lachen, tanzen und machen uns vor den Nachbarn zum Affen. Egal. Hauptsache man kann Freunden damit ein Lachen ins Gesicht zaubern. Zweiter Vorteil ist, dass ich gleichzeitig auch weniger Zeit mit idiotischen Facebook-Postings verschwende, die mich aufregen würden. Liebes Tagebuch, du siehst, es geht bergauf!

Das Tageblatt-Tagebuch

Das Leben ist, wie es ist. Corona hin oder her. Klar, die Situation ist ernst. Aber vielleicht sollte man versuchen, ein wenig Normalität in diesem Ausnahmezustand zu wahren. Deshalb veröffentlicht das Tageblatt seit dem 16. März (s)ein Corona-Tagebuch. Geschildert werden darin persönliche Einschätzungen, Enttäuschungen und Erwartungen verschiedener Journalisten.