Tageblatt: Frau Weistroffer, vor etwas mehr als fünf Wochen sprachen wir über verrückte Erlebnisse und ausgefallene Locations bei Hochzeiten in Luxemburg. Doch dann kam Corona. Unseren Beitrag mussten wir über Bord werfen. Wie sieht Ihr Alltag als Hochzeitsplanerin jetzt aus?
Lynn Weistroffer: Seit unserem letzten Gespräch hat sich vieles für mich verändert. Normalerweise organisiere und koordiniere ich Hochzeitsfeiern von April bis September und bin für die Dekoration zuständig. So lange dauert im Schnitt in Luxemburg die Saison an.
Zu Beginn der Pandemie wurden Hochzeiten bis Ende April abgesagt und sofort auf einen neuen Termin für dieses oder nächstes Jahr verlegt.
Als Wedding Planner muss ich möglichst schnell Lösungen finden. In diesem ganz besonderen Fall ist das aber nicht so einfach, denn Plan B auf die Beine zu stellen, braucht viel Zeit. Zumal die Terminfestlegung sehr eng mit der Verfügbarkeit der Location verbunden ist. Auch mit den davon betroffenen Dienstleistern muss ein Plan B ausgearbeitet werden: Sie müssen das Fest am neuen Datum mittragen können. Sind sie verhindert, muss ich neue Dienstleister suchen, die die Hochzeitsfeier begleiten.
Ich freue mich für meine Hochzeitspaare, einen provisorischen Plan B auf die Beine gestellt zu haben. Da seit dem 15. April bekannt wurde, dass keine Events bis zum 31. Juli erlaubt sind, erstreckt sich dieser Plan B zunächst über den Zeitraum von Mai bis Juni.
Jetzt gerade arbeite ich mit Hochdruck daran, die Hochzeiten, die im Juli stattfinden sollten, umzuplanen.
Anschließend kümmere ich mich um die Paare, die im August heiraten wollen.
Wie haben die Paare auf die veränderten Umstände reagiert?
Sie haben natürlich bis zur letzten Minute gehofft, ihren großen Tag noch in diesem Jahr feiern zu können.
Jetzt sind sie alle etwas bedrückt, was ich absolut nachvollziehen kann: Ein ganzes Jahr lang haben wir die Hochzeit geplant, die Paare freuten sich, diesen besonderen Tag mit ihren Familien und Freunden zu verbringen. Gleichzeitig sind sie erleichtert, dass wir gemeinsam eine Lösung gefunden haben. Und auch die zuständigen Dienstleister haben bereits ihre Teilnahme für den neuen Hochzeitstermin bestätigt.
Bisher konnten wir für alle meine Hochzeitspaare eine gute Lösung finden. In diesem Zusammenhang bedanke ich mich bei ihnen für das entgegengebrachte Vertrauen, es geht schließlich um den großen Tag im Leben eines Paares.
Durch das Coronavirus müssen nicht nur Hochzeitspaare mit der neuen Situation zurechtkommen. Wie war es bei Ihnen als Selbstständige? Haben Sie Existenzängste geplagt?
Ja, natürlich. Aufgrund der verlegten Hochzeiten wird es nächstes Jahr für mich schwierig, neue Anfragen von Hochzeitspaaren anzunehmen.
Auch mein Mann ist als Selbstständiger in der Veranstaltungsbranche tätig. Aufgrund der aktuellen Lage werden wir monatelang kein Einkommen haben. Unsere kleine Familie meistert gerade eine schwierige Zeit. Wir stellen uns die Frage, wie wir unsere Kredite zurückzahlen werden, auch wenn uns die Bank eine Verlängerung um sechs Monate genehmigt hat. Aber mit welchem Geld, wenn keine Aufträge hereinkommen? Dann wird es schwer, die ausstehenden Raten zurückzuzahlen.
Wir wissen, dass wieder Hochzeiten und Events stattfinden werden. Dennoch wird unser Einkommen in
diesem Jahr ganz klar gering ausfallen. Bis dahin überlegen wir uns neue Ideen, die wir Hochzeitspaaren und anderen Kunden anbieten können.
Außerdem sind wir nicht mit diesem Problem allein. Viele andere Selbstständige sind ebenfalls von dieser Krise betroffen und haben mit finanziellen Problemen zu kämpfen. Wenn wir solidarisch sind, uns gegenseitig zu helfen versuchen, schaffen wir das – davon sind wir überzeugt.
Corona-Pandemie und Social Distancing einerseits und Optimismus, dass es irgendwann einen Weg in die Normalität gibt, andererseits: Gibt es Paare, die 2021 heiraten wollen?
Ja, es sind Paare an mich herangetreten, die im nächsten Jahr ihre Hochzeit feiern wollen, sodass einige Termine für 2021 vergeben sind. Die Anfrage kommen sowohl von Paaren, die ihre geplante Hochzeit aufs nächste Jahr verschieben wollen/müssen, als auch von Paaren, die 2021 heiraten wollen.
Dass viele Paare ihren geplanten Termin im Sommer auf das nächste Jahr verschieben wollen, verstehe ich nur allzu gut. Die wenigsten Menschen wollen im Winter heiraten. Außerdem wissen wir noch nicht, wie die Situation zum Jahresende aussehen wird. Hinzu kommt, dass die meisten Locations bis zum Jahresende ausgebucht sind, sodass ein neuer Termin für 2021 quasi unausweichlich ist. Es sind aber auch Paare an mich herangetreten, die im nächsten Jahr ihre Hochzeit feiern wollen.
Bei allem Optimismus schwebt jedoch ein „Aber“ in Ihrer Antwort.
In der Tat. Da viele Hochzeiten auf 2021 verlegt werden, kann und werde ich wahrscheinlich nicht jede Anfrage annehmen können.
Ich bin ein positiver Mensch und denke, dass ich die Wünsche all meiner Paare fürs nächste Jahr trotz allem erfüllen kann.
Unsere Expertin: Lynn Weistroffer
Vor etwa acht Jahren half Lynn Weistroffer ihrem besten Freund bei der Organisation seiner Hochzeit und fand nach mehreren Ausbildungen im Event- und Dekorationsbereich zu ihrem Beruf als Wedding Planer und Designer. Mehr Informationen finden Sie auf ihrer Webseite www.luxwedding.lu.
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