Heute soll wieder eine Lösung gefunden werden. Die EU-Innenminister kommen auf Kirchberg zusammen, um über Migration zu reden. Alles in der Hoffnung, möglichst viele EU-Staaten zu finden, die freiwillig und vorübergehend Bootsflüchtlinge bei sich aufnehmen, um besonders Italien zu entlasten. Die Blaupause wurde vor kurzem vor allem zwischen Frankreich und Deutschland auf Malta ausgehandelt. Die Erfolgsaussichten sind gering. Wie so oft sieht es nach viel Gerede aus, dem wenig Konkretes folgen dürfte.
Der Diskurs über Einwanderung ist in den meisten Staaten der Union ideologisch aufgeladen, das Thema wird gerne als „toxisch“ beschrieben. Währenddessen wird das Mittelmeer weiter zum Friedhof, und das, obwohl die Anzahl von Menschen, die sich auf den Weg Richtung Europa machen, seit 2015 kontinuierlich zurückgeht.
Die ganze Flüchtlings- und Migrationsdebatte leidet an einem Grundproblem. Bewegungen von Menschen hat es immer gegeben, gibt es jetzt und wird es auch künftig geben – so lange das nicht erkannt und angenommen wird, verläuft die Lösungssuche auf der falschen Grundlage: in der Annahme, dass Migration begrenzbar und kontrollierbar wäre – sich aber weiter in der Illegalität abzuspielen hat. Gibt es keine legalen Einwanderungs- und Fluchtwege in die Europäische Union, wird das nicht zu managen sein – und die Diskussion um illegale Migration auf politischer und gesellschaftlicher Ebene vor allem rechten Kräften in die Hände spielen.
Wie ist die Situation derzeit? Eigentlich genauso einfach wie katastrophal und gleichzeitig hochgradig komplex. Eine Kurzbeschreibung könnte wie folgt lauten:
1) Wer nach Europa will, muss sein Leben riskieren, um auf europäischem Boden einen Antrag stellen zu können. Ein Beispiel: Sogar Syrer, die in Luxemburg (und anderswo) ausnahmslos Asyl zugestanden bekommen, müssen auf illegalem Weg nach Europa kommen; humanitäre Visa, die eine sichere Einreise mit dem Flugzeug erlauben, werden nicht ausgestellt. Nur die Familienzusammenführung geschieht hier legal.
2) Wer einmal in Europa ist und trotzdem kein Bleiberecht bekommt, wird nur selten in seine Heimat zurückgeführt. Die Folge ist ein Leben in der Illegalität, ohne Recht auf Arbeit und somit der Ausbeutung preisgegeben.
3) Wer jetzt auf See Menschen rettet, unterstützt diese illegalen Einwanderungswege. Das ist ein bitteres Fazit, die Alternative aber ist menschlich nicht zulässig: Jemanden sehenden Auges ertrinken zu lassen, das kann keiner wollen oder unterstützen.
4) Auch wenn es kein Recht auf Asyl für jeden gibt, hat jeder das Recht, Bleiberecht in einem EU-Staat zu beantragen.
5) Keiner will Wirtschaftsmigranten. Ohne eine Möglichkeit zur legalen Einwanderung kommen aber sowohl von Krieg bedrohte oder politisch verfolgte Menschen als auch solche, die Europa mit der Hoffnung auf ein Leben in Würde verknüpfen – und oft sind die Grenzen fließend.
Was ist also zu tun? Einziger Ausweg scheint eine Prüfung der Asylzulässigkeit auf dem jeweiligen Heimatkontinent der Flüchtenden. Auch wenn es das teilweise gibt, bleibt der Weg dorthin noch sehr weit. Und so lange wird dieses zynische Spiel weitergehen: Wer nach Europa will, muss erst beweisen, dass er das auch wirklich will – indem er sein Leben aufs Spiel setzt.
Ein würdevolles Leben muss auch in außereuropäischen Ländern möglich sein. Die reichen Länder müssen die armen vor Ort unterstützen, um Lebensbedingungen zu schaffen, welche die Migration überflüssig machen. Das ist natürlich schwer zu realisieren und wird Jahrzehnte dauern. Die reichen Länder können sich aber nicht ewig gegen den Migrationsdruck wehren.
"Einziger Ausweg scheint eine Prüfung der Asylzulässigkeit auf dem jeweiligen Heimatkontinent der Flüchtenden".
Zu dieser Erkenntnis sind schon viele gelangt und wurden dann als Populisten gebrandmarkt. Das Asylrecht ist nicht tragfähig bei den potientiellen Flüchtlingsströmen.