Es ist ein harmloser Wahlkampf. Er ist fast so harmlos wie die Mosel, die unschuldig Richtung Konz plätschert. So richtig wehtun will sich niemand. Die wenigen kleinen Spitzen in Richtung politischer Konkurrenz sind nicht wahlentscheidend.
Was ist wahlentscheidend? Gewiefte Rhetorik? Die Popularität der Kandidaten? Junge Gesichter? Oder eine moderne Präsentation? Bei den letzten Schauläufen der Kandidaten von «déi gréng», LSAP und DP gab es von allem ein bisschen – allerdings vor eher kleinem Publikum. Der Wahlbezirk Osten ist mit 36.304 eingeschriebenen Wählern der kleinste. Jede Stimme zählt. Er zieht sich vom Moseltal mit Weinbergen über die Abteistadt Echternach bis ins felsenreiche Müllerthal. Es ist ein flächenmäßig lang gezogenes und vor allem ländliches Gebiet – bis auf ein paar Ausnahmen. Wenn die Gemeindechefs von Grevenmacher, Remich und Mondorf in Sonntagsreden die «Moselmetropole» gegen die «Moselperle» oder die «Wassermetropole» ausspielen, ist das als Running Gag ein gezielter Schachzug. Land versus Stadt ist ein Thema, das im Osten immer bewegt.
Alle Ost-Gemeinden wachsen an Einwohnern, die natürlich schöne Umgebung erhöht den Freizeitwert. Lediglich die vielen Tankstellen als Auswüchse des Tanktourismus und das hohe Verkehrsaufkommen trüben das Bild. Außerdem beherbergt der Wahlbezirk so gegensätzliche Gemeinden wie Betzdorf, aus dessen ländlicher Idylle der international operierende Satellitengigant SES hervorsticht oder die einzige Stadt Luxemburgs mit einem Casino und der Wohlfühloase eines Thermalbads in Mondorf. Dass Mondorf demnächst auch noch ein Velodrom und Lyzeum bekommt, wertet das „Dorf“ im Namen weiter auf.
Ein traditionell CSV geprägtes Gebiet
Verkehr und Pendler, Tourismus und Weinbau sind Themen, die viele in dem traditionell CSV geprägten Gebiet bewegen. 36,9 Prozent konnte die Partei bei den vorgezogenen Neuwahlen 2013 immerhin noch ergattern, obwohl der nationale Spitzenkandidat Jean-Claude Juncker beschädigt war. Der Osten ist ein kleiner, deswegen aber nicht weniger spannender Wahlkreis. Eigentlich. Trotzdem ist es offensichtlich schwer, Wähler so kurz vor der Wahl für politische Themen zu begeistern. Sowohl bei «déi gréng» im Weinbauinstitut in Remich wie auch bei der LSAP im Kochhaus in Schengen finden gerade mal 20 Menschen den Weg zur Kandidatenpräsentation.
Da half es wenig, dass die Grünen einen der beiden Spitzenkandidaten «modern» im Video porträtierten oder die LSAP Lydia Mutsch nach Schengen eingeladen hatte.
Im Film trennt Henri Kox im Weinberg pedantisch die guten von den schlechten Trauben. Das war nur der Einstieg für den Rundumschlag vom aktuellen Klimareport über erneuerbare Energien bis zum biologischen Weinbau. Säuberlich getrennt waren Umweltministerin Carole Dieschbourg die «großen» Linien überlassen. Von Wasserschutzzonen über «Mobilité douce» bis hin zur Kreislaufwirtschaft bewegt sie sich gefährlich nah an dem, was bürgerschaftlich motivierte Bewegungen wie «Transition» für sich beanspruchen.
Rage bei «Regelwut»
Die LSAP hat es im Osten von jeher schwer. Die einzig konstante «rote» Ausnahme ist Mertert-Wasserbillig. In Schengen hatte Spitzenkandidat Nicolas Schmit seine Rede auf die Bedürfnisse des Moseldorfes zugeschnitten. Neue Nutzungspläne für das Schloss im Sinne des wachsenden Tourismussektors und ein Lob für Parteikollegin Francine Closener, die in diesem Bereich für die Mosel wesentliche Akzente gesetzt habe, waren zentrale Punkte.
Neben denen, für die die LSAP traditionell steht: Steuergerechtigkeit, Renten und Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Regelrecht in Rage redete Schmit sich jedoch bei einem Missstand, dessen Bekämpfung sich mittlerweile alle Parteien auf die Fahnen geschrieben haben: Regelwut und Dauer der Entscheidungen durch die Verwaltungen im Land. Er will es Bauern und Winzern zukünftig ermöglichen, Zimmer zu vermieten – unbürokratisch und im Sinne des Önotourismus. Ob er die traditionelle CSV-Klientel damit gewinnen kann?
Bleibt noch die DP, die größte ernst zu nehmende Konkurrenz für die Hausmacht der CSV. 18,6 Prozent und einen Sitz mehr seit den Nationalwahlen 2009 ist die Ausgangslage. Das Interesse scheint ungebrochen, wenn man davon ausgeht, dass Wähler eher zu den Veranstaltungen gehen, deren Redner sie sowieso wählen würden.
Die «Al Schoul» in Remich ist fast voll besetzt. Rhetorisch geübt und taktisch geschickt verzichten die meisten Kandidaten auf eine Bilanz der Regierungskoalition. Stattdessen hatten alle einen Vorschlag auf Lager, was noch alles verbessert werden könnte. Mondorfs Bürgermeister Lex Delles (DP) pflegt diesen Politikstil und gibt sich wie der Premier gerne locker. Mit dem Präsidenten der «Jonk Demokraten», Claude Schommer, hat er neben sich einen zweiten gewieften Polit-Youngster gewonnen, was der Liste guttun dürfte.
Ob ihnen jedoch die Popularität der ehemaligen RTL-Moderatorin Monica Semedo bei der Wahl hilft, steht in den Sternen. Sie bringt zweifellos den nötigen Glamour und ist an Kameras gewöhnt. Bei Sachfragen kommt sie jedoch schnell ins Schlittern.
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