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Nico Wildschutz über das Referendum zum Ausländerwahlrecht vor drei Jahren.

Für Premierminister Xavier Bettel (DP) ist die Sache gegessen. Er will sich drei Jahre nach dem Referendum und kurz vor den Wahlen nicht zum Thema äußern. Über seinen Pressesprecher lässt er lediglich ausrichten, dass „das Referendum vorbei und das Resultat bekannt ist“. Das war’s? Wohl kaum. Dass die Frage nach dem Ausländerwahlrecht damals überhaupt gestellt wurde, hatte einen Grund. Luxemburg hat ein Problem. Und dieses Problem heißt Demokratiedefizit. Das kann man so oft leugnen oder relativieren, wie man will, die Zahlen sprechen für sich: 48 Prozent der Einwohner des Landes haben nicht die luxemburgische Staatsbürgerschaft und können demnach bei Parlamentswahlen nicht mitentscheiden. Tendenz steigend.

Zwar wurde Anfang 2017 eine Reform des Nationalitätengesetzes beschlossen, durch die es einfacher wurde, die Staatsangehörigkeit zu erhalten. Doch Justizminister Felix Braz („déi gréng“) meinte bereits, dass diese Maßnahme die Entwicklung lediglich ausbremsen, im besten Fall stabilisieren wird. Eigentlich bedeutet Demokratie „die Herrschaft des Volkes“. Einige halten immer noch daran fest, dass zum „Volk“ lediglich jene gehören, die einen luxemburgischen Pass besitzen. Dass die Ausländer jeden Tag neben ihnen im Bus sitzen, im Supermarkt einkaufen, durch die Straßen spazieren und vor allem Steuern zahlen – Teil dieser Gesellschaft sind –, blenden diese Menschen bewusst aus.

Die Gesetze, die im Parlament beschlossen werden, machen nicht vor einem ausländischen Pass halt. Sie betreffen oft alle, die in Luxemburg leben, und deswegen sollten auch alle mitentscheiden können. Trotzdem traut sich in der Politik keiner an das Thema heran, wie die Aussage von Bettels Sprecher zeigt. Die Regierung hat es geschafft, aus einem Problem, das sie eigentlich lösen wollte, ein unaussprechbares Untier zu machen. Nun will sogar der Premier nicht mehr darüber reden. Kein Kommentar.

Laird Glenmore
10. Juni 2018 - 12.56

Dann sollte man es wie die Franzosen machen wer hier geboren wird ist automatisch LUXEMBURGER und sch schon ist ein Teil der Diskussion erledigt. des weiteren bin ich immer noch der Meinung das Ausländische Einwohner nicht zur Wahlurne sollen.

Sylvie Schmitz
8. Juni 2018 - 14.28

Ech fannen dass en Auslänner deen hei gebuer ass oder awer schon als Kand hei an d'Land koum automatesch, wann e volljähreg gëtt, per Formular gefrot gëtt wou e wiele wëll oder, nach méi einfach, automatesch hei wiele muss.
Dat selwecht soll och fir déi Auslänner gëllen, déi z.B. 5 Joer laang legal hei liewen an am Arbechtssystem integréiert sinn. Mee firwat et einfach man, wann et och mega komplizéiert geet?
Eis Auslänner hei zu Lëtzebuerg komme schliesslech aus alle Natiounen, wéi sollen déi dann hier eegen politesch a sozial Meenungen hei duerchsetze kënnen? Dat sinn dach alles nëmme Vieruerdeeler.

Francis Wagner
8. Juni 2018 - 14.08

"Dann wären alle im Parlament vertretenen Parteien in der Regierung paritätisch wie in der Kammer vertreten." Das wäre dann in etwa das Schweizer Modell.

Johnny
8. Juni 2018 - 11.29

@Herr Wagner Ja, das stimmt. Um es demokratischer zu machen, müsste das Volk dann entweder über die mögliche(n) Koalition(en) abstimmen, oder es gäbe eine andere Alternative, die Koalitionsbildungen würden einfach abgeschafft werden: Dann wären alle im Parlament vertretenen Parteien in der Regierung paritätisch wie in der Kammer vertreten. Und dann bitte alle zusammenarbeiten, es geht nicht mehr anders... ;-)

Francis Wagner
8. Juni 2018 - 10.37

@ Johnny: "Eine Koalition, welche möglicherweise aber vom Grossteil des Volkes abgelehnt wird." Das Volk wählt auch keine Koalitionen. Wie sollte das überhaupt gehen? Niemand, auch kein Wähler, kann eine Partei oder einzelne Abgeordnete in eine Koalition rein zwingen.

Johnny
8. Juni 2018 - 10.07

@Gardner einverstanden, das sehe ich auch so :-)

Micha
8. Juni 2018 - 7.39

Ich finde es immer wieder enttäuschend, in welch engem Kontext das Ausländerwahlrecht betrachtet wird. Meiner Meinung nach muss die Lösung auf europäischer Ebene gefunden werden.

Für Luxemburg wäre der Impakt den Zahlen nach zu urteilein riesig, bei 48% Ausländer wäre fast eine Verdopplung der Wählerschaft möglich. Da würde man doch meinen, dass Länder mit wesentlich niedrigerem Ausländeranteil sich in der Frage auch wesentlich leichter tun. Wie viele (EU-)Länder haben denn heute schon ein Ausländerwahlrecht? Wieso? Der Impakt wäre doch gering, oder nicht?

Wenn die Ausländer in Luxemburg das Wahlrecht erhalten, dann verlieren sie es nicht zwangsläufig in ihrem Heimatland. Er darf also die Politik beider Länder bestimmen. Ein solcher EU-Bürger ist auf EU-Gipfeltreffen dann mit zwei Stimmen vertreten. Er hat einen Repräsentanten seines Gastlandes gewählt, aber auch einen Repräsentanten seines Heimatlandes. Ist es dann nicht mindestens genau so undemokratisch, wenn manche Menschen zwei Stimmen haben, andere nur Eine?

Jeder ernst zu nehmende Politiker müsste bei der Thematik doch über einen EU-weiten Rahmen nachdenken (ich denke unter den 48% ist der Grossteil EU-Ausländer?). Der Rahmen wäre schnell gefunden, sobald zwei Länder ein beidseitiges Abkommen unterzeichnen, darf ein Ausländer sich im Gastland auf die Wählerliste einschreiben. Sobald er dies tut, verliert er in seinem Heimatland das Wahlrecht.
Eine solche Lösung wäre fair, wieso ist sie in der Diskussion noch nie aufgetaucht?

Gardner
8. Juni 2018 - 6.59

@Johnny, damit wir uns richtig verstehen, es war durchaus meine Absicht, ihren Einwand durch diese Präzision zu unterstützen.
Nebenbei bemerkt halte ich dennoch an der Monarchie fest, da erstens der von mir zitierte Artikel ja nur eine Formalität ist und der Grossherzog diejenigen ernennt die er von den Majoritätsparteien vorgesetzt bekommt, und zweitens ich gar nicht daran denken mag wie lächerlich sich so mancher Luxemburger Politiker als "Präsident" aufführen würde... Aber das ist wohl eine andere Diskussion.

de rom
7. Juni 2018 - 23.04

und dann kommen wir zu unserem Flaggschiff unserer pseudo Demokratie bestehend aus tausenden von Lobbyisten verteilt über ganz Europa die kein Mensch gewählt hat

de rom
7. Juni 2018 - 22.48

ich gebe Ihnen vollkommen Recht ,ich wurde auch in Katalonien zur Wahl nicht zugelassen weil ich Ausländer war und das stinkt mir Heute noch

Ein Leser
7. Juni 2018 - 21.43

Edit:

...WEIL sie sich einmal viele Jahre zuvor einbürgern ließen und somit die Logik hinter der Idee des Ausländerwahlrechts NICHT wirklich verstanden.

Ravarin Pierre
7. Juni 2018 - 21.10

Zuerst mal die Bedingungen zum erhalten der luxemburger Nationalität mit anderen Länder vergleichen. Sie werden feststellen wie EINFACH und BILLIG die luxemburger Nationalität vergeben wird. Auch im Vergleich mit vorherigen Ausgaben des Nationalitätengesetzes. Desweiteren gibt es Einwohner welche sich weigern die luxemburger Nationalität, auch als doppelte, anzunehmen. Darunter auch solche, denen die luxemburger Nationalität per Gesetz geschdenkt, respektif AUFGEZWUNGEN wird. Diese Fälle werden, verständlicherweise, nicht erwähnt oder in Statistiken aufgeführt! Welcher Gutmensch möchte sich schon blamieren? Die Beamten mit Publikumskontakt dürfen den Kopf hinhalten! DANKE!

Johnny
7. Juni 2018 - 18.30

Danke für die Belehrungen. Dies untermauert doch nur meine Aussage, dass das Volk kein Mitbestimmungsrecht hat, was die Minister angeht. Jemand kann Minister werden, obwohl er/sie sich nicht zur Wahl stellte.

Herr Wagner: Welche Abgeordnete bringen denn die Minister zu Amt und Würden? Sicherlich nur diejenigen, die einer willkürlich gebildeten Koalition angehören. Eine Koalition, welche möglicherweise aber vom Grossteil des Volkes abgelehnt wird?

Herr Gardner: So sympathisch mir unser Henri auch ist, in einer echten Demokratie dürfe es keinen Monarchen geben.

gudi
7. Juni 2018 - 17.12

Anstatt das Mitspracherecht immer an einem Pass festzumachen, wäre es vielleicht in diesem Land, wo fast die Hälfte der Bürger "Ausländer" sind, wesentlich sinnvoller, Menschen, die hier schon seit über 10, 20 oder mehr Jahren leben, arbeiten und Steuern zum Wohle des Staates zahlen, auch auf nationaler Ebene mitbestimmen zu lassen. Anstatt aus neu zugezogenen Ausländern so schnell und mit so wenig Hürden wie möglich (z.B. in Sachen Sprache) offizielle Luxemburger zu machen, die dann nach wenigen Jahren im Land und mit geringsten Kenntnissen von Luxemburg zur Wahlurne schreiten dürfen. Lasst Leute mitentscheiden, die hier über viele Jahre (mindestens zehn) heimisch geworden sind, das Land kennen und sich auch mitverantwortlich fühlen! Und dafür sollte nicht ein Pass oder ein Personalausweis als Ausschlusskriterium dienen.

Scholer
7. Juni 2018 - 13.37

Warum um den heissen Brei reden.? Die mit enormen Aufwand betriebene Werbekampagne , die unfairen Diskussionen mit den Rundumschlägen gegen die Widersacher des Ausländerwahlrechtes, haben dazubeigetragen, dass viele Wähler sich ihrer Stimme enthalten oder mit Nein gestimmt haben. Mich persönlich hat es schockiert, wie manch fortschrittlicher Mensch ,herabwürdigend über die Nein-Sager herfiel und wieviel finanzielle Mittel bereitstanden ,um in naja nicht geraden fairen Anzeigen dem Nein-Sager den Garaus zumachen.Ich war überzeugter Ja-Sager, doch angesichts der oben genannten Tatsachen habe ich mich der Stimme enthalten.

Gardner
7. Juni 2018 - 13.06

Besser noch:
"Art. 77.
Le Grand-Duc nomme et révoque les membres du Gouvernement."
- Constitution du Grand-Duché de Luxembourg

Francis Wagner
7. Juni 2018 - 11.02

"Minister werden nominiert, die sich nie einer Wahl gestellt haben": Die Regierung (und mithin ihre Mitglieder) wird nicht vom Volk gewählt. Es ist das Parlament, das sie zu Amt und Würden bringt.

Johnny
7. Juni 2018 - 10.48

Ja, Luxemburg hat ein Demokratiedefizit. Dies hat aber nichts mit den Ausländern zu tun, sondern wir alle werden immer noch von der Politik bevormundet, Ausländer wie auch Luxemburger. Ein Pflichtgang zur Wahlurne und das war's. Das wird hierzulande unter "Demokratie" verstanden. Echte Demokratie kommt eher dem Schweizer Modell nahe, denn in einem solchen System hat der Bürger mehr Mitbestimmungsrechte. Aber ein solches Modell scheint hier wohl nicht erwünscht zu sein? Also, bitte sag mir niemand, wir hätten ein Demokratiedefizit, weil die so genannten Ausländer nicht an der Wahl teilhaben können. Die Luxemburger sind gezwungen, unter Androhung von Strafe, an Wahlen teilzunehmen, es werden Koalitionen gebildet, wie es einer Handvoll Menschen passt, Minister werden nominiert, die sich nie einer Wahl gestellt haben, Referenden gibt es so gut wie keine, Petitionen haben nur eine Alibifunktion und der Staatsrat ist auch eine undemokratische Institution. Der Bürger hat eigentlich überhaupt nichts zu sagen, er wird so gut wie nie nach seiner Meinung gefragt. Und dennoch wird immer wieder gerne von solch schönen Begriffen wie "Bürgerbeteiligung", "Partizipative Demokratie" oder "Bürgernähe" gesprochen, wobei man oftmals nicht einmal eine Antwort bekommt, wenn man eine politische Partei anschreibt... Alles nur hohle Phrasen?

Ein Leser
7. Juni 2018 - 10.22

- "Dass die Ausländer jeden Tag neben ihnen im Bus sitzen, im Supermarkt einkaufen, durch die Straßen spazieren und vor allem Steuern zahlen – Teil dieser Gesellschaft sind –, blenden diese Menschen bewusst aus."

Dass es Ausländer gibt, die bei all diesen beschriebenen Umständen es nach Jahren immer noch nicht in Erwägung ziehen, sich einfach die lux. Staatsangehörigkeit anzueignen, entzieht sich nun mal der offensichtlichsten Logik und somit dem Verständnis der meisten Bürger, die nebenbei nicht nur "rein aus Luxemburgern bestehen" oder hier gebürtig sind. Soll Herr Bettel die oben genannten "Betroffenen" höchst persönlich bis zum Verwaltungsschalter begleiten, damit sie diesen Schritt machen oder was soll hier verlangt werden?

- "Einige halten immer noch daran fest, dass zum 'Volk' lediglich jene gehören, die einen luxemburgischen Pass besitzen."

Wer als offizielles Volksmitglied oder besser gesagt als Staatsbürger anerkannt werden möchte, der kommt nun mal nicht an die Erlangung der Staatsbürgerschaft vorbei. Das ist schlichteste, konsequente Logik eines jeden Staatsgefüges. Die Mittel sind gegeben: abseits der lux. Staatsbürgerschaft gibt es sogar die doppelte Staatsbürgerschaft.

Es gibt Gründe, weshalb es in keinem Land in Europa (oder auf der Welt) ein Ausländerwahlrecht gibt, das über lokale Gemeindewahlen hinaus geht. Darüber hinaus erschließt sich mir persönlich auch die Dringlichkeit dieses speziellen Anliegens nicht, weil sie meist nur mit administrativer Bequemlichkeit begründet wird.
Es stellt sich wieder die Frage:
Wo liegt das Problem, bitte?

Was das "Demokratie-Problem" angeht, empfehle ich den Blick auf einige Nachbarländer zu richten. Hier zeigen sich auch signifikante Diskrepanzen zwischen den Interessen von Politikern und Wählern, und das mit oder ohne obligatorische Wahlbeteiligung der gesamten Bevölkerung.

roger wohlfart
7. Juni 2018 - 9.47

Entweder man ist Ausländer oder Luxemburger. Als Ausländer soll man nicht wählen dürfen weil man die luxemburger Staatsbürgerschaft nicht hat. Im Falle der doppelten Nationalität ist es eine andere Sache, dann ist man ja auch Luxemburger und ist zur Wahl zugelassen. Darf man etwa als Luxemburger in Deutschland, Frankreich, Belgien, Portugal, Italien an deren nationalen Wahlen teilnehmen? Nein! Wir wollen wieder frömmer sein als der Papst.

CESHA
7. Juni 2018 - 9.22

Man sollte bei einem Ausländerwahlrecht auch die Gefahren nicht ausser Acht lassen, dass dies - wie in Nachbarländern bereits geschehen - zu der Gründung von Parteien führt, welche letztendlich auf eine Abschaffung demokratischer Prinzipien hinarbeiten z.B. Parteien, welche sich gezielt an muslimische Bürger wenden. Wenn hier nicht das Hindernis besteht, dass sie sich zumindest schon mal so weit integriert haben müssen, dass sie die Voraussetzungen für den Erwerb der luxemburgischen Nationalität erfüllen, dann wäre mit einem Ausländerwahlrecht dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet. Auch aus diesem Grund sollte die Latte für den Erwerb der luxemburgischen Nationalität nicht zu niedrig gelegt werden.

jang_eli
7. Juni 2018 - 8.12

Wie bei der Blau-Roten Regierung in den 70ern geschehen: die "Gesamtschule", zum Unwort wurde, und sich erst heute der OGB-L als erster wieder traut den "tronc commun" zu fordern. Demnach, erst mal noch 40 Jahre warten und dann das "Ausländerwahlrecht" wieder ins Gespräch bringen ... :-(