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EditorialEuropa vergisst Luxemburg – und Luxemburg vergisst Europa

Editorial / Europa vergisst Luxemburg – und Luxemburg vergisst Europa
Setzt der Pendlerstrom von und zu den Grenzen bald wieder ein? Symbolfoto: Editpress

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Endlich geht’s wieder los: Die Regierung hat Luxemburgs Exit-Plan vorgestellt. Am Montag dürfen die Bauarbeiter wieder munter für die Volkswirtschaft ackern. Der Rest der arbeitenden Massen folgt nach und nach und kann sich ab 25. Mai nicht einmal mehr mit der Entschuldigung vor der Arbeit drücken, dass die Kinderbetreuung flachliegt. Nach den weiterführenden Schulen sollen spätestens dann nämlich auch „Crèchen“ und Grundschulen wieder aufmachen. Die Message ist klar: Jetzt wird wieder in die Hände gespuckt, wir steigern das Bruttosozialprodukt.

Zugegeben, das Bild mit der Spucke und den Händen ist in der Corona-Krise vielleicht nicht das beste. Aber es ist nicht das Einzige, was in Sachen „Exit-Plan“ nicht ganz stimmig ist.

Luxemburgs Regierende wurden in den vergangenen Wochen (zu Recht) nicht müde, die mangelnde Koordination der EU-Staaten in Sachen Corona zu kritisieren. „Es war keine Sternstunde der Europäischen Union“, sagte Premierminister Bettel noch am Mittwoch. Aber in genau die Riege der Eigenes-Süppchen-Kocher reiht sich Luxemburg jetzt irgendwie auch ein – und das nicht einmal ohne Stolz.

Ein Blick auf die – Luxemburger – Daten zeigt: Die Zahl der Neuinfektionen ist – im Großherzogtum – tatsächlich rückläufig. Auf dem „Peak“ der – Luxemburger – Infektionswelle, dem 25. März, wurden 234 Neu-Infizierte in die – Luxemburger – Statistik aufgenommen. Zum Vergleich: Am Freitag waren es 16, in den Tagen davor sank diese Quote – in Luxemburg – bis auf 11.

Leider wird bei dieser Rechnung genau das, was die – Luxemburger – Politik in den vergangenen Wochen unablässig angeprangert hat, vergessen: der Europa-Faktor. „Es ist schwierig, eine gemeinsame Exit-Strategie zu haben, wenn man keine gemeinsame Start-Strategie hatte“, sagte Bettel ebenfalls am Mittwoch. Es klang fast, als wäre er ein bisschen beleidigt. Aber zum Schmollen ist jetzt wirklich nicht der richtige Zeitpunkt.

Kleine Erinnerung: Luxemburg liegt noch mitten im viel strapazierten „Herzen Europas“, ist mit seinen Nachbarn verschwippschwagert wie kaum ein anderes Land – und besetzt die Hälfte seiner Arbeitsplätze mit netten Kollegen aus Deutschland, Belgien und Frankreich.

Und dort sieht die Corona-Lage leider etwas anders aus. Während in den deutschen und belgischen Nachbarregionen relative Entspannung herrscht, gibt es für Frankreich nicht einmal valide Daten. Tote und Infizierte in Altenheimen werden in der offiziellen Corona-Statistik der „Grande Nation“ – in der 107.312 Luxemburg-Arbeiter leben – erst seit zwei Wochen überhaupt erfasst. In den beiden Luxemburger Nachbar-Départements Moselle und Meurthe-et-Moselle gib es insgesamt 744 Corona-Tote (Stand Donnerstag). Die Krankenhäuser der französischen Nachbarn sind noch immer überlastet, Schwerkranke mussten nach Luxemburg evakuiert werden.

Die Grenzgänger sind – das hat die Regierung oft genug betont – für die luxemburgische Volkswirtschaft essenziell. Umgekehrt ist die Luxemburger Volkswirtschaft für die Menschen, die jeden Tag aus dem Ausland kommen, essenziell.

In guten Zeiten ist dieser Mix genau das, was die Arbeitswelt Luxemburgs so außergewöhnlich und schön macht. In den jetzigen Zeiten bringt er aber mit sich, dass die Daten, mit denen die Regierung das Hochrisiko-Projekt „Exit“ steuern will, wirklich sehr, sehr überlegt erhoben werden müssen – und sich auf keinen Fall nur auf die Einwohner Luxemburgs konzentrieren dürfen. Diese Verantwortung trägt die Regierung nicht nur gegenüber den Menschen im Land – sondern auch für deren Freunde, Kollegen und Nachbarn auf der anderen Seite der Grenze.

Gustav Ertz
20. April 2020 - 8.53

Viel zu früh,abgerechnet wird zum Schluss.

Karl Schneider
20. April 2020 - 5.37

Grenzschließngen sind nicht die Lösung des Problems,sondern die allgemeinen Verhaltens und Hygieneregeln !

MarcL
19. April 2020 - 12.56

Sieht man wie die europäische Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Corona-Krise bisher funktionniert hat, kann man davon ausgehen, dass eine gemeinsame europäische Exitstrategie eine Illusion bleibt. Zu sehr sind die Länder auf sich selbst bezogen. Luxemburg allein kann man von daher keinen Vorwurf machen.

Zersch
19. April 2020 - 11.08

Ist der Yutzer Bauarbeiter also gesundheitsbedrohlicher als die Terviller Krankenschwester ?
Ihrer Argumentation fehlt irgendwie ein Konzept....

Biggi
19. April 2020 - 10.18

Alles schön und gut, Solidarität hin oder her, doch was ist wenn nun nach derm Exitplan eine 2. Welle kommt, da ich überzeugt bin dass es immer noch Leute geben wird die den obligatorischen Mundschutz ablehnen. Wer wird kontrollieren ob auch jeder sich dran hält?? Und dann noch ein ganz anderes Thema, es ist ja schön und gut dass auch die Unabhängigen Hilfe vom Staat erhalten, aber was is mit den Unabhängigen die alleine arbeiten, also kein Personal haben und die weniger als 15.000 Euro "chiffre d'affaires" haben? Die werden im Regen stehen gelassen, das weiss ich aus sicherer Quelle, also liebe Regierung, ich nehme ja mal an dass diese Leute keine Rechnungen oder Miete zahlen müssen, da sie ja gar kein Einkommen haben werden. Also, wo bleibt die Solidarität mit diesen Menschen????

Marcel Gelhausen
18. April 2020 - 20.28

Wieso betonen Sie Frankreich spöttisch als "Grande Nation"???

Luc
18. April 2020 - 11.34

.. schön zu sehen, dass Sie hier etwas kritischer berichten ..

J.Scholer
18. April 2020 - 11.06

Ich kann Ihrer Argumentation nicht beklatschen, nicht folgen, vergessen Sie wie solidarisch das Nordgefälle sich benimmt, der Versuch wie einst mit Griechenland das Schuldendebakel manch südlicher Partner ausnutzen und wieder Profit auf Kosten derer einzuheimsen. Auch die Grenzschliessung zu Luxemburg, Frankreich , ich erinnere Deutschland liess seine Grenzen zu Belgien, den Niederlanden offen, zeigen wenig vom europäischen Geist.Die Anfangs angekündigten Exportbeschrängkungen seitens der Berliner Machtzentrale abscheulicher Akt von Eigenwohl geht vor.Frau Leyen,Herrn Gabriel haben dies wohl kommentiert, dich Berlin liess sich nicht beirren, fuhr weiter und auch in der Exitstrategie zählt das Wort der deutschen Politik, Wirtschaft. Ich kann Herrn Bettel und co nun wirklich kein unsolidarisches , uneuropäisches Handeln vorwerfen, im Gegenteil haben Bettel, Lenert, Asselborn ihre humane , solidarische Handlungsweise bewiesen, haben den Mensch vor der Wirtschaft in den Mittelpunkt gestellt, dessen Wohl auch in der Exitstrategie im Auge behalten,. Ich lehne das Europa im Interesse der Wirtschaftsideologie der Nordländer ab, ich bevorzuge das solidarische, soziale, humane Europa.