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Reden über Grenzen in Schengen – Außenminister treffen sich an symbolträchtigem Ort

Reden über Grenzen in Schengen – Außenminister treffen sich an symbolträchtigem Ort

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Beim Treffen der deutschsprachigen Außenminister bleibt die Kluft in Migrationsfragen deutlich erkennbar – und Wien zieht die Schraube weiter an.

Das war kein einfacher Tag für Karin Kneissl. Österreichs Außenministerin war am Dienstag das erste Mal in Schengen, in Gedanken muss sie aber irgendwo im bayrisch-österreichischen Grenzgebiet unterwegs gewesen sein. Mit ihrer Einigung im Asylstreit am späten Montagabend hatten CDU und CSU Österreich mehr oder weniger vor vollendete Tatsachen gestellt.

Deutschland will Transitzentren an der Grenze zu seinem südlichen Nachbarn bauen und keine Asylbewerber mehr ins Land lassen, die schon in einem anderen europäischen Staat registriert waren. Das ist der Masterplan Migration des deutschen CSU-Innenministers Horst Seehofer, den Kanzlerin Angela Merkel etwas überraschend übernommen hatte.

Enttäuschung in Wien: Nicht Erster im migrationsfeindlichen Diskurs

Überraschend vor allem für die rechtskonservative Regierung in Wien. Die verfolgt zwar ähnliche Ziele, sah sich nun aber etwas zu plötzlich mit den negativen Konsequenzen konfrontiert, die dann entstehen, wenn der große Nachbar die Pläne als Erster in die Tat umsetzen will. «Wir wurden zu keinem Zeitpunkt einbezogen», sagte Karin Kneissl am Dienstag in Schengen, «wir kennen keine Details.» Da klang eine gewisse Enttäuschung durch.

Österreichs Regierung aus konservativer ÖVP und rechtsextremer FPÖ führt seit einem halben Jahr einen migrationsfeindlichen Diskurs und trieb so auch Deutschlands Kanzlerin vor sich her. Am Dienstag nun kam der Bumerang zurückgeflogen. Wenn es dabei nicht auch um Menschenwürde ginge, könnte man von einer gewissen Ironie des Schicksals sprechen.

Treffen am symbolträchtigen Ort

Das Treffen fand natürlich nicht zufällig an diesem symbolträchtigen Ort statt. Jean Asselborn hatte eingeladen. Dass Grenzen innerhalb der EU wieder geschlossen werden, kann Luxemburgs Außenminister nicht gefallen. Karin Kneissl hatte eingangs noch gesagt, das erste Treffen mit Jean Asselborn vor ein paar Monaten sei ein «Coup de foudre» gewesen. Dabei liegen die Positionen Österreichs und Luxemburgs in Migrationsfragen so weit auseinander, dass das Mittelmeer und wahrscheinlich auch die Sahelzone dazwischen passen würden. Auch hatte Asselborn den österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz mehrmals verbal angegriffen. So unterstellte er ihm etwa, «die Sprache Trumps» zu sprechen.

Nun also plötzlich Liebe auf den ersten Blick? Auch die kann erkalten mit der Zeit, und in Wien wurde am Montag die Schraube der Strenge noch einmal um eine weitere Umdrehung angezogen. Den Beschlüssen des EU-Gipfels Ende vergangener Woche – Frontex verstärken, Außengrenzen stärker schützen, Menschen in Lagern in und außerhalb der EU unterbringen – war kein großer öffentlicher Aufschrei gefolgt. Sebastian Kurz brauchte nicht lange, um nachzulegen.

Kurz gegen «Ausschiffungsplattformen»

Am Montag hatte sich Österreichs Kanzler dagegen ausgesprochen, dass in – wie er sie nannte – «regionalen Ausschiffungsplattformen» Asylanträge gestellt werden könnten. Gemeint waren Auffanglager für Migranten und Flüchtlinge außerhalb der EU. Diese Möglichkeit würde «einen irrsinnigen Pull-Faktor» erzeugen. «Ich halte es für schlauer, Menschen direkt aus Krisengebieten zu holen», als einen Anreiz für eine gefährliche Fahrt über das Mittelmeer zu schaffen, so Kurz.

Flüchtlinge und Migranten auf Inseln außerhalb Europas unterbringen? Ihnen nicht einmal mehr das Recht auf einen Asylantrag dort zugestehen? Asselborn wies auf für ihn unrühmliche Parallelen hin. «Wir wollen kein australisches Modell», sagte Luxemburgs Außenminister, «wir brauchen ein europäisches Modell.» In der Tat erinnern die Pläne an die Vorgehensweise der australischen Regierung, die für diese Praxis international immer wieder streng kritisiert wird.

Was ist also das Motiv hinter den Vorstellungen von Sebastian Kurz in dieser Frage? Auf Tageblatt-Nachfrage hin versuchte sich Karin Kneissl an einer Erklärung. Durch eine solche Maßnahme solle die Sogkraft gebremst werden, die solche Zentren darstellen würden. So solle «keine massive Bewegung in Richtung dieser Zentren» entstehen.

Kluft in Europa wird nicht kleiner

«Schengen und viele andere Instrumente sind entstanden in den 80er Jahren, in der Zeit vor der Globalisierung», fügte Österreichs Außenministerin an, die die Gelegenheit auch nutzte, um die Pläne für den EU-Ratsvorsitz vorzustellen, den ihr Land am 1. Juli übernommen hat. Österreichs Ansatz sei, «dass Instrumente, die vor der Globalisierung geschaffen wurden, an eine völlig neue Zeit angepasst werden müssen». Das, was bislang diskutiert wurde, sei nicht ausreichend.

Ob solche Vorschläge denn nicht eine weitere Verschärfung der Beschlüsse vom EU-Gipfel seien? Kneissl sieht das anders. Was sei denn ein sicherer Hafen, fragte sie, um die eigene Antwort gleich hinterherzuschicken. «Wenn es nur um Seenotrettung geht, ist auch Libyen sicher.»

Jetzt war der Zeitpunkt gekommen, sich zu fragen, ob der scheinbare «Coup de foudre» zwischen Karin Kneissl und Jean Asselborn solche asylpolitischen «Coups de tonnerre» überstehen kann. Der Donnerschlag jedenfalls war nicht zu überhören. Die Kluft in Europa ist nicht kleiner geworden.

Einer fehlte am symbolträchtigen Ort: Heiko Maas musste das Treffen der deutschsprachigen Außenminister am Dienstag in Schengen wegen der Koalitionsturbulenzen in Berlin kurzfristig absagen. Die Österreicherin Karin Kneissl, die Liechtensteinerin Aurelia Frick und der Schweizer Ignazio Cassis waren der Einladung Jean Asselborns aber gefolgt.

Armand Back
4. Juli 2018 - 13.04

Den Heiko Maas hat missen ofsoen. Ass e bëssen eng lass gewiecht zu Berlin. Am Print steht et gesonnert vum Artikel op der Säit. Merci fir d‘Remarque

Devi Luxi
4. Juli 2018 - 10.31

Fehlt do net dat greisst deitschsproregt Land ?

Jang
4. Juli 2018 - 8.45

Een flotten Ausflug op Schengen.