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InterviewDüdelingens Bürgermeister Dan Biancalana spricht über Wachstum in kleinen Schritten 

Interview / Düdelingens Bürgermeister Dan Biancalana spricht über Wachstum in kleinen Schritten 
2021 soll der endgültige Startschuss für das Ökoviertel „Neischmelz“ fallen Foto: Editpress/Julien Garroy

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Vergangene Woche hat der Gemeinderat den neuen PAG (Allgemeinen Bebauungsplan) in die Prozedur geschickt. Derzeit befinden sich in der Stadt 110 Hektar an möglichem Wachstumspotenzial. Ein Gespräch mit Bürgermeister Dan Biancalana (LSAP) über das Vorkaufsrecht der Gemeinden und die 31.500-Einwohner-Marke. 

Tageblatt: Die Zahl der 31.500 Einwohner ist gefallen: In der Gemeinderatssitzung wollten Sie keine Frist nennen. Im Januar lebten 21.275 Menschen in Düdelingen. Gibt es überhaupt keine Tendenz, bis wann diese Grenze erreicht sein könnte?

Dan Biancalana: Das kann in 20, in 30 oder in 40 Jahren so weit sein. Das Wachstum soll in Phasen ablaufen. Die 31.500 Einwohner sind das ausgewiesene Potenzial. Zu den möglichen 110 Hektar gehört auch das Zukunftsviertel „Neischmelz“. Wir wollen nicht innerhalb kürzester Zeit so viel wachsen. Parallel muss die Diskussion um die Mobilität und Infrastruktur geführt werden. Wir wollen kleinere Projekte mit Fokus auf dem Viertel „Neischmelz“ weiter vorantreiben.

Wem gehören die Grundstücke?

Innerhalb der Ortschaft gehören 10 Prozent der Grundstücke der Gemeinde und 28 Prozent dem Staat. 62 Prozent sind im Besitz von Privateigentümern. Die Überlegung geht verstärkt dahin, in vermietbaren Wohnraum zu investieren. Diese Diskussion läuft ebenfalls in einem nationalen Rahmen. Jetzt muss geschaut werden, wie schnell die Privateigentümer mit auf diesen Weg gehen. Das bringt eine zusätzliche Komplexität mit sich, denn sie müssen mitspielen.

Wann fällt der Startschuss für die Bauarbeiten zum vorher genannten Ökoviertel „Neischmelz“? Auf den Industriebrachen sollen 1.000 Wohneinheiten entstehen.

Im Frühjahr müssen die vier PAPs (Teilbebauungspläne) vom Gemeinderat gutgeheißen werden. Kürzlich haben wir die Bescheide des Innenministeriums bekommen. Darauf folgt die „convention d’exécution“. Das alles wird bis Ende 2020 über die Bühne gehen. Als Nächstes kommen die Sanierungsarbeiten, die über eine Ausschreibung laufen. Wenn alles nach Plan verläuft, geht es im zweiten Semester 2021 richtig los.

Die öffentliche Hand soll verstärkt im Bau von erschwinglichem Wohnraum aktiv werden. Doch ein rezentes Urteil des Verwaltungsgerichts bezüglich des Vorkaufsrechts bereitet Ihnen Sorgen, wie sie in der vergangenen Gemeinderatssitzung gesagt haben.

Nach einem Urteil des Verwaltungsgerichtes kann es für die Gemeinden schwieriger werden, von ihrem Vorkaufsrecht zu profitieren. Bisher ist, wenn jemand ein Baugrundstück verkaufen wollte, die Stadt kontaktiert worden. Diese hat dann entschieden, ob sie von ihrem Recht Gebrauch machen will oder nicht. Falls dem so war, wurde ein Kaufvertrag verfasst und der Gemeinderat musste seine Zustimmung geben. In einem Fall ist das angefochten worden.

Das Gericht hat entschieden, dass das Vorkaufsrecht spielen zu lassen ein „acte administratif détachable“ und somit vor dem Verwaltungsgericht anfechtbar ist. In der ganzen Diskussion darüber, dass Gemeinden vermehrt Verantwortungübernehmen sollen, bremst das natürlich, wenn sie dann vor Gericht kommen kann. Mal schauen, wie das im Rahmen des „Pacte logement 2.0“ gelöst werden kann.

Die Stadtverwaltung kauft in solchen Fällen zum Marktpreis?

Sie muss zu dem Preis kaufen, zu dem der private Akteur verkaufen will. Da müssen wir zweimal überlegen, ob wir das Vorkaufsrecht in Anspruch nehmen wollen. Wenn eine Gemeinde einmal etwas zu einem bestimmten Betrag kauft, setzt sie auch einen Preis fest. So könnte die Preisspirale mit vorangetrieben werden.

Eine Reihe von Häusern und Straßenzügen werden im PAG von kommunaler Seite aus geschützt. Werden deren Eigentümer individuell benachrichtigt?

Nein, Sie werden nicht individuell benachrichtigt. Wir halten uns einfach an das Gesetz. Die Prozedur sieht das nicht vor und es ist auch nicht machbar. Das Gesetz sieht die obligatorische Informationsversammlung und die Veröffentlichung in der Zeitung vor. Im Rahmen dieser Prozedur kann jeder einen Einblick bekommen. Es ist nicht möglich, jeden anzuschreiben. Falls uns irgendein prozeduraler Fehler unterläuft, könnte alles noch annulliert werden.

Das Fazit einer im Rahmen des PAG vorgestellten Verkehrsstudie besagt, dass das bestehende Straßennetz ausreicht, um den zusätzlichen Verkehrsfluss zu bewältigen. Das ist doch etwas überraschend bei der bestehenden Verkehrssituation.

Mit der generellen Entwicklung der Stadt wird parallel geschaut, wie der öffentliche Transport verbessert werden kann. Es ist nicht möglich, hier in der Umgebung eine Umgehungsstraße zu bauen, die den Verkehrsfluss auffangen könnte. 

Global gesehen reicht das Straßennetz über den Tag gesehen aus. Zu Spitzenzeiten ist es natürlich schwierig, aus Düdelingen heraus- und abends wieder hineinzukommen. Die Hauptachsen wie die route de Luxembourg und route de Zoufftgen sind natürlich gesättigt.

Es muss vermehrt an einer Verbesserung des öffentlichen Transports gearbeitet werden. Der BHNS („Bus à haut niveau de service“, Anm. d. Red.) soll auch Entlastung schaffen. Die Überlegungen, ob ein „Train/Tram“ oder Direktzüge vorteilhafter sind, fließen ebenfalls mit hinein.

Zum Teil ist die Verkehrssituation hausgemacht, das heißt die Düdelinger tragen selbst dazu bei. Dazu ist Düdelingen eine Grenzstadt mit dem Verkehrsfluss der Grenzgänger, die zur Hälfte in der Gemeinde arbeiten. Wir sind nun einmal keine Insel.

Biancalana über Hürden beim Grundstückkauf und hausgemachte Verkehrsproblematik
Biancalana über Hürden beim Grundstückkauf und hausgemachte Verkehrsproblematik Foto: Editpress/Julien Garroy