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Eine Frucht, die Gemüter erregt: Forscher enträtseln die Avocado

Eine Frucht, die Gemüter erregt: Forscher enträtseln die Avocado

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Einer Gruppe von Wissenschaftlern ist es gelungen, den genetischen Code der Avocado zu entschlüsseln. Mit ihren Ergebnissen wollen sie dazu beitragen, die Zucht der beliebten Speisefrucht zu vereinfachen.

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Lesen Sie zum Thema auch unseren Kommentar.

Avocados sind eine Frucht, die Emotionen auslöst. Für ihre Gegner ist sie das Symbol einer fehlgeleiteten veganen Ernährung, für ihre Freunde gehört die Avocado zu einer kompletten Mahlzeit einfach dazu. Sei es in Scheiben geschnitten mit Zwiebeln und einer Prise Salz auf einer Scheibe Brot oder zermatscht als leckere Guacamole serviert. Die Avocado erregt die Gemüter immerhin so sehr, dass die deutsche Satiresendung „Heute Show“ ihr im Juli einen fünfminütigen Schmähbeitrag widmete.

Hass weltweit am beliebtesten

Die bekannteste und beliebteste Avocado ist die Hass-Avocado. Sie wurde in den 1920er Jahren von einem Briefträger namens Rudolph Hass in Kalifornien in den USA gezüchtet. Angeblich hatte Hass in einem Magazin einen Artikel über Avocados gelesen, der mit einem Baum illustriert war, an dem Dollarnoten hingen. Hass nahm sein Erspartes und lieh sich darüber hinaus Geld von seiner Schwester, um einen kleinen Hain zu kaufen.

Auf der Plantage standen neben der damals beliebten Fuerte-Avocado ein paar Bäume von anderen Sorten. Hass beschloss, diese zu fällen und sie durch Fuerte zu ersetzen. Der Mann – der immerhin nur improvisierte – engagierte einen Profi, der ihm dabei helfen sollte. Dieser empfahl ihm, Avocadosteine zu kaufen und daraus eigene Setzlinge zu züchten. Sie sollten als Unterlage dienen, um Teile der Fuerte-Bäume darauf zu pfropfen. Einer der so gezüchteten Bäume nahm den Edelreis jedoch nicht an. Auf Empfehlung seines Beraters hin ließ Hass den Baum trotzdem stehen. Es entstand die Hass-Avocado.

Aus botanischer Sicht ist der Avocadobaum ein Lorbeergewächs und die Avocado selbst ist eine Beere. Je nach Sorte können Avocados bis zu einem Kilogramm wiegen. Mit etwas Geschick lässt sich aus dem golfballgroßen Stein eine ansehnliche Zimmerpflanze heranzüchten.

Hass-Avocados sind Klone

Die Forschenden konnten nun – dank der Gen-Forschung – der Abstammung dieser Hass-Avocado auf den Grund gehen. Sie fanden heraus, dass diese Avocado-Art rund 61 Prozent ihrer DNS von mexikanischen und 39 Prozent von guatemaltekischen Avocados geerbt hat. Die Forschung wurde geleitet vom National Laboratory of Genomics for Biodiversity aus Mexiko, der Texas Tech University und der University von Buffalo. Die Resultate sind in der letzten Woche im Fachblatt Proceedings of the National Academy of Sciences erschienen. Die Forschungsarbeit beschränkt sich nicht nur auf die Hass-Sorte.

Züchter vermehren Avocadobäume typischerweise, indem sie einen Ast an einem Baum abschneiden und auf einen anderen Stamm pfropfen. Deshalb haben alle Hass-Avocados die gleiche DNS. Sie sind Klone. In ihrer DNS sind die Erbanlagen ihrer Eltern-Pflanzen deshalb noch in großen Blöcken vorhanden, wie einer der beteiligten Wissenschaftler, Alfredo Herrera-Estrella, erklärt. Über Generationen würden sich diese „Blöcke“ immer mehr vermischen. Die Forschenden entdeckten auch eine Besonderheit in den Genen der Avocado, die sie wahrscheinlich dazu befähigt hat, sich mit Chemikalien besser gegen Pilzinfektionen zur Wehr zu setzen.

Die Forscher konnten auch einzelne Gene ihren Funktionen zuordnen. In Zukunft können diese Erkenntnisse dazu dienen, die Avocado genetisch zu verbessern, etwa um die Produktion zu erhöhen, neue Geschmäcker zu entwickeln oder niedrigere Bäume zu züchten, die sich besser abernten lassen.

Groß genug, um Avocado-Steine auszuscheiden

Laut einer Pressemitteilung der Universität von Buffalo ist die Studie von Bedeutung für die Landwirtschaft. Der immer noch wachsende Markt für Avocados hatte 2017 bereits ein Volumen von 13 Milliarden Dollar. Die Frucht ist von besonderer Bedeutung für die mexikanische Wirtschaft. Jedes Jahr exportiere Mexiko Avocados im Wert von 2,5 Milliarden Dollar, schreibt die Uni unter Berufung auf Statista. Die Hass macht rund 90 Prozent aller heute verkauften Avocados aus.

Heute ist die Avocado in der ganzen Welt beliebt. In den USA ist sie ein Bestandteil der Tex-Mex-Küche und in Japan wird sie heute manchmal als Zutat für Sushi verwendet. Diese Popularität erlangte die Avocado allerdings erst im 20. Jahrhundert. Ursprünglich stammt die Frucht aus Südmexiko aus der Region um Tehuacán. Archäologische Funde belegen, dass Avocados dort bereits vor 9.000 bis 10.000 Jahren gegessen wurden. Die ursprüngliche Avocado ist klein, hat eine schwarze Schale und einen dicken Kern. Wissenschaftler gehen davon aus, dass ihre Evolution mit der der südamerikanischen Megafauna zusammenhängt. Riesige Säugetiere wie das Lestodon, ein bis zu 3,6 Tonnen schweres und 4,6 Meter langes Faultier, fraßen die Avocados und waren in der Lage, die dicken Steine wieder auszuscheiden und der Pflanze so zu helfen, sich über ganz Südamerika zu verbreiten. Warum die südamerikanische Megafauna vor rund 10.000 Jahren ausstarb, ist nicht bis ins letzte Detail geklärt. Mögliche Ursachen sind Überjagung durch den Menschen und Klimaveränderungen.

Zunahme Avocado-bedingter Unfälle

Funde zeigen, dass die Avocado bereits vor 7.000 Jahren von Menschen kultiviert worden ist. Der Begriff Avocado geht zurück auf die Nahua-Sprache (früher als Aztekisch bezeichnet). Die Nahua nannten die Frucht Ahuacatl, was zahlreichen Quellen zufolge so viel bedeutet wie „Hoden“. Einige Quellen jedoch widersprechen dem und behaupten, es sei wahrscheinlich eher so, dass das Wort Ahuacatl eine Zeit lang als Umschreibung für das entsprechende Körperteil genutzt wurde. Seit dem 17. Jahrhundert wurde die Avocado-Pflanze in der ganzen Welt verbreitet: Spanien, Indonesien, Südafrika, Australien, USA … In den Vereinigten Staaten war die Frucht bis ins 20. Jahrhundert hinein als Ahuacatl und Alligator Pear (dt.: Alligatorbirne) bekannt. 1915 führte die California Avocado Society (die immer noch besteht) den Begriff Avocado in den USA ein.

Mit der zunehmenden Popularität der Avocado hat allerdings auch die Zahl Avocado-bedingter Unfälle zugenommen. Beim Versuch, den großen Stein mit einem Küchenmesser aus der Frucht zu hebeln, verletzen sich immer mehr Menschen an der Hand. Das Phänomen trägt den Namen „Avocado-Hand“. Gegenüber der britischen Zeitung  The Times sagte der plastische Chirurg Simon Eccles 2017, er behandele im Krankenhaus pro Woche circa vier Patienten mit Avocado-Hand. Er forderte, dass Avocados mit einem Warnhinweis ausgestattet werden. Bei einer reifen Avocado lässt sich der Stein übrigens sehr leicht lösen, indem man die Avocadohälfte, in der der Stein steckt, mit den Fingern leicht zusammendrückt.