Bei der CFL wurden im Laufe ihrer fast 75-jährigen Geschichte viele private Beraterfirmen damit beauftragt, Gutachten über diesen Betrieb zu erstellen, vor allem mit dem Ziel, möglichst viele Arbeitsstellen einzusparen. Mitunter konnte man zwar auch in den diesbezüglichen Stellungnahmen auch positive Anregungen finden. Dies war um 1970 der Fall, als in einem solchen Audit zu lesen stand, die Bahnhöfe seien die Visitenkarte der Eisenbahn.
Von Nico Wennmacher, Ehrenpräsident des FNCTTFEL-Landesverbandes
Heute, fast 50 Jahre später, müssen wir feststellen, dass diese Visitenkarte noch immer viel zu wünschen übrig lässt. Dies sowohl in infrastruktureller Hinsicht als auch in Bezug auf ein bestimmtes Wohlfühlambiente, da viele Bahnhöfe praktisch ausgestorben scheinen.
Diese Situation wird sich mit dem Schließen der Fahrkartenschalter noch verschlimmern, da die jetzt noch minimal geöffneten Bahnhöfe zu Geisterbahnhöfen mutieren werden. Solche Bahnhöfe laden nicht zum Verweilen ein, sie sind einem attraktiven öffentlichen Transport abträglich. Fahrkarten über die nationalen Grenzen hinweg und auch entsprechende Informationen werden für viele Benutzer kaum mehr erhältlich sein. Sie werden sich allein gelassen fühlen, was auch zu einem Unsicherheitsgefühl führen wird, wodurch manche, vor allem in Tagesrandzeiten, den Zug nicht mehr benutzen werden.
Bahnhöfe als soziale Begegnungsstätte
Dabei erfüllte der öffentliche Transport in der Vergangenheit nicht nur eine transportpolitische Funktion, sondern darüber hinaus eine weitergehende soziale Funktion. Der öffentliche Transport und vor allem die Bahnhöfe galten als Begegnungsstätte, wo die Menschen sich austauschten, wo manche Freundschaften und Partnerschaften ihren Anfang nahmen.
Aufgrund des Klimanotstandes, der kaum mehr zu leugnen ist, soll nach Aussagen von verantwortlichen Regierungsmitgliedern eine Verkehrswende eingeleitet werden, da vor allem der Transportsektor bei uns für den größten Teil der CO2-Emissionen verantwortlich zeichnet. Hierzu wird, im Vergleich zu früher, relativ viel in die Eisenbahninfrastruktur und in eine neue Trambahn investiert. Allerdings dienen diese Investitionen lediglich dazu, den Nachholbedarf aufzuarbeiten, der während Jahrzehnten entstanden ist. Aufgrund der Arbeitsplatz- und Bevölkerungsentwicklung wird die neue öffentliche Transportinfrastruktur bei ihrer Inbetriebnahme bereits wieder überlastet sein.
Anstatt, aufgrund der versprochenen Verkehrswende, viel konsequenter in eine neue Eisenbahninfrastruktur zu investieren, wird der Individualtransport durch den Ausbau des Autobahnnetzes und durch neue Umgehungsstraßen weiter gefördert. Auch die Subventionierung von Elektroautos ist im Interesse von Besserverdienenden, die so ihr Klimagewissen beruhigen können, und dient dazu, den schlechten Ruf der Automobilindustrie aufzupolieren.
Um den öffentlichen Transport attraktiver zu gestalten, genügt es nicht, eine angepasste Infrastruktur bereitzustellen. Auch das Zugangebot muss stimmen. In diesem Zusammenhang möchten wir darauf hinweisen, dass wir nun seit gut zehn Jahren ein angepasstes Zugangebot fordern für die belgischen Grenzpendler, die aus Trois-Ponts und Vielsalm nach Luxemburg zur Arbeit fahren. Entsprechende Fahrpläne wurden auch bereits erstellt. Allerdings war bis jetzt niemand bereit, ein solches öffentliches Transportangebot zu finanzieren.
Luxemburg-Lüttich vom Abbau bedroht
Entsprechend verschiedenen Zeitungsartikeln soll die Strecke Gouvy-Lüttich, ähnlich wie vor 40 Jahren, in Gefahr sein, abgebaut zu werden. Ein attraktives Zugangebot auf dieser Strecke würde es den Abbauspezialisten schwieriger machen, ihre Pläne zu realisieren. Auch unsere Regierung ist hier gefordert. Sie muss, gegebenenfalls auch in finanzieller Hinsicht, mithelfen, damit ein attraktives Fahrplanangebot auf dieser Strecke Wirklichkeit wird. Sie darf keineswegs zulassen, dass eine Strecke, bei der der Luxemburger Steuerzahler die Modernisierung und Elektrifizierung mitfinanziert hat, abgebaut wird.
Die Raum- und Städteplanung sind auch ein wichtiges Element, um den Gemeinschaftstransport zu fördern. Im Autoland Luxemburg scheint diese Erkenntnis noch nicht bei den staatlichen Raumplanern angekommen zu sein. Bei uns wurden und werden Einkaufsmärkte, kulturelle und andere öffentliche Einrichtungen abseits vom öffentlichen Transport errichtet, sodass auch Menschen, die bereit sind, den öffentlichen Transport zu benutzen, auf das Auto angewiesen sind. Rezentes Beispiel in dieser Hinsicht ist das Einkaufszentrum „Nordstrooss“ bei Marnach. Auch die Post und die Apotheke, die vorher im Zentrum von Clerf beheimatet waren, sind nach Marnach ausgewandert.
Diese Politik bewirkt, dass sowohl Innenstädte als auch Bahnhöfe veröden. Lebendige Bahnhöfe sind ein wichtiges Element zur Förderung des öffentlichen Transportes. Deshalb sollte man von der Schließung der Fahrkartenschalter Abstand nehmen. Weiterhin sollten weitere Aktivitäten in und um die Bahnhöfe angesiedelt werden. Die Tankstellen sind in gewisser Hinsicht beispielgebend. Hier wurden fast überall kleine Einkaufsmärkte eingerichtet, was auch auf vielen Bahnhöfen möglich sein müsste. Geisterbahnhöfe sind einem attraktiven öffentlichen Transport abträglich und dienen somit auch nicht dazu, den Klimaschutz zu fördern.
Genau, deswegen sind auch so viele LKWs unterwegs.
A wann een op enger Gare ' an der Pampa ' muss op d'Toilette goen, kann ee sech glécklech schätze, wann eng Heck nobäi ass. :)
Eine Schreckensvision: Geisterbahnhöfe und Geisterstätte und eine herzlose Gesellschaft.
Das LKW-Problem ist ein ganz anderes. LKW sind rollende Lagerhäuser. Sie erlauben den grossen Unternehmen, Vorprodukte von Zulieferern nur in kleinen Mengen auf Vorrat zu halten, da laufend angeliefert wird. Dadurch sinken Lagerhaltungskosten.
Mit der Eisenbahnfracht ist das nicht möglich. Der Zulieferer muss zuerst die Produktion zwischenlagern, die dann per Schiene in weit mehr als die jeweils täglich benötigte Menge angeliefert wird.
Unangenehmer Nebeneffekt des erstgenannten Systems ist die Anfälligkeit gegenüber Störngen der Transportwege, zB Wetterbedingungen oder Streiks, was meist zu sofortigem Stillstand der Betriebe führt.
Die CFL sind doch kein Privatunternehmen. Allenfalls ein Unternehmen, an dem der Staat 100 Prozent des Kapitals hält. Was die Zuverlassigkeit angeht. Sorry, aber auf der Strasse kommt es des öfteren zu Verspätungen. Aber ausgefallene Busse (RGTR, TICE, AVL) sind doch die seltenen Ausnahmen. Ausgefallene Züge (CFL) eher die Regel. Dabei ist das aktuelle Rollmaterial fast neu. Und weitestgehend baugleich mit dem, das bei DB und SNCF klaglos seinen Dienst verrichtet ...
Gute Analyse. Die Beispiele mit auswandernden Geschäften, hin zu Straßen, exklusiv mit Auto erreichbaren Gewerbezonen, aus den Dörfern raus, weit weg von fußgängig, finde ich besonders zum kot*ç%.
Die Idee, wie in Tankstellen, Lebensmittelläden an Bahnhöfe oder Busterminals anzusiedeln ist doch so hirnrissig einfach!
Ich weis nicht, wie sich Luxemburg seine Zukunft vorstellt. Ich fand den Preis für ein Jahr Bus- und Bahnfahren echt billig, keine 2€ am Tag. Sicher, die deckten nicht die Kosten, waren aber eine Einnahme, und bei steigendeer Abonentenzahl ein Zeichen der Wertschätzung eines öffentlichen Dienstes.
Wenn den Busfahrer zu grüßen aber schon zuviel ist...
Ich hoffe halt nur, daß sich Luxusbuerg auf Dauer so ein System leisten kann, daß unsere Busfahrer, unsere Bahnmitarbeiter auf dem Bahnsteig und in den Zügen, unsere Tramführer, gesicherte existenzdeckende Löhne bekommen, und daß der Fuhrpark so sauber und in technisch gutem Zustand bleibt.
Ich hätte weiter dafür bezahlt, und mich über einen nationalen Supermarkt an jedem Bahnhof gefreut...jetzt freue ich mich über öffentliches Geld, das über die CFL in einen Autofuhrpark fließt, weil man ja selber nicht an die Schiene glaubt. (Kopfschüttel)
Alles wird automatisiert und unpersönlicher sowohl bei der Bahn als auch bei der Post. Es wird Personal und Geld eingespart , auf Kosten der Kunden resp. Benutzer und der Qualität.
Tja Nico,
das haben wir doch alle gewusst,damals,als der Begriff "Globalisierung" in unser Bewußtsein geprügelt wurde.Wir dachten erst es sei schiere Phantasie.In unserer Satzung stand " le chemin de fer a l'obligation de transporter." Heute fallen Züge einfach aus und die Leute stehen im Regen weil es an Personal oder Material fehlt,so nach dem Motto "Kommt morgen wieder,dann versuchen wir es nochmal."
Es gibt Bereiche,da ist Privatisierung schlicht unsozial. Dazu gehört neben Bildung und Gesundheit eben auch der öffentliche Transport. Ein Privatunternehmen will vor allem Geld verdienen.Da bleibt alles auf der Strecke.Denen ist es egal ob in Ulflingen ein Enkel zur Oma nach Esch will. Hinzu kommt,dass die Leute eben,sobald EInkäufe oder Termine anstehen eben das Auto nehmen.Daran wird sich nichts ändern.Wir haben beide den traurigen "Abgang" des Gütertransportes miterlebt.Wenn große Firmen kein Angebot mehr bekommen von der Eisenbahn,dann sehen die sich anderswo um. Und wenn du schon den Klimaschutz erwähnst: 2000 Tonnen Fracht mit einer E-Lok entsprechen 80 LKW's. Ob Greta das weiß?
de msn huet 100 ,,% recht
Ein Bahnhof ist immer Treffpunkt von Kulturen. Gerade in Luxembourg mit vielen Weltbürgern. Gewiss ist die Besetzung mittels Bahnbedienstetem *teuer* doch sichert seine Anwesenheit das Objekt. z.B in Clerf.
Die Post wurde * zwangsumgesiedelt * die Apotheke folgte ohne Rücksicht auf die Bürger, Wirtschaftlichkeit ist gefragt. Der Clerfer Bahnhof könnte/sollte mit einem ganzjährigem *Bistro* - Einkaufsmarkt versehen werden, mit reellen Preisen denn ab November ist die Clerfer Innenstadt * tot* Schüle, wie Bürgerr hätten so nach Schulschlussr noch eine Einkaufsmöglichkeit , evtl. mit Rezepteinlösung ?
de Man huet 100% recht
Dass man die Fahrkartenschalter nicht schliessen sollte - auch wenn dort ab April nächsten Jahrs keine (nationalen) Fahrkarten mehr verkauft werden - ist eine Sache. Das mit den "Geisterbahnhöfen" ist eine andere. Bis auf wenige Ausnahmen, die noch im Besitz der CFL sind, gehören die Bahnhöfe den jeweiligen Gemeinden. Die wurden mehr oder weniger dazu gezwungen sie kaufen obwohl sie keinen Bedarf sahen. Und anders als etwa die DB verkaufen nach meinem Informationsstand die CFL Bahnhöfe an denen noch Züge rollen nicht an private Interessenten.
Was die hier angesprochene gefährdete Nordstrecke Gouvy-Lüttich betrifft ist die CFL nicht ganz unschuldig an dem Problem: Diese internationale Verbindung ist an mehr als 80 Tagen im Jahr wegen Bauarbeiten unterbrochen, die alternativ angebotenen Umsteigeverbindungen per Bus sind unzuverlässig und zeitraubend. Während der letzten Streckensperrung Ettelbrück-Ulflingen von Ende August bis Mitte September wartete der Anschluss in Ulflingen oft nicht auf den verspäteten Ersatzbus aus Ettelbrück. Reisende in Richtung Lüttich, Holland, Brüssel oder Norddeutschland mussten zwei Stunden im Bahnhof Ulflingen auf die nächste Verbindung warten, und das an einem Ort an dem nicht gerade der Bär tanzt... Es ist schade um diese internationale Strecke im Dornröschenschlaf und ihr ungenutztes Potential: So ist bereits jetzt, und dies trotz der langsamen Züge, die Reise nach Brüssel über Lüttich ab Mersch 20 Minuten kürzer als die Verbindung über Luxemburg-Arlon-Namur. Eine leichte Beschleunigung würde hier Wunder wirken! Für alle Bahnhöfe weiter nördlich - und ganz besonders für die aufstrebenden Zentren Nordstadt und Wiltz - sind die Zeitgewinne Richtung Brüssel, belgische Küste, Holland und Norddeutschland noch ganz erheblicher und könnten einen Standortvorteil für Betriebe sein. Für eine schnelle, direkte Verbindung nach Maastricht und Köln gäbe es sicher Bedarf und Interesse. Sie wäre schneller und für Luxemburg sinnvoller und nützlicher als die vielgepriesene Verbindung Luxemburg - Düsseldorf über Koblenz. Doch leider: Chance nicht wahrgenommen!