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Polen verliert Rechtsstaatlichkeit

Polen verliert Rechtsstaatlichkeit
Proteste in Krakau gegen eine Justizreform, die vorsieht, dass Richter des Obersten Gerichts bereits mit 65 statt bisher 70 Jahren in den Ruhestand gehen. Foto: DPA

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Die Justiz in Polen ist nicht mehr unabhängig – und in Brüssel schaft man nur zu, sagt Eric Rings.

Für Polens Regierungschef soll die Justiz in seinem Land nach der Reform «unabhängiger sein denn je». Sein Argument: Bislang habe es zu viele postkommunistische Richter gegeben. Fakt ist aber, dass nun auf den ausgetauschten Posten PiS-freundliche Richter sitzen. Selbst am Verfassungsgericht. Und genau diese Tatsache ist es doch eigentlich, die an die frühere Staatsform Polens erinnert. Aber vielleicht glauben die Polen dem Argument ihres Regierungschefs, denn die Medien sind – bis auf sehr wenige Ausnahmen – zum Sprachrohr der PiS-Partei mutiert. Das erklärt vielleicht die erstaunlich niedrige Anzahl an Demonstranten gegen das Vorhaben der Regierung. Erfolgt die PiS-konforme Besetzung nun auch noch am Obersten Gericht, dann ist Polen de facto kein Rechtsstaat mehr.

Was kann man dagegen tun?

Die Verträge, die Polen durch seine EU-Mitgliedschaft unterschrieben hat, geben sowohl den Gerichten als auch den betroffenen Bürgern das Recht, Urteile, die von unrechtmäßig besetzten Gerichten gefällt wurden, anzufechten. Zuständig dafür ist der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte. Brüssel hat bereits mehrere Verfahren beim Europäischen Gerichtshof eingereicht. Daneben hat die EU ein Verfahren gegen die Rechtsstaatlichkeit Polens eingeleitet. Dieses wird jedoch sehr wahrscheinlich von Ungarns Veto gestoppt. Denn Ungarn hat seine Strukturen ähnlich umgebaut wie Polen.
Unverständlich bleibt allerdings, wieso Brüssel nicht zu drastischeren Mitteln greift, wie dem Aussetzen von Zahlungen aus dem EU-Haushalt, dem Entzug des Stimmrechts oder der Drohung, Polen die Mitgliedschaft zu entziehen.

GuyT
6. Juli 2018 - 16.01

Wenn ich ehrlich bin zweifelen ich daran, dass Sie die Uebersetzungen gelesen haben, wenn es denn ein solche gäbe. Wo haben Sie die denn gefunden?
Zudem ist es nicht europäische Gerichtshof für Menschenrechte (Strasburg) der zuständig ist sondern EUGH fèr diese Rechtsfragen.
Auch glaube ich, dass vor allem die EU Institutionen Angst haben vor Demokratie wie die CETA Diskussion und die Umsetzung der EBI zeigen. Auch ist jedem Kenner klar, dass das Konstrukt EU dringenst eine stärkere demokratische Legitimation benötigt.

GuyT
6. Juli 2018 - 15.50

Die Anführungszeichen bei "Argumenten" verraten ihre Diskursverweigerung, zumal man die Argumente nicht mal kennt. Es wird also schon von vorneweg auf Konfrontation geschaltet. Der Gerichtshof soll "kurzen Prozess " machen , also nicht in aller Unabhängigkeit urteilen sondern einfach als willfähriges Werkzeug für die wenig demokratisch legitimierte EU Kommission fungieren. Wer den Rechtsstaat einfordert sollte sich dann eben vorbildlich sein, was definitiv nicht bei der EU Nomenklatura der Fall ist.

Fabienne
6. Juli 2018 - 10.06

Und wen kümmert's? Keinen, denn unternommen wird nichts!

WoNo
5. Juli 2018 - 19.29

An GuyT. Darum ist der Europäische Gerichtshof in der Pflicht hier kurzen Prozess zu machen. Dabei sollen alle "Argumente" der polnischen Regierung unter die Lupe genommen werden. Mit dementsprechenden Folgen. Es ist die höchste Zeit.

Grober J-P.
5. Juli 2018 - 10.42

Es wird überall an den Rechten des Volkes „geschnitten“. Wenn ich die Übersetzungen und Berichte von den Reden der Kaczynskis und Orbans lese kommt es mir vor als wären wir im „Lämmerland“ und jeder müsste dem Hirten folgen ohne Widerrede. Medien werden mundtot gemacht, Opposition ist fast ausgeschaltet, Erdogan lässt grüßen. Diese Herren und Damen haben zu große Angst vor Demokratie und Machtverlust. Kritik gab es genügend von den Polen selbst (siehe Proteste im Jahr 2017), leider hat Europa die Kritiker meistens alleine gelassen und jetzt ist es fast zu spät. Der europäische Gerichtshof für Menschenrechte scheint in Lethargie verfallen zu sein.

GuyT
5. Juli 2018 - 8.53

Stimmt das Argument denn nicht , dass es postkommunistische Richter gegeben hat? Leider findet man in unserer Presse nie die detaillierte Argumentation der Polen, die es schon interessant wäre zu kennen, um sich ein komplettes Bild zu machen. Man kann sich des Eindruckes nicht erwehren, dass Polen in Ungnade gefallen ist bei der EU-Elite weil es politisch nicht passt. Wie genau definieren sich "unrechtmäßig besetzte Gerichte" wissend, dass auch in vielen Ländern die obersten Richtergremien nicht komplett unpolitisch ernannt werden? Aussetzen von Zahlungen aus dem EU-Haushalt, dem Entzug der EU-Mitgliedschaft zu fordern, zeugt von einer ideologisch geprägten radikalen Einstellung die in keinster Weise durch die EU-Verträgen gedeckt ist. Aber natürlich wissen wir dass die EU immer tief in die jurstische Trickkiste greift wenns gerade passt.(laut TB zuletzt bei der EU-Geldspritzeabstimmung im Parlament für Kriegswaffenforschung)