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Das Corona-TagebuchDienstag, 21. April: Mein erstes Mal

Das Corona-Tagebuch / Dienstag, 21. April: Mein erstes Mal
Außergewöhnliche Zeiten verlangen außergewöhnliche Buchbestellungen: online – aber nur beim lokalen Fachbuchhandel!  Foto: mago

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Das Coronavirus beherrscht das Leben. Die Lage ist ernst, aber nicht hoffnungslos. Eigentlich genau der richtige Zeitpunkt, um seine Gedanken mal wieder in einem Tagebuch niederzuschreiben. Was fällt uns auf, was empfinden wir? Das Corona-Tagebuch gibt Einblick in diese Gedankenwelt.

Liebes Tagebuch. Am Montag war Reifenwechseltag. Früher Termin in der Werkstatt. Du weißt, wie sehr ich es hasse, für die paar Kilometer bis nach Leudelingen zwischen 30 und 40 Minuten unterwegs zu sein. Doch jetzt waren es nicht mal zehn Minuten.

Weiterer Lichtblick am Morgen: Auf den Baustellen herrscht Bewegung. Ein schönes Bild. Ein Stückchen Normalität. Laster, die Ziegel, Zement und anderes Material transportieren. Arbeiter auf dem Weg zum Bau – mit Mundschutz. So auch in meiner Autowerkstatt. Ein solches Masken-Spektakel habe ich zuletzt in Venedig gesehen – kurz bevor der Karneval abgesagt wurde. Da war aber zum Glück der Mund frei, um Prosecco trinken zu können.

Während ich auf die neue Sommerbereifung warte, gibt es nicht mal einen Kaffee, wie sonst üblich. Auch keinen Keks. Zeitungen und Automagazine fehlen ebenfalls. Also vertreibe ich mir die Zeit auf dem Smartphone. Einige sind da bereits sehr aktiv. Okay. Der frühe Vogel fängt den Wurm, heißt es. Aber, liebes Tagebuch, gilt das auch für schräge Vögel?

Nun muss ich dir etwas anvertrauen. Ich habe gesündigt. Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich Bücher via Internet bestellt. Ich hatte keine andere Wahl, da Bücherläden ja noch geschlossen bleiben müssen. Merkwürdig nur, dass Supermärkte und Zeitungsgeschäfte, die ja geöffnet haben, auch Bücher verkaufen dürfen … Doch darüber rege ich mich ein anderes Mal auf. Ich habe übrigens nur ein bisschen gesündigt, denn immerhin habe ich meine Bücher bei Diderich in Esch bestellt. Trotzdem ist das nicht so wirklich das Wahre, weil Gespräch, Herumgestöbere und vor allem der Geruch neuer Bücher fehlen.

Vater wurde am vergangenen Wochenende 75. Ein wahrer Lichtblick. Ruhe gönnt er sich kaum. Er kocht Marmelade. Er hegt und pflegt zwei Gärten. Im Keller baut er sich eine Dusche und wenn der Hahn tropft oder der Schrankgriff partout nicht halten will, dann hilft er seinem ältesten Sohn, der mit zwei linken Händen zur Welt gekommen ist. Für Vater ist die Wiedereröffnung der Bau- und Gartencenter ein wichtiges Ereignis. Ein Stück Lebensinhalt. Ich frage mich deshalb, ob die selbst ernannten Sittenwächter in den sozialen Medien, die sich jetzt spöttisch darüber auslassen, dass Menschen in den Baumarkt wollen, irgendeine Ahnung vom Leben haben.

Und wenn ich jetzt schon mal dabei bin, liebes Tagebuch: Sollte ich nicht auch stark zweifeln an jenen Zeitgenossen, die scheinbar nicht nachvollziehen können, dass es für einen Jugendlichen, aber auch für Erwachsene ein schönes Erlebnis ist, ins Drive-in eines Fastfood-Dings zu fahren? Können sich diese Menschen nicht einfach um ihr Zeug kümmern und aufhören, anderen zu erklären, was gut oder schlecht ist? Stopp den Denunzianten! Auch darüber werde ich dir nächstens schreiben. 

Liebes Tagebuch, du kennst mich. Ich hadere nicht gerne mit dem Schicksal. Da erfreue ich mich doch lieber an Francesca und Giulia. Der Nachwuchs kann es kaum erwarten, dass es bald wieder „richtig“ zur Schule geht. Wie sagt der Papa immer: No risk, no fun! In dem Sinne gute Nacht, liebes Tagebuch.

Das Tageblatt-Tagebuch

Das Leben ist, wie es ist. Corona hin oder her. Klar, die Situation ist ernst. Aber vielleicht sollte man versuchen, ein wenig Normalität in diesem Ausnahmezustand zu wahren. Deshalb veröffentlicht das Tageblatt seit dem 16. März (s)ein Corona-Tagebuch. Geschildert werden darin persönliche Einschätzungen, Enttäuschungen und Erwartungen verschiedener Journalisten. 

Sepp
22. April 2020 - 14.37

"Ich frage mich deshalb, ob die selbst ernannten Sittenwächter in den sozialen Medien, die sich jetzt spöttisch darüber auslassen, dass Menschen in den Baumarkt wollen, irgendeine Ahnung vom Leben haben." Nein, sie haben keine Ahnung vom Leben, weil sie sich kein Haus und 2 Gärten leisten können, das sie mit Material aus dem Baumarkt ausstatten können. Ausserdem empfehle ich ihnen die Reifen von ihrem Sohn wechseln zu lassen wenn sie sich über 2 linke Hände aufregen.